Rund 40 000 Besucher zählte Rottweil an diesem Wochenende: Je 20 000 am Samstag zum Nachtumzug mit Freinacht und 20 000 zum Umzug am Sonntag. Das gab die Narrenzunft Rottweil bekannt, die den Narredag 2017 organisierte, das Treffen des Viererbundes. Mehr als 4000 Hästräger zogen durch die Stadt, alleine aus dem Städtchen Elzach reisten rund 900 Schuttig an. Aus Überlingen kamen etwa 500, weniger als ursprünglich angenommen, wie Überlingens Zunftschreiber Christian Filip Bicanic mitteilte.
„Freundschaft und Leidenschaft“ ist das, was den Viererbund kennzeichnet, ihre gemeinsame Auffassung von der Wahrung der Tradition. Das sagte Christoph Bechtold, erster Narrenmeister der Narrenzunft Rottweil beim Zunftmeisterempfang. Der Narredag ist das Zusammentreffen der vier Zünfte aus Rottweil, Überlingen, Elzach und Oberndorf, ein nur alle drei oder vier Jahre stattfindendes Großereignis. Verfolgten schon rund 20 000 Besucher am Samstagabend den Nachtumzug, an dem vor allem die schaurig schönen Schuttig aus Elzach im Feuerschein ihrer Fackeln wirkten, so wurde beim Umzug am Sonntagnachmittag und bei strahlendem Sonnenschein die ganze Pracht der schwäbisch-alemannischen Fastnacht deutlich.
Und noch einmal so viele Besucher jubelten den Rottweiler Weißnarren mit Federahannes, Schantle, Fransenkleidle und Rössle zu, ließen sich gerne von den Schuttig aus Elzach die Saubloter über den Kopf ziehen, sammelten die Süßigkeiten auf, die die Oberndorfer Hansel, Narro und Schantle wieder zentnerweise unters Volk warfen, und zählten mit, wie oft die Überlinger Hänsele mit der Karbatsche schlugen.
„Zuneigung und Vertrauen zwischen den Zünften und Menschen“, prägen den Viererbund, sagte Christoph Bechtold beim Empfang im Kapuziner, an dem die Vorstände der Zünfte sich gegenseitig versicherten, Teil einer großen Familie zu sein. Nicht nur auf Ebene der Zunftvertreter, vielmehr sei der Narredag immer wieder auch Anlass für tiefe menschliche Beziehungen, aus denen Ehen und Kinder hervorgingen.
Die Sicherung des Narrennachwuchses intonierte auf bildhafte Weise beim Zunftmeisterempfang denn auch eine Abordnung der Rottweiler Stadtmusikanten. Musikalisch malten sie sich aus, was herauskommt bei einer Kreuzung von Federahannes, Schantle, Schuttig und Hänsele: „‘D Hebamm‘ riâft: Des Biâble hót â Blóter wie â Sau. Und statt Muttermilch trinkt er Weißweinschorle.“ Zur musikalischen Unterhaltung beim Zunftmeisterempfang trug auch die Rottweiler Formation „Intakt“ bei, die Beatles-Songs ins Schwäbische transponierte. „Michelle ma belle“ klang dann so: „Hey Gschell, it so schnell…“ oder „Alltogether, kommét zemmâ“. Das Publikum war begeistert und begrüßte es, dass der Zunftmeisterempfang von der Musik und nicht von langen Reden dominiert wurde.
Rottweils Oberbürgermeister Ralf Broß konnte seine Amtskollegen aus Oberndorf und Elzach begrüßen, Überlingen war nicht vertreten. „Das ist schade“, sagten Überlingens Narreneltern, die sich gewünscht hätten, dass die OB, wenn sie schon selbst nicht kommt, einen Vertreter schickt. Doch habe sie nicht einmal abgesagt, wie Wolfgang Lechler bedauert. „Frau Becker ist doch noch im Amt und wird von uns Überlingern bezahlt.“ Thomas Pross. „Doch das Schöne an der Fastnacht ist es ja gerade, dass sie alle politischen Wirren überlebt.“
Überlingen ist 2020 die nächste gastgebende Zunft. Nach zuletzt 2006 finde hier dann wieder "eines der größten Familienfeste statt", wie Pross schwärmt. Es handle sich um eine kulturelle Veranstaltung, die nicht wegzudenken ist. Dass hier enorm viel Arbeit auf sie zukommen wird, ist den Narreneltern bewusst. „Die ersten Briefe sind schon geschrieben“, sagte Lechler. Briefe zum Beispiel an Hotels und Herbergen, um den tausenden von Narren, die 2020 nach Überlingen reisen werden, eine Unterkunft bieten zu können.
In Rottweil erhielten laut Zunftmeister 1500 bis 2000 Besucher auf ganz privatem Wege eine Bleibe für die Nacht. Schon das zeigt, dass das Viererbundtreffen eine Sache ist, die auf vielen, rein informellen Ebenen, läuft. Bechtold betonte denn auch, dass der Bund ohne Vertrag und ohne Satzung existiert, auf der Basis eines Handschlags.
In Rottweil stemmte nicht die Narrenzunft alleine den Narredag, sondern viele Vereine helfen mit. Auch der Handel und die Stadtverwaltung seien eine wichtige Stütze, sagte Narrenmeister Christoph Bechtold. 70 Besenwirtschaften wurden aufgebaut. Eine Zahl, die für sich spricht. 70 Besenwirtschaften, die in der klirrend kalten Nacht auf Sonntag proppevoll waren. So voll, dass sich die Besucher näherkommen mussten. Die „Beatles“ sangen: „All together, kommét zemmâ, `s góht los.“
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Der Viererbund
Als "ein wertvolles Stück Kulturgut" bezeichnet Rottweils erster Narrenmeister Christoph Bechtold den 1963 gegründeten Viererbund, dem die Zünfte aus Rottweil, Oberndorf, Überlingen und Elzach angehören. Zuvor waren sie aus dem Verband Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte ausgetreten, weil sie dort die strenge Wahrung der Tradition vermissten. Sie bezeichnen sich auch gerne als Narrenaristokraten, feiern die Fastnacht normalerweise nur in ihren Heimatstädten und verlassen sie nur alle drei bis vier Jahre für das Treffen. Der Narredag 2017 kostet die Rottweiler Zunft 100 000 Euro, wovon nach Angaben des Zunftschreibers etwa 60 Prozent über Eintrittsgelder wieder eingenommen werden sollen. Die Stadt bringe rund 65 000 Euro auf. „Das ist es uns in der Reichs- und Narrenstadt Rottweil auch wert“, teilte ein Sprecher der Stadt mit. (dpa/shi)