Die unrühmliche Geschichte um das Hotel „Adler“ in Sipplingen macht bundesweit Schlagzeilen. Focus, bild.de, SWR und weitere Medien haben in ihrer Berichterstattung den Fall aufgegriffen, der zuvor vom SÜDKURIER aufgedeckt worden ist. Das ZDF sieht in der Causa Adler nun den „Hammer der Woche“. So heißt ihr TV-Format im Nachrichtenmagazin Länderspiegel, das sich in der Sendung am Samstag, 16. September, mit dem Fall beschäftigt.

Der Journalist Markus Bonkowski drehte für die Reihe „Hammer der Woche“ des ZDF-Länderspiegels in Sipplingen.
Der Journalist Markus Bonkowski drehte für die Reihe „Hammer der Woche“ des ZDF-Länderspiegels in Sipplingen. | Bild: Hilser, Stefan

Der Journalist Markus Bonkowski gilt innerhalb des ZDF als „Hammer-Spezialist“. Er berichtet bundesweit über Behördenärger und -willkür. Am Donnerstag war er mit seinem Kamerakollegen für Dreharbeiten in Sipplingen. Für ihn habe die Sache zwei Dimensionen, sagt er: Die eine ist, dass der Bodenseekreis über 800.000 Euro für eine Immobilie zahlte, die er nie nutzte. „Die zweite Komponente ist, dass der Öffentlichkeit gar nicht mitgeteilt wird, wie viel diese Sache die öffentliche Hand gekostet hat. Dass der SÜDKURIER dann die Summe durch eine Klage erfährt, ist für uns der zweite Aspekt, der sie für uns zum Hammer macht. Das hat eine Dimension, die ist bundesweit berichtenswert.“

Wie in Sipplingen alles begann

Nach Recherchen von SÜDKURIER-Reporter Michael Schnurr stellte sich heraus, dass der Bodenseekreis 2016 den „Adler“ zu fatalen Bedingungen pachtete, die den Steuerzahler am Ende 815.000 Euro kosteten – für nichts. Denn der Kreis hatte vor Vertragsunterzeichnung weder den Sanierungsaufwand hinlänglich geprüft, noch eine Ausstiegsklausel vereinbart.

Dreharbeiten für ZDF-Sendung in Sipplingen Video: Julia Becker/Isabelle Graef

Vielmehr offenbarte erst ein vom Kreis für 40.000 Euro in Auftrag gegebenes Gutachten, dass vor einer möglichen Nutzung Sanierungskosten von etwa 530.000 Euro fällig wären. Zu viel Geld, entschied der Kreis, weshalb er das Gebäude für die Unterbringung von Flüchtlingen gar nie nutzte. Er ließ es leer stehen, zahlte aber weiterhin 6400 Euro Kaltmiete. Monatlich, über Jahre hinweg.

Eigentlich 2021 schon „ein Hammer“

Alleine das wäre für den ZDF-Reporter Markus Bonkowski schon ein „Hammer der Woche“ gewesen. Bereits 2021 wollte er das Thema aufgreifen, als er einen SÜDKURIER-Bericht darüber las. Als ihm das Landratsamt im August 2021 jedoch mitgeteilt habe, dass der Mietvertrag nicht mehr existiere, habe er das Thema verworfen. Was ihm die Behörde damals nicht sagte: Der Preis, den der Kreis zahlte, um sich quasi aus dem Vertrag freizukaufen, war die komplette Kaltmiete, die bis zum Ende des Vertrags sowieso fällig gewesen wäre. Mittlerweile gaben die Eigentümer bekannt, dass das Hotel verkauft werden soll.

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Jetzt kommt für Bonkowski die zweite Dimension des Falls ins Spiel, die für ihn die Sache zu einem „Doppelhammer“ werden lässt, wie der TV-Journalist sagt: Die Weigerung des Landratsamts unter dem damaligen Landrat Lothar Wölfle, die Zahlen auf den Tisch zu legen. Das wird nun im TV-Magazin „Länderspiegel“ thematisiert.

Hintergrund ist, dass die Behörde Presseanfragen mit Verweis auf angeblich schützenswerte private Interessen stets ablehnte. Erst durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen, das nach einer Klage des SÜDKURIER Medienhauses gesprochen wurde, ließ sich die Behörde zur Offenlegung der Zahlen zwingen.

SÜDKURIER weiter „kampfeslustig“

„Das Urteil stellt einen Sieg für die Pressefreiheit dar“, sagt Andreas Ambrosius, Mitglied der Chefredaktion, im Interview mit ZDF-Mann Bonkowski. Generell stelle die Redaktion fest, dass Rathäuser und Behörden öffentlich relevante Auskünfte teils mit dem Argument verweigerten, es gelte, private Interessen zu schützen, die über dem öffentlichen Interesse stünden. Ambrosius: „Der Fall Adler zeigt sehr eindrücklich, dass das mitnichten immer korrekt ist. Wir waren von Anfang an der Auffassung, speziell in diesem Fall, dass die Öffentlichkeit sehr wohl ein Recht darauf hat zu erfahren, wie Steuergelder verwendet werden. Zu einem funktionierenden Gemeinwesen gehört eine gut informierte Öffentlichkeit. Wir leisten einen Beitrag dazu.“

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Die Redaktion des SÜDKURIER sei „kampfeslustig“. Ambrosius: „Wenn wir der Meinung sind, es besteht ein erhebliches öffentliches Interesse, greifen wir, wenn es sein muss, auch zu harten Bandagen und sagen: Lasst uns das vor Gericht klären.“