Ottfried Viktor Schlak mag keine Rasenflächen. Zumindest nicht in Schrebergartengebieten. Da gehören sie nicht hin, findet er. Das sei Zweckentfremdung. Als die Stadt Überlingen eine Fläche im Bereich der Kleingärtenanlage St. Leonhard nicht verpachtete, sondern dort eine Rasenfläche anlegte, schnappte sich Kleingärtner Schlak deshalb einen Spaten, grub die seinem Schrebergarten benachbarte Fläche wieder um und pflanzte Kartoffeln und anderes Gemüse darauf, das er an bedürftige Überlinger verschenken wollte.
Stadt fordert Wiederherrstellung des Rasens
Die Stadt allerdings zeigte sich nicht sonderlich begeistert von Schlaks eigenmächtiger Aktion. Denn er hat die Fläche weder gepachtet, noch hat er eine Genehmigung, darauf etwas anzubauen. Und eine frisch eingesäte Rasenfläche einfach so wieder umzubuddeln, passte den Zuständigen nicht. Sie forderten Schlak daher auf, die Fläche wieder in einen Rasen umzuwandeln, andernfalls werde man das selbst erledigen und ihm die Kosten dafür in Rechnung stellen.
Schlak pocht auf Bundeskleingartengesetz
Schlak weigerte sich – und drohte, die Stadt wegen Zweckentfremdung zu verklagen. Kleingartenflächen unterlägen dem Bundeskleingartengesetz und in selbigem sei vorgegeben, was auf diesen Flächen zu tun und zu lassen sei. „Und da ist keine Monokultur von Gras vorgesehen“, argumentiert der Überlinger. Davor, dass die Stadt ihn verklagt, weil er auf einer nicht von ihm gepachteten Fläche Kartoffeln pflanzt, hat er keine Angst. Dann würde er einfach auch klagen, sagt er.

Die Stadt Überlingen, die sich ihrerseits rechtliche Schritte gegen Schlak vorbehält, teilt auf Nachfrage mit: „Dem Vorwurf einer Zweckentfremdung der Gartenanlage durch die Stadt Überlingen müssen wir ausdrücklich widersprechen. Aus Sicht der Stadt Überlingen ist hier kein Verstoß gegen das Bundeskleingartengesetz beziehungsweise aus den bestehenden Pachtverträgen abzuleiten. Die kleingärtnerische Nutzung ist in der Kleingartenanlage St. Leonhard weiterhin vorrangig gegeben.“
Schlak sagt, er habe es auf dem einvernehmlichen Weg versucht: Er habe die Stadt mehrfach gebeten, das Grünflächenstück als Mustergartenfläche zu genehmigen oder als Fläche für Migranten. „Für die Migranten bekam ich keine Antwort, das mit den Mustergärten ist abgelehnt worden“, sagt er. Also griff Schlak zum Spaten. Pächter, die die Fläche beackern wollen, gäbe es genug, die Stadt aber will die Flächen nicht mehr verpachten – das war noch unter Sabine Becker beschlossen worden, möglicherweise soll hier irgendwann Bauland entstehen.
Aber bis dahin könne man das doch als Garten nutzen, so Schlaks Argument. Er schrieb an OB Zeitler und ersuchte ihn, die Fläche zumindest so lange, bis tatsächlich gebaut wird, noch als Garten nutzen zu dürfen. Doch der OB habe abgewinkt. Auf Nachfrage nach dem aktuellen Stand der Überplanung der derzeitigen Kleingartenanlage erklärte die Stadt, „dass in den mittelfristigen Überlegungen zur städtebaulichen Entwicklung der Stadt Überlingen diese Fläche ein Potenzial zur Ausweisung von Wohnbaulandfläche innehat. Derzeit gibt es jedoch noch keine konkreten Planungen.“
Umgangston hat sich mittlerweile entspannt
Aber der Umgangston, der hat sich zwischenzeitlich etwas entschärft. Der städtische Mulcher