Sobald Rosa Monopoli und ihr Lebenspartner Janosch Kreis den Stall betreten, wenden die Schafe sich ihnen zu. 58 Muttertiere und aktuell 120 Lämmer gehören zu dem sozialen Landwirtschaftsprojekt Schwarzes Schaf, welches das Paar in Salem-Grasbeuren aufgebaut hat. Seit Mitte Februar sind die kleinen schwarzen, gescheckten oder weißen Wollknäuel nach und nach auf die Welt gekommen. Die meisten von ihnen wurden ohne Hilfe von außen, mit den Vorderfüßen voran, geboren. Bei anderen mussten die Hofbetreiber Geburtshilfe leisten.

Schwarze, weiße und gescheckte Wollknäuel staksen durch Stall und über das Gelände des Salemer Hofprojekts.
Schwarze, weiße und gescheckte Wollknäuel staksen durch Stall und über das Gelände des Salemer Hofprojekts. | Bild: Martina Wolters

In den zehn Jahren ihrer sozialpädagogischen Jugendhilfe plus Land- und Viehwirtschaft hat das Paar viel Erfahrung sammeln können. Ist ein Tier trächtig, beobachten die beiden es gut. Schnüffelt und scharrt es am Boden, will es ein Nest bauen. Für die Pädagogen ist das Scharren ebenso wie geschwollene Schamlippen des Muttertiers und Schleimabsonderung ein untrügliches Zeichen der bevorstehenden Geburt.

Rosa Monopoli und ihr Lebenspartner Janosch Kreis kennen alle ihre Schafe beim Namen.
Rosa Monopoli und ihr Lebenspartner Janosch Kreis kennen alle ihre Schafe beim Namen. | Bild: Martina Wolters

Jede Schafmutter hat ihren eigenen Charakter

Rosa Monopoli erzählt, dass die Mutterschafe ganz unterschiedliche Charaktere haben. Sie verhalten sich bei der Geburt der Lämmer, beim Ablammen, ganz unterschiedlich, wie die Erzieherin weiß: Die einen agieren übereifrig und geben schon bei der ersten Wehe bestimmte Brummellaute von sich, die eigentlich für ihre Neugeborenen bestimmt sind. Andere stöhnen vor sich hin und wieder andere blöken und schreien laut und herzzerreißend.

Die Schafmütter reagieren ganz unterschiedlich während der Geburt und im Umgang mit ihren Lämmern.
Die Schafmütter reagieren ganz unterschiedlich während der Geburt und im Umgang mit ihren Lämmern. | Bild: Martina Wolters

Ist die Fruchtblase geplatzt, sollte das Junge innerhalb der nächsten zwei Stunden auf die Welt kommen, um nicht zu ersticken. Hier unterstützen die Hofbetreiber dann das Muttertier, wenn die Geburt nicht vorangeht. Janosch Kreis erzählt: „Es ist beeindruckend zu sehen, wie schnell die kleinen Lämmer im Gegensatz zu Menschenkindern nach der Geburt auf eigenen Beinen stehen können.“

Mutter und Nachwuchs werden gleich von den anderen Tieren separiert, um sich zu erholen und besser unter Beobachtung zu stehen. Manchmal klappt nämlich die Mutter-Kind-Kommunikation nicht auf Anhieb und die Betreuer müssen eingreifen. Meist reiche es dann, dem Mutterschaf etwas Geburtsschleim zu geben, damit es anfange, sein Junges abzuschlecken und mit der ersten, immunstärkenden Biestmilch zu versorgen.

Willkommen! Die Mutter leckt ihr Neugeborenes sauber Video: Rosa Monopoli

Schaf-Oma Bella nimmt sich ihres Enkels an

Rosa Monopoli erzählt von einem Fall, bei dem eine Erstlingsmutter ihr Baby nicht akzeptierte. Schaf-Oma Bella habe das Tierchen dann liebevoll abgeschleckt, bis ihre Tochter sie ablöste und sich endlich um ihr Neugeborenes kümmerte. „Das war so berührend“, erinnert sie sich.

Zwischendurch ist Kuscheln angesagt bei Mutter und Kindern.
Zwischendurch ist Kuscheln angesagt bei Mutter und Kindern. | Bild: Martina Wolters

Manche Lämmer werden Flaschenkinder

Klappt es mit dem Stillen bei der Schaf-Mama gar nicht, werden die Lämmer mit der Flasche aufgezogen. Der drei Wochen alte Simon ist einer von ihnen. „Er folgt uns auf Schritt und Tritt“, sagt Monopoli. Er sei neulich sogar hinter ihrem Auto hergelaufen, sodass sie ihn wieder zum Hof zurückfahren musste. Kreis erklärt: „Für unsere betreuten Jugendlichen bedeutet das ein besonderes Erleben, wenn ihnen so ein Tier bedingungslos folgt.“ Im Moment nehme sich ein ambulant betreutes 16-jähriges Mädchen vormittags des kleinen Simons besonders an.

Marie und Matheo, die Kinder der Hofbetreiber, kümmern sich gern um die Flaschenkinder, wie hier Lämmchen Simon.
Marie und Matheo, die Kinder der Hofbetreiber, kümmern sich gern um die Flaschenkinder, wie hier Lämmchen Simon. | Bild: Martina Wolters

Ein Pfiff treibt die Herde heran

Grundsätzlich seien die auf dem Hof lebenden Rassen Krainer Steinschaf und Ostfriesisches Milchschaf sehr menschenbezogen. Einen Hütehund, der die Herde wie sonst üblich vorantreibt, gibt es hier nicht. Ein Pfiff von Janosch Kreis genügt und die Herde kommt auf ihn zu. Er und seine Partnerin kennen alle Tiere beim Namen. „Über die Lammzeit wird die Bindung zwischen Menschen und Tieren stärker“, erklärt Rosa Monopoli.

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Betreute Jugendliche helfen bei der Versorgung mit

Das Betreuen bei der Geburt und das separate Versorgen von Lamm und Aue, wie das Mutterschaf genannt wird, mache viel Arbeit, fördere aber die Verbindung zwischen Mensch und Tier. Die vier jungen Menschen, die im Rahmen des sozialen Projekts derzeit auf dem Hof betreut werden, helfen mit, die Tiere zu versorgen und Jungtiere aufzuziehen. Auch die beiden eigenen Kinder des Paares, Marie und Matheo, helfen außerhalb der Schule beim Fläschchen richten und beim Füttern.

58 Mütter, 120 neue Lämmer, 25 Nachzuchtlämmer sowie eine kleine Bockherde gehören zum Hofprojekt „Schwarzes Schaf“.
58 Mütter, 120 neue Lämmer, 25 Nachzuchtlämmer sowie eine kleine Bockherde gehören zum Hofprojekt „Schwarzes Schaf“. | Bild: Martina Wolters

Der Tod kommt auch zu den Schafen

Neben allen schönen Erfahrungen mit den vierbeinigen Mitbewohnern müssen alle Beteiligten auch traurige Momente wegstecken. „Es gibt leider Lämmchen, die krank sind und manchmal sterben“, sagt Rosa Monopoli. Und sie könnten auch nicht alle Jungtiere auf dem Hof behalten. „Das müssen wir aushalten.“

Grundsätzlich sei das Leben mit den Schafen aber sehr bereichernd. Die Vierbeiner seien sensibel, gutmütig und akzeptierten auch Kinder anderer Mütter zum Kuscheln. „Und die Lämmer sind Lebensfreude pur“, fügt Janosch Kreis hinzu.