Es ist ein wahres Paradies: das Zuhause von Eberhard und Margrit Wirth. Ein kleines Holzhaus mitten im Überlinger Wald, umgeben von einem großen, verwunschenen Garten mit Teichen, Sträuchern und Gemüsebeeten. In der prächtigen Pflanzenwelt fühlen sich auch Wildtiere wohl. Enten und Singvögel, Rehe und Füchse kommen regelmäßig zu Besuch.

Idylle im Wald: Der Garten der Fuchsfarm. Im Gebäude rechts im Hintergrund wurde in den vergangenen Jahren verletzte Tiere untergebracht ...
Idylle im Wald: Der Garten der Fuchsfarm. Im Gebäude rechts im Hintergrund wurde in den vergangenen Jahren verletzte Tiere untergebracht und gepflegt. | Bild: Mona Lippisch

Wegen der vielen tierischen Gäste ist auf der Fuchsfarm – wie sie vom Ehepaar Wirth liebevoll genannt wird – immer etwas los. Und das, obwohl das Grundstück einsam mitten im Wald hinter dem Tennisclub Altbirnau liegt. Es riecht nach frischem Holz und Erde. Die Geräusche der Bäume, Gräser und Vögel machen die Fuchsfarm zu einem belebten Ort inmitten einer friedlichen Idylle.

Margrit und Eberhard Wirth sind in ihrem Garten nie allein. Oft sind Vögel zu Gast, wie etwa diese Ente.
Margrit und Eberhard Wirth sind in ihrem Garten nie allein. Oft sind Vögel zu Gast, wie etwa diese Ente. | Bild: Mona Lippisch

Seit 1978 leben Eberhard und Margrit Wirth hier. Weit weg von Straßenlärm und Autoverkehr. Ohne Telefonanschluss und Strom. „Fließend Wasser? Das haben wir tatsächlich“, sagt Eberhard Wirth und lacht. „Es kommt aus unserer eigenen Quelle.“ Der 83-Jährige sitzt an einem kleinen Tisch vor dem Haus. Vor ihm liegt ein dicker Ordner. Es ist einer von vielen Heftern, in denen er jedes Jahr auf der Fuchsfarm dokumentiert hat.

Eberhard Wirth blättert in Ordnern, in denen er jedes Jahr auf der Fuchsfarm dokumentiert hat.
Eberhard Wirth blättert in Ordnern, in denen er jedes Jahr auf der Fuchsfarm dokumentiert hat. | Bild: Mona Lippisch

Wirth sitzt gern an diesem Tisch, notiert etwas oder liest. „Was gibt es Schöneres, als in der Natur zu sein und ein gutes Buch zu lesen? Ich brauche keinen Fernseher.“ Den habe er in all den Jahren, die er mit seiner Frau auf der Fuchsfarm lebt, nie vermisst, ebenso wenig wie einen Kühlschrank. „Wir lagern unsere Lebensmittel in einem Keller. Dort ist es im Sommer schön kühl, im Winter gefriert es nicht.“

Sieben kleine Teiche gibt es auf dem Gelände rund um die Fuchsfarm. Das Bauernhaus im Hintergrund wird als Feriendomizil genutzt. ...
Sieben kleine Teiche gibt es auf dem Gelände rund um die Fuchsfarm. Das Bauernhaus im Hintergrund wird als Feriendomizil genutzt. „Wir bekommen jedes Jahr viel Besuch von Freunden und Verwandtschaftschaft“, sagt Eberhard Wirth. | Bild: Mona Lippisch

Die Idee seiner Frau sei es damals gewesen, in das verlassene Haus mitten im Wald zu ziehen, blickt der Rentner zurück. „Sie sagte, das sei ihr Kindheitstraum. Und ich erfüllte ihr diesen Wunsch.“ Margrit Wirth hält sich beim Gespräch mit dem SÜDKURIER im Hintergrund. Sie sei etwas kamerascheu, beschreibt ihr Mann und schmunzelt.

Die Rehkitze haben Hunger: Margrit Wirth füttert die Tierkinder.
Die Rehkitze haben Hunger: Margrit Wirth füttert die Tierkinder. | Bild: Eberhard Wirth

Eberhard Wirth dagegen erzählt gern. Von früher, von heute, von persönlichen Geschichten – und von all den Tieren, die er und seine Frau in den vergangenen Jahren auf der Fuchsfarm pflegten. Für diesen Einsatz ist das Ehepaar in Überlingen und Umgebung besonders bekannt.

Eberhard Wirth mit einem Uhu der Stadt Überlingen. Insgesamt sieben Wochen verbrachte das Tier im Sommer 2012 auf der Fuchsfarm.
Eberhard Wirth mit einem Uhu der Stadt Überlingen. Insgesamt sieben Wochen verbrachte das Tier im Sommer 2012 auf der Fuchsfarm. | Bild: Archiv: Hanspeter Walter

Etwa 3000 Tiere päppelten Eberhard und Margrit Wirth in dieser Zeit auf: Jungvögel, die aus dem Nest gefallen waren, Rehe, die sich bei einer Kollision mit einem Auto verletzt hatten, Jungfüchse, die ihre Mutter verloren hatten, und viele mehr. Sie alle wurden mit Liebe und Geduld verarztet, umsorgt und wieder auf das Leben in der Wildnis vorbereitet.

