Wie viel Zeit Bernd Stocker in den vergangenen 20 Jahren in der Natur verbracht hat, kann er nicht sagen. „Es waren viele, viele, viele Stunden“, sagt er und schmunzelt. Der 78-jährige Rentner aus Salem hat nämlich ein besonderes Hobby: Er ist Naturfilmer. Angefangen hat alles mit Stockers Leidenschaft für Schmetterlinge und seine frühere Tätigkeit als Küchenchef an der Schule Schloss Salem.
Dort begleitete er jedes Jahr die Schulausflüge nach Ungarn und lernte die besondere Natur kennen und lieben. „Die Gegend hat mich so begeistert, dass ich sie filmen wollte“, blickt der Stocker zurück. Nach und nach legte er sich eine richtige Ausrüstung zu, bestehend aus mehreren Videokameras, Computern und einer Software für den Videoschnitt. „Insgesamt habe ich sicherlich 16.000 Euro investiert“, schätzt der Senior.

Auch ein sogenanntes Tarnzelt gehört zur Ausrüstung des Naturfilmers. „In dem Zelt habe ich schon die ein oder andere Nacht verbracht“, erzählt Stocker. So habe er beispielsweise einmal den Hinweis bekommen, dass an einer bestimmten Stelle in der Region ein Schwarzstorch am frühen Morgen zu sehen ist.
Der 78-Jährige erinnert sich: „Nach der Nacht im Zelt konnte ich am Morgen wirklich den Storch sehen und aus dem Zelt heraus super Aufnahmen machen. Das war ein tolles Erlebnis.“ Ein anderes Mal saß Stocker in Ungarn auf einem Stuhl, als in der Dämmerung eine Herde von circa 20 Hirschen in unmittelbarer Nähe an im vorbeilief. „Ich saß ganz still, habe mich nicht bewegt.“
Er filmte den Kommentkampf von zwei Kreuzottern
Eine weitere Erfahrung, die dem Rentner detailliert in Erinnerung geblieben ist: der sogenannte Kommentkampf zweier Kreuzottern. „Kreuzottern sind schwer zu finden, es gibt nur wenige bei uns. Ohne die Hilfe von einer Expertin hätte ich gar nicht gewusst, wo ich suchen soll“, gesteht Stocker. Als er an beschriebener Stelle mitsamt Ausrüstung aufschlug, sei gerade ein Kommentkampf zweier Ottern im Gange gewesen. In diesem Kampf wird der soziale Rang der um das Weibchen konkurrierenden Männchen festgelegt. „Es war purer Zufall. Ich musste nur noch mit der Kamera draufhalten.“
Die Filmerei ist für Bernd Stocker zwar hauptsächlich ein Hobby, doch einige komplette Filme hat er in der Vergangenheit auch verkauft (zum Beispiel „Salemertal 1 und 2“, „Naturschätze Ungarns“, „Natur- und Kulturlandschaft Linzgau“). Gelohnt habe sich der Aufwand, den der Senior in die Filme gesteckt hat, finanziell jedoch nie.

Zwei bis drei Jahre bis zum fertigen Film
Etwa zwei bis drei Jahre dauert es, bis Stocker einen Film fertiggestellt hat – vom Drehbuch bis zum fertigen Schnitt. „Vor jedem Film notiere ich mir, welche Pflanzen und Tiere für die Gegend wichtig sind und demnach vorkommen sollen“, erklärt er. Das Filmen an sich sei besonders zeitintensiv. Zum einen möchte Stocker die jahreszeitlichen Besonderheiten der jeweiligen Region hervorheben, zum anderen dauert es teilweise lange, bestimmte Tiere oder Pflanzen überhaupt vor die Linse zu bekommen.
„Oft bin ich auf die Unterstützung von Experten angewiesen, die sich in ihrer Umgebung gut auskennen“, gibt er zu. So holte sich Stocker beispielsweise Hilfe von einem Orchideenexperten, der genau weiß, wo bestimmte Pflanzen zuhause sind. Eine bürokratische Hürde bringen auch Aufnahmen in Naturschutzgebieten mit sich: „Vor dem Filmen muss ich mir eine Genehmigung vom Regierungspräsidium holen. Die kostet 50 Euro.“
Hat Bernd Stocker sämtliche Aufnahmen beisammen, geht es an den Schnitt. „Mindestens 70 Stunden sitze ich pro Film am Rechner. Nach dem Schneiden geht es ans Vertonen. Dafür schreibe ich einen Text und meistens spricht ihn ein Freund von mir dann ein“, erklärt Stocker.
Seit 2015 filmt Bernd Stocker nicht mehr aktiv
Sein letzter kompletter Film ist schon einige Jahre her. Wegen der Erkrankung seiner Frau im Jahr 2015 hörte der Rentner in dieser Zeit mit dem Filmen auf. „Meine Zeit widme ich jetzt voll und ganz dem Garten. Das reicht mir“, erzählt der Senior. Ab und zu unterstützt er aber auch heute noch Freunde und Kollegen bei ihren Filmprojekten. „Dann gehe ich mit ihnen in die Natur und helfe, wo ich kann“, sagt er und ergänzt: „Alles andere muss nicht mehr sein. Ich persönlich habe hier in der Gegend alles gefilmt, was es zu filmen gibt.“