Bela Waldecker heißt der junge Mann, ein Bootsbauer. Er wird in der neu errichteten gläsernen Kellerwerft in nächster Zeit die Arbeit aufnehmen, alte historische Boote herrichten, damit die neue Werft an historischem Standort wieder ihrem ursprünglichen Zweck dient. Von der Gaststätte aus, die der Überlinger Gastronom Pino Arena führen wird, kann hier dem Bootsbauer bei der Arbeit zugeschaut werden.

Am Samstag feierte der Eigentümer die Einweihung der gläsernen Werft. Eigentümer, das ist der Förderverein Yachtsport Überlingen, der das Gelände in Erbbaupacht von der Stadt Überlingen erworben hat. Innerhalb des letzten Jahres wurde ein von Architekt Klaus König entworfenes Gebäude hier an historischer Stätte errichtet. Ziel war es, den Geist und die Atmosphäre der 1912 gegründeten Kellerwerft nachzuahmen. Denn die sieben Vereinsgründer verbindet gemeinsam ein Ziel: Altes zu bewahren.
12, 12, 12
2014, so der Bericht des Vorsitzenden Niklaus Waser, waren sie gemeinsam auf einem historischen „Zwölfer“ vor Südfrankreich unterwegs. „Das eine Wort gab das andere, die Idee zum Bau der Kellerwerft war geboren.“

Auf einem Zwölfer die Idee geboren, in einer 1912 gegründeten Werft umgesetzt, in Hausnummer 12 firmieren sie nun: Kein Wunder, dass die Zahl Zwölf zum Symbol des Trägervereins wurde. Auf den Gläsern, die sie zur Eröffnung der Kellerwerft gemeinsam mit ihren Gästen hoben, stand die 12 geschrieben.
Das schönste Geschenk zur Eröffnung macht sich der neue Zwölfer-Club selbst. Es ist zugleich ein Geschenk an die Überlinger. Der Verein erwirbt das historische Dampfschiff „Gustav Prym„, das bisher im Hafen in Bodman lag. In liebevoller Arbeit wurde das 1916 gebaute Schiff von Karl Sailer restauriert, einem Raumausstatter, der es Mitte der 80-er Jahre auf einem Schrottplatz in Konstanz entdeckte. 8000 Stunden Arbeit habe er investiert, zehn Jahre lang benötigt, bis es wieder seetüchtig war, und 20 Jahre lang diente es nun als Ausflugsboot. Sailers Herz hängt sehr an dem Fahrgastschiff.

Die „Gustav Prym„ wurde zunächst als Personenschiff auf dem Rhein betrieben. Nach dem Krieg diente es noch einige Zeit als Feuerwehrschiff, bevor es ausgemustert wurde. Sailer wundert sich, dass die Gemeinde Bodman den Wert nicht stärker geschätzt, vielmehr ihm rund zweieinhalb Tausend Euro jährlich für den Liegeplatz in Rechnung gestellt habe.

Gesundheitsbedingt kann Sailer es selbst nicht mehr halten, und nun sei er glücklich, im Zwölfer-Club einen Käufer gefunden zu haben, der das Boot nun nicht nur in der neuen Werft überholt, sondern es für die Zukunft erhält. „Etwas Besseres kann dem Boot und mir nicht passieren“, freute sich Sailer. „Die Zukunft sieht gut aus.“

Oberbürgermeister Jan Zeitler sagte bei der Eröffnung der Kellerwerft, dass die sieben Gründungsmitglieder waghalsige mutige visionäre seien, „die einige Millionen in das Projekt investiert haben“. In sensationell kurzer Zeit sei die Werft nach längerer Projektphase in nur einem Jahr gebaut worden. Er würdigte das Engagement des Vereins als, so wörtlich, Bekenntnis zu ihrer Stadt.
Zeitler, der daran erinnerte, dass der Gemeinderat dem Pachtvertrag mit dem Verein einstimmig zustimmte, sagte: „All das trägt dazu bei, dass unsere Stadt noch attraktiver wird.“ Besonders hervorzuheben sei, dass alle Anlagen öffentlich zugänglich und nutzbar sind.