Drei Jungfüchse zu Gast bei Ehepaar Wirth.
Drei Jungfüchse zu Gast bei Ehepaar Wirth. | Bild: Eberhard Wirth

Es sind Geschichten fürs Herz, die Eberhard Wirth erzählt. So haben er und seine Frau beispielsweise einmal einen Bussard bei sich aufgenommen, dessen Flügel amputiert werden musste. Da er mit nur einem Flügel nicht fliegen konnte, saß der Bussard 27 Jahre lang in der Vogelvoliere der Fuchsfarm. „Er war putzmunter, wir haben uns jeden Tag um ihn gekümmert. Solange, bis irgendwann gestorben ist“, blickt Wirth zurück.

Auch verletzte Eulen wurden unter Obhut von Eberhard und Margrit Wirth wieder auf das Leben in der Wildnis vorbereitet.
Auch verletzte Eulen wurden unter Obhut von Eberhard und Margrit Wirth wieder auf das Leben in der Wildnis vorbereitet. | Bild: Eberhard Wirth

Dann gab es da den kleinen Rehbock, den das Ehepaar vor etwa 14 Jahren aufgepäppelt hat. „Seitdem wir es in die Wildnis entlassen haben, kommt es fast jeden Tag bei uns vorbei. Und das seit 14 Jahren.“ Auf der Fuchsfarm hat das Reh seinen eigenen Platz. Dort sei es regelmäßig aufzufinden. „Er weiß, dass wir immer etwas Futter bereitstellen“, sagt der Senior und schmunzelt.

Bild 9: Ehepaar Wirth pflegt 3000 Tiere: Besuch auf der Fuchsfarm in Überlingen
Bild: Mona Lippisch

Seit Wirths auf der Farm leben, kümmern sie sich auch um verletzte Wildtiere. Anfangs waren es etwa 30 Tiere im Jahr, später weit mehr als 100. „Es hat sich schnell herumgesprochen, dass wir hier im Wald eine Art Pflegestation für Wildtiere haben. Wir konnten es kaum fassen, wie viele Tiere uns gebracht wurden.“

Auch Frischlinge waren zeitweise bei Eberhard und Margrit Wirth untergebracht.
Auch Frischlinge waren zeitweise bei Eberhard und Margrit Wirth untergebracht. | Bild: Eberhard Wirth

Igel, Schwäne, Füchse, Fledermäuse, Bussarde, Frischlinge, Eichhörnchen, Feldhasen, Rotkehlchen, Maulwürfe, Rehkitze, Siebenschläfer, Stadttauben, Blesshühner, Waldkauze und mehr landeten auf der Fuchsfarm. Anfangs wussten Eberhard Wirth und seine Frau noch nicht viel über die verschiedenen Wildtierarten. „Wir haben viele Fachbücher gelesen und Tierärzte um Rat gefragt“, erinnert sich Wirth. Außerdem habe er über jedes Tier eine Kartei geführt. Von Alter, Geschlecht und Gewicht bis hin zu Zustand, Fütterung und Pflegeverlauf wurde alles notiert. So sammelte das Ehepaar nach und nach viel Wissen an.

Vier Igel teilen sich zum Fressen einen Teller.
Vier Igel teilen sich zum Fressen einen Teller. | Bild: Eberhard Wirth

Obwohl die Verantwortung stets groß und die Arbeit mit den Tieren mit viel Aufwand sowie Kosten verbunden war, haben Eberhard Wirth und seine Frau die Aufgabe in all den Jahren allein bewältigt. „Das wollten wir auch so“, betont der 83-Jährige. „Wir wollten unsere Entscheidungen frei und selbstständig treffen. Das hätten wir nicht machen können, wenn wir beispielsweise einen Verein gegründet hätten.“

Ein Rehkitz trifft im Fuchsfarm-Garten auf einen Schwan.
Ein Rehkitz trifft im Fuchsfarm-Garten auf einen Schwan. | Bild: Eberhard Wirth

Etwa 25.000 Euro hat das Ehepaar für Futter und Arzneien für die Tiere ausgegeben – und das sei noch wenig, wie Wirth betont. Denn viele Tierärzte hätten Notoperationen beispielsweise aus eigener Tasche finanziert oder zumindest nur einen kleinen Betrag verlangt. „Wir hatten immer ein gutes Verhältnis zu den Tierärzten. Überall wurden wir mit offenen Armen empfangen.“

Ein kleiner Spatz, der aus dem Nest gefallen ist. Auf der Fuchsfarm wird er zwei Wochen lang aufgepäppelt, bis er wieder im Wald fliegen ...
Ein kleiner Spatz, der aus dem Nest gefallen ist. Auf der Fuchsfarm wird er zwei Wochen lang aufgepäppelt, bis er wieder im Wald fliegen darf. | Bild: Mona Lippisch

Eberhard Wirth blickt mit Freude auf die Zeit zurück, in der es im Haus und im Garten nur so von Tieren wimmelte. Es habe ihn – und besonders seine Frau – erfüllt. „Wir haben das mit Leidenschaft gemacht“, sagt der Senior. Doch irgendwann müsse Schluss sein: „Jetzt sind wir beide über 80 und können das alles nicht mehr so einfach stemmen wie früher. Wir hören jetzt auf damit. Es wäre schön, wenn die lieben Menschen keine verletzten Tiere mehr zu uns bringen.“

Anlaufstationen für verletzte Wildtiere

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