2016 hat sich Thorsten Möller einen langjährigen Wunsch erfüllt: Er hat sich 100 Gänse gekauft. Seitdem verbringt er täglich etwa drei Stunden im Stall – neben seinem Beruf als LKW-Fahrer. Möller kümmert sich um die Gänse, füttert sie und mistet den Stall. Am Ende des Jahres schlachtet er die Tiere selbst und verkauft sie zum Martins- und Weihnachtsfest.

„Ich habe mir schon lange überlegt, Gänse zu kaufen“, erzählt Möller. Seine Motivation: Viele Bauern aus der Region hätten die Gänseaufzucht in den vergangenen Jahren eingestellt. Das fand der junge Salemer schade – er habe immer gerne eine Weihnachtsgans gegessen. „Für mich ist es ein Hobby. Müsste ich davon leben, würde ich mir das auch zwei Mal überlegen“, sagt Möller. Ein Kilogramm Fleisch kostet bei ihm 13,50 Euro. „Damit komme ich am Ende des Jahres etwa bei null raus.“
Für den 30-Jährigen ist die Liebe zu den Tieren der Grund, weshalb Geld keine Rolle spielt. „Es macht mir einfach sehr viel Spaß mit den Gänsen.“ Als gelernter Koch bereitet Möller die jährliche Weihnachtsgans gerne selber zu – am liebsten gefüllt mit einer Pfifferlingmischung.
Gänse kommen täglich auf die Wiese
Etwa 100 Gänse kommen jedes Jahr in den ersten Juniwochen zu Möller auf den Salemer Hof in der Mimmenhauserstraße. „Sie sind erst zwei bis drei Wochen alt, also noch Küken“, erzählt er und lächelt bei dem Gedanken an die kleinen Gänse.
Die ersten zwei Tage nach der Ankunft verbringen die Küken im Stall. So haben sie etwas Zeit, um sich an die neue Umgebung zu gewöhnen. Danach geht es für die Gänse täglich auf die Wiese. Erst wenn es abends dunkel wird, bringt Möller die Tiere in den Stall. „Es wäre grundsätzlich möglich, die Gänse auch nachts draußen zu lassen. Aber dann ist die Gefahr groß, dass ein Fuchs kommt“, begründet er die nächtliche Stallruhe.
Die Gänse von Möller sind das ganze Jahr über auf der Wiese, planschen im Teich und bekommen gutes Futter. Trotzdem ist das Fleisch nicht biozertifiziert. „Das Siegel kostet mir zu viel Geld, dafür, dass ich mit den Tieren keinen Profit machen möchte“, erklärt der 30-Jährige. Ihm ist es wichtiger, seine Gänse das ganze Jahr über auf der Wiese rennen zu sehen. Medikamente bekommen die Tiere keine – nur die gesetzlich vorgeschriebene Wurmkur ist nötig.

Füttern, Misten und ins Bett bringen
Über das Jahr gesehen kommt einiges an Arbeit auf Möller zu. Mal ist ein Zaun kaputt und muss repariert werden, mal muss der Teich neu ausgebaggert werden. Täglich geht Möller vor der Arbeit zu den Gänsen und lässt sie auf die Wiese, abends stehen Füttern und Misten auf dem Programm. „Danach bringe ich sie ins Bettchen“, sagt der 30-Jährige liebevoll.

Die Gänse wüssten ganz genau, wer jeden Tag in den Stall komme. „Man baut durchaus eine Art Beziehung mit den Tieren auf – auch, wenn sie natürlich nicht so intensiv ist, wie mit einem Hund“, erzählt Möller. Eine Ähnlichkeit mit Hunden haben Gänse aber doch: Kommt ein Fremder auf den Hof, machen die Tiere lautstark auf den Eindringling aufmerksam. „Man glaubt nicht, wie laut Gänse sein können. Manchmal schnappen sie sogar“, weiß Möller aus Erfahrung.

Beim Schlachten hilft die Freundin
Unterstützung bei der Pflege der Gänse bekommt Möller von seiner Freundin Jennifer Löhle. „Wenn ich vom Arbeiten komme, lasse ich die Gänse in den Stall und wenn ich gerade vorbeifahre, dann schaue ich auch nach ihnen“, sagt sie. Löhle ist auch bei den Schlachttagen dabei. Vor Blut habe sie keine Angst. „Wir töten die Gänse so sanft wie möglich“, sagt Löhle. Im Kurs für den Schlachtschein hat Möller gelernt, wie man Tiere richtig betäubt, sodass sie kaum Schmerzen haben. Sowohl Möller als auch seine Freundin sagen aber: „Das Töten ist nicht schön. Es kostet Überwindung.“
Vier Gänse schlachtet Möller in der Stunde
Nach dem eigentlichen Schlachten werden die Gänse gerupft und ausgenommen. „Wasservögel zu rupfen ist ziemlich schwierig. Man muss viel von Hand machen“, sagt Möller. In einer Stunde schaffen er und Löhle durchschnittlich vier Gänse.
Geschlachtet wird zwei Mal im Jahr: vor dem Martinstag und kurz vor Weihnachten. Vor den Festtagen verkauft Möller etwa 75 Prozent der Gänse. „Die Zeit kurz vor Weihnachten ist für uns immer sehr stressig“, gibt er zu. Am Ende des Tages zähle für ihn aber nur eins: Die Kunden mit tierlieb-aufgezogenen Gänsen glücklich zu machen. Mittlerweile hat der Salemer eine rege Stammkundschaft. „Eine Hausfrau braucht an Weihnachten eben eine Gans“, sagt Möller und schmunzelt.