Zeitler freut sich schon darauf, wenn die „Gustav Prym„ nicht mehr unter Bodmaner, sondern dann unter Überlinger Flagge fahren und unter Dampf stehen wird. „Die Gustav Prym ist ein Kulturgut“, sagte Niklaus Waser bei seiner Eröffnungsrede. Sie stehe symbolhaft, neben der historisierten neuen Kellerwerft, für den Wunsch des Vereins, Altes zu bewahren. Architekt Klaus König sei es gelungen, „den Charakter und das Gefühl, das in der Kellerwerft geherrscht haben muss, zu bewahren“.
Es sei sogar gelungen, „das Herz der Kellerwerft„ an zentraler Stelle zu integrieren, und zwar der original Holzbalken, unter dem früher in der Kellerwerft alle Boote entstanden sind. An diesem Balken, der jetzt über dem Tresen hängt, wurden alle Spanten ausgerichtet, quasi das Gerippe eines Bootes, an dem die Planken festgemacht werden.
Kielsohle im Tisch integriert
Zudem verwies Waser auf einen Tisch im Clubraum des Obergeschosses, an dem 14 Personen Platz nehmen können. In die Tischplatte integriert ist die Kielsohle seiner eigenen, 1928 gebauten Sechser-Yacht. Diese Sohle, die aussieht wie ein keilförmiges Stück Schwemmholz, musste ausgetauscht werden, und findet in dem Tisch nun eine neue Verwendung.
Raimund Wilhelmi erinnerte bei der Eröffnung an diverse Schwierigkeiten, die es mit dem Vorhaben Kellerwerft gab. Immer neue Auflagen, Forderungen der Bank, Diskussionen mit Gemeinderatskollege Biniossek, oder Debatten in der Öffentlichkeit. Alle im Verein hätten ihre Zweifel bekommen, ob das noch klappt – nur Niklaus Waser nicht. Der habe den Eindruck gemacht, „dass ihn die Schwierigkeiten freuten, sie haben ihn geradezu befeuert“, und so habe er sie alle mitgerissen.

Um Diskussionen um den Bau der neuen Steg- und Slipanlage vorzubeugen, erklärte OB Jan Zeitler, dass sie von der alten Kellerwerft her Bestandsschutz genossen habe. So sei auch die wasserrechtliche Genehmigung dafür zustande gekommen.

Gebaut worden sind die Dalben der Steganlage von der Bodmaner Firma Stahlbau Rettich, vertreten durch Simone Bickel. Sie sagte am Rande der Eröffnungsfeier, dass es spannend gewesen sei zu sehen, wie unterschiedlich der Seegrund hier beschaffen ist. Mal Fels, und damit schwierig, die Dalben einzurammen. An anderer Stelle seien sie fast widerstandslos im Schlick versunken. Deshalb ragen die Dalben derzeit noch unterschiedlich hoch aus dem Wasser, würden aber noch auf Länge gesägt. Interessant: Sie sind nach oben hin offen, wie die Pfeifen einer Orgel. Jede klingt anders, wenn man dagegen klopft, womit die Dalben zu einem überdimensionalen Glockenspiel werden.
Nikolaus Kurz ist im Vorstand als Schatzmeister aktiv. Auf die Frage, wie viel Geld hier investiert wurde, sagte er: „Viel!“ Er findet, dass das Geld gut investiert ist, weil es nun die Möglichkeit gibt, abseits der Uferpromenade irgendwo einzukehren. „Mir gefällt es hier besser als an der Promenade, weil es einen barrierefreien Zugang zum See gibt, keine Betonmauer, die mich vom See trennt. Weil ich hier die Wellen hören kann, und den Wind, wenn er durch die hohen Bäume weht – das ist eine ganz andere Atmosphäre.“
Die Vereinsmitglieder frönen einerseits ihrer Liebe zu historischen Schiffen. Andererseits wollen sie die Öffentlichkeit an ihrem Hobby teilhaben lassen. Wasers Einladung an die Überlinger lautete: „Wir wollten uns ein neues Wohnzimmer bauen. Aber nicht nur für uns, sondern für uns alle.“