Der Mietvertrag zwischen dem Bodenseekreis und der Eigentümerfamilie des Hotels und Gasthofs „Adler“ in Sipplingen ist Geschichte. Rund sechs Jahre, nachdem das Landratsamt 2015 die Immobilie als Flüchtlingsunterkunft angemietet, aber nie genutzt hatte, einigten sich die Vertragspartner darauf, den auf zehn Jahre geschlossenen Vertrag vorzeitig aufzulösen.

Über die Kosten für den Steuerzahler schweigt der Kreis

Die Vertragsauflösung liegt schon etliche Wochen zurück. Doch erst jetzt, nachdem der SÜDKURIER nachfragte, informierte der Kreis, dass der Vertrag seit Ende Mai 2021 nicht mehr besteht. Die Behörde schweigt darüber, was den Steuerzahler die Vertragsauflösung kostet und auch weiterhin darüber, was sie in den Jahren zuvor an monatlicher Miete gezahlt hat.

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Noch Mitte April hatte Robert Schwarz, Pressesprecher des Landratsamtes, zum Stand der Verhandlungen geschrieben: „Seit 2018 wird mit dem Eigentümer über eine Rückabwicklung des Mietverhältnisses verhandelt. Rein rechtlich kann der Mietvertrag nicht einfach aufgelöst werden. Bislang gab es keine Einigung mit dem Eigentümer, nun aber sieht es so aus, als könnte es klappen.“ Doch dann hieß es am 6. Mai weniger optimistisch: „Wir standen und stehen mit dem Eigentümer und der Gemeinde in engem Austausch, um eine Nutzung des Objekts zu ermöglichen. Den Verkauf an einen vom Bodenseekreis vermittelten Investor hat der Eigentümer abgelehnt.“

So zahlte der Bodenseekreis aus Steuergeldern seit 2015 jeden Monat eine hohe Miete für das Hotel, ohne die Immobilie zu nutzen. Auch hatte der Kreis einräumen müssen, dass sich nach Abschluss des Vertrages herausgestellt hatte, dass sich die vor einer Verwendung als Flüchtlingsunterkunft entstehenden Umbaukosten auf über eine halbe Million Euro belaufen hätten und man deshalb davon Abstand genommen hatte.

Es gab eine schnelle Wende, nachdem der Fall öffentlich war

Zwei Wochen, nachdem der SÜDKURIER den Fall Mitte Mai aufgegriffen und öffentlich gemacht hatte, war dann die seit 2018 versuchte Auflösung des Mietvertrages plötzlich perfekt. Schwarz schreibt: „Der Kreis ist seit Ende Mai nicht mehr Mieter des Objekts.“ Die Frage, warum der Kreis diesen Erfolg nicht von sich aus öffentlich gemacht hat, ließ er unbeantwortet.

Das ehemalige Klosterensemble ist ein bedeutendes Baudenkmal und für die kleine Gemeinde direkt am Bodenseeufer ortsbildprägend.
Das ehemalige Klosterensemble ist ein bedeutendes Baudenkmal und für die kleine Gemeinde direkt am Bodenseeufer ortsbildprägend. | Bild: Michael Schnurr

Einen Hinweis, wieso sich das Landratsamt sich so zugeknöpft gibt, gibt eventuell eine Erklärung des Eigentümers. Er bestätigte gegenüber dem SÜDKURIER, dass die Veröffentlichung im SÜDKURIER entscheidend dazu beigetragen habe, dass sich die Eigentümerfamilie und der Bodenseekreis auf einen Kompromiss geeinigt und den Vertrag zu Ende Mai aufgelöst hatten.

Über die Konditionen, zu denen dies geschah, schweigt sich das Landratsamt aus, genauso wie es sich bis zum Tage weigert, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, welchen monatlichen Mietzins aus Steuergeldern der Kreis über rund sechs Jahre an den Eigentümer des Hotels Adler gezahlt hat. Der Vertreter der Eigentümerfamilie erklärte gegenüber dem SÜDKURIER zur Vertragsauflösung, dass dieser Kompromiss – wie alle Kompromisse – davon geprägt sei, dass beide Seiten von ihren ursprünglichen Vorstellungen abgerückt wären.

ZDF wollte das Thema Adler zum „Hammer der Woche“ machen

Auch bundesweit agierende Medien waren mittlerweile auf das Thema Adler in Sipplingen aufmerksam geworden. Markus Bonkowski vom Wochenmagazin Länderspiegel des ZDF recherchierte in dieser Woche zum Fall. Die Magazinsendung wollte am morgigen Samstag, 28. August, unter der Rubrik „Der Hammer der Woche“ über das leer stehende Hotel berichten.

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„Das ist ein Hammer, dass ein Landkreis über so viele Jahre ein Hotel anmietet und es dann leer stehen lassen muss, weil im Vertrag eine Rücktrittsklausel fehlt“, sagte Bonkowkski gegenüber dem SÜDKURIER, dessen Bericht ihm ein SÜDKURIER-Leser zugeschickt und ihn so auf das Thema aufmerksam gemacht hatte. „Und es ist auch ungewöhnlich, dass sich ein Landratsamt weigert, offen zu legen, was es monatlich dafür hingelegt hat. Das sind Steuergelder.“

Aufgeschreckt durch das Interesse des ZDF-Länderspiegels gab dann die Pressestelle des Landratsamtes die Information heraus, dass der Vertrag ab Ende Mai aufgelöst sei. Bonkowski blies die schon durchgeplanten Dreharbeiten in Sipplingen und Friedrichshafen daraufhin zunächst ab.

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Weiteres Schicksal des Hotels Adler bleibt vorerst offen

Die Zukunft des Hotels Adler in Sipplingen ist offen. Die Eigentümerfamilie hat nach eigenen Worten gegenwärtig „keinen Plan“. Sie ist auf der Suche nach einem Mieter für das Objekt. Ein vermutlich mühsames Unterfangen, denn es fehlen unter anderem Parkplätze für Hotelgäste. Auch ein Verkauf dürfte sich vor dem Hintergrund der Bausatzung Sipplingens bei einer so großen und unter Denkmalschutz stehenden Immobilie schwierig gestalten.