Einen fast ausschließlich vergnüglichen Samstagabend haben die Bürgerball-Akteure ihren rund 400 Gästen präsentiert. Vor allem den Abschied vom Neufracher Bürgermeistersitz zelebrierten sie närrisch. Die frisch gekürte Zunfträtin Vanessa Kerler-Otterburg versprach sogar, die Hardtwieble-Zunft Neufrach wolle das Absetzen von Schultes Manfred Härle am Fasnachts-Freitag selbstverständlich selbst übernehmen. „Das ist Ehrensache“, sagte die Neue.

„Wir Narren haben unser Rathaus schon geliebt“, erklärte Moderator Marcel Rothmund von der Prinz Max-Bühne. Vorher sei die Mitte in Neufrach gewesen. “Es bricht uns das Herz“, sagte er, bevor er einen Sketch zum Rathausabriss ankündigte. Bis die Abrissbirne anrollte, räumten Waltraud Dunst als Hilde und Seffe ordentlich auf im Noch-Verwaltungssitz an der Leutkircherstraße. Akte für Akte gingen die Beiden durch und ließen Großveranstaltungen wie das Pfingstturnier 1972 wieder aufleben.

Besonders der Ordner mit der Aufschrift „Streng vertraulich“ hatte es ihnen angetan. Eine angebliche Bewerbung Härles für den Posten als Oberbürgermeister in der Landeshauptstadt Stuttgart ließen die erprobten Fasnachtswieber schnell im Papierkorb verschwinden. Das Publikum gluckste. Erst Recht, als Elisabeth Bulander als Schultes die Bühne betrat und vorgab, mit der Hamburger Stadtverwaltung zu telefonieren. In der hanseatischen Stadt seien rote Klinker abhanden gekommen. Die Zuseher frohlockten ob der Vorstellung, die Klinkersteine des neuen Rathauses seien aus der Speicherstadt entwendet worden.

Der scheinbare Rathauschef hatte schnell eine Lösung parat. Der Rathausneubau werde aus „städtebaulichen Gründen“ abgerissen, ließ er verlauten. Schnell rückten Dörfler mit Bagger an. Narrenjubel ertönte auf der Bühne angesichts eines extra aufgestellten Narrenbaums. „Das Neufracher Rathaus bleibt stehen“, tönte es.

Sieben ganz frische Mitglieder der Klufenmichel beschäftigte das Thema Rathausrückbau. Der sei so teuer, dass überall gespart werden müsse. Als verkleidete Alte zeigten sie, was es heißt, wenn der Rotstift beim Pflegeheim Wespach angesetzt wird: In Reih und Glied traten sie an. Zur Morgentoilette musste ein Waschlappen für alle reichen. Vergnügt verfolgten die Zuschauer das Rationieren von WC-Papier.
Ernste Töne schlug Dekan Peter Nicola als selbsternannter „Glockenexperte“ an. Stellenweise wähnte sich Narr mehr in der Kirche als beim Bürgerball. Predigtartig aufbereitet, schimpfte Nicola über Missbrauch in der Kirche, den „absoluten Supergau“. Die Täter müssten gerecht und streng verurteilt werden. Zur Zölibat-Diskussion führte der Geistliche an, es sei vormals evangelischen Priestern als katholischen Geistlichen erlaubt, eine Ehe zu führen. Ebenso warf der Theologe einen Blick auf Lokales. Er fragte sich, ob drei Parkhäuser plus Kramer-Areal dem Landesgartenschau-Besucheransturm in Überlingen wohl gerecht würden. Über den neuen Verwaltungssitz am Schlossee witzelte er: Dort hänge die „mit Abstand größte Turmuhr Salems“, meinte der Schelm.
Zwischen Wort und Witz kamen auch Showelemente nicht zu kurz. Der Narrensamen mimte und tanzte sich als „gestrandete Piraten“ in die Zuschauerherzen. Die Gardemädels aus Bermatingen machten mit flotten Beinschwüngen mancher Tanzmarie aus Köln Konkurrenz. Kräftig vom Leder zogen die Jungs vom Männerballett. Wer braucht noch die Chippendales, wenn die „hüftsteifen Sieben“ in Sado-Maso-Klamotten den Festsaal rocken? Laute Partymucke von den Wikingern sowie von der Band Lollypop brachten zusätzlich Stimmung in den Saal.