Den Beurenern stinkt‘s. Nicht nur im übertragenen Sinne, auch ganz konkret sorgt eine mobile Sendeanlage am westlichen Ortsrand für dicke Luft. Mitte Juli sei das Provisorium in Betrieb genommen worden, das mangels Stromanschluss rund um die Uhr durch ein Dieselaggregat versorgt wird. „Je nach Windrichtung wird das Abgas ins Dorf getrieben“, berichtet Michael Presser, Anwohner und Sprecher der Bürgerinitiative Salem Funk. Angesichts der Debatte um die Klimakrise sei der Einsatz des Generators völlig unangemessen und aus der Zeit gefallen.

Laufendes Dieselaggregat in Beuren Video: Niclas Presser

Initiative wehrt sich gegen Mast

Doch die Initiative lehnt auch die ursprüngliche Planung für diesen Standort ab: Im Oktober 2021 stellte die Deutsche Funkturm GmbH (DFMG) einen Bauantrag bei der Gemeinde Salem. Die Telekom-Tochter will auf dem Grundstück in der Leustetter Straße einen 30 Meter hohen Stahlgittermast errichten, um ihren Lizenzauftrag zu erfüllen. Der Gemeinderat versagte allerdings seine Zustimmung und schlug alternative Standorte aus einem beauftragten Mobilfunkstandortkonzept vor. Die Telekom hielt dennoch am Wunschstandort fest und beantragte dort im vergangenen Oktober einen mobilen Funkmast als Übergangslösung.

Für Michael Presser ist das eine Farce: „Es kann nicht sein, dass in einem schwebenden Verfahren an derselben Stelle ein genehmigungsfreier Mast errichtet wird“, verweist er auf eine Petition, die die Initiative beim Landtag eingereicht hat. „Da die Problematik die gleiche ist, könnte man auf diesem Weg ja alles umgehen“, ärgert er sich. Bis der Petitionsausschuss entschieden habe, müsste das Bauvorhaben ruhen – auch der Betrieb der mobilen Sendeanlage.

Nico Weinrich (links) und Niklas Presser lassen eine Drohne starten, um auf der Höhe des temporären und des geplanten stationären Masts ...
Nico Weinrich (links) und Niklas Presser lassen eine Drohne starten, um auf der Höhe des temporären und des geplanten stationären Masts Umgebungsaufnahmen zu machen. | Bild: Altmann, Miriam (Extern)

Weitere geplante Anlagen in Salem

Während Gemeinde und DFMG in Beuren an verschiedenen Standorten festhalten, ist man in anderen Teilorten bereits weiter. „Wir haben gemeinsame Lösungen erzielt und planen derzeit die Standorte in Grasbeuren und Tüfingen im kommenden Jahr zu realisieren“, heißt es von der DFMG. In Grasbeuren sei ein Mobilfunkmast unweit des alten Bahnhofs geplant, in Tüfingen stehe der genaue Standort noch nicht fest. Sabine Stark von der Gemeindeverwaltung präzisiert, dass die Telekom einen Standort am Menneberg grundsätzlich als umsetzbar beurteilt habe: „Die Fläche ist rechts der L200a, wenn man Richtung Stefansfeld fährt, nach der Abzweigung zum Affenberg, kurz vor dem Wald.“ Laut DFMG seien im Gemeindegebiet keine weiteren Vorhaben geplant, auch im Rathaus liegen keine weiteren Anfragen vor. Die vor einem Jahr errichtete Dachantenne in Stefansfeld ist seit Februar in Betrieb, Mitnutzungspläne von Mitbewerbern gebe es derzeit nicht.

Warten auf den Petitionsausschuss

Laut Landtagspressestelle entfalten Petitionen rechtlich zwar keine aufschiebende Wirkung, doch einer Absprache zufolge würden die Maßnahmen, gegen die sich die Petition richtet, bis zur Entscheidung nicht vollzogen. „In vorliegender Angelegenheit liegen hierzu noch keine Kenntnisse vor“, teilt Bettina Schreitmüller auf Nachfrage des SÜDKURIER mit. Lea Borgers von der DFMG bestätigt, dass man auf die Entscheidung des Petitionsausschusses warte, aber weiterhin davon ausgehe, Anspruch auf die Erteilung einer Baugenehmigung zu haben. Da der Betrieb der mobilen Sendeanlage unabhängig davon zu sehen sei, bleibe diese vorerst weiter in Betrieb.

Nico Weinrich (links) und Niklas Presser lassen eine Drohne starten, um auf der Höhe des temporären und des geplanten stationären Masts ...
Nico Weinrich (links) und Niklas Presser lassen eine Drohne starten, um auf der Höhe des temporären und des geplanten stationären Masts Umgebungsaufnahmen zu machen. | Bild: Altmann, Miriam (Extern)

Beim Ortstermin inmitten von Obstbäumen dann die Überraschung: „Sie haben sie abgeschaltet!“, ruft Michael Presser. Sein Sohn Niklas und dessen Freund Nico Weinrich lassen dennoch eine Drohne starten, um auf 20 und 30 Metern Höhe – der Höhe des temporären und des geplanten stationären Masts – Umgebungsaufnahmen zu machen. „Das Gleiche machen wir am alternativen Standort der Gemeinde am Wasserbehälter Fassler“, erklärt Michael Presser. Dessen Vorteil sei eine ausreichende Versorgung im Umkreis von sechs Kilometern. Was die Telekom mit kürzeren Bändern und Frequenzen plane, sei Zukunftsmusik und auf dem Dorf allein aufgrund der Kosten unrentabel. Zudem werde in den nächsten zwei Jahren die Breitbandversorgung ausgebaut. „Der Hunger nach Versorgung wird geringer“, ist sich der Sprecher der Initiative daher sicher.

Netzersatzlage soll abgeschaltet werden

Die DFMG wiederum bescheinigt der angemieteten Fläche eine funktechnisch optimale Lage: nah am zu versorgenden Gebiet, ohne signifikante Hindernisse dazwischen und mit guter Anbindungsmöglichkeit. Die Stromanbindung sei bereits Anfang des Jahres angestoßen worden, erläutert Lea Borgers. „Die mobile Anlage werden wir voraussichtlich im September 2023 an das Stromnetz anschließen und die Netzersatzanlage, die aktuell noch mit Diesel betrieben wird, umgehend abschalten“, ergänzt die Pressesprecherin. Dass bereits abgeschaltet sei, wurde auf Nachfrage jedoch nicht bestätigt.

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Das sagt das Landratsamt

Laut Landratsamt bedarf die mobile Anlage als „fliegender Bau“ keines baurechtlichen Verfahrens, wie Kreissprecher Robert Schwarz erklärt. Bezüglich der Diesel-Emissionen teilt er mit: „Die Deutsche Telekom versucht derzeit Abhilfe zu schaffen, indem ein Stromkabel zur mobilen Sendeanlage der Telekom verlegt wird.“ Da der Generator am Vortag abgeschaltet worden und ein Messwagen der Bundesnetzagentur vor Ort gewesen sei, kündigt Schwarz eine erneute Überprüfung an. Für eine Stilllegung wäre die Bundesnetzagentur zuständig. „Wir erhoffen uns durch die zügige Kabelverlegung aber nun schnelle Abhilfe.“

Das Notstromaggregat läuft wieder

Ganz so schnell scheint es aber nicht zu gehen: „Nach fünf Tagen Abschaltung wurde das Notstromaggregat wieder eingeschaltet“, meldet sich Michael Presser aus Beuren. Einen Tag später sei mit den Erdarbeiten für die Stromerschließung begonnen worden, doch auch eine Woche später sei kein nennenswerter Fortschritt zu verzeichnen. „Der momentane Sachstand ist, dass das Dieselaggregat gegen ein kleineres Aggregat ausgetauscht wurde, dafür aber ein größerer Tank aufgestellt wurde“, vermeldet der Sprecher der Bürgerinitiative. Die Anlage laufe weiter rund um die Uhr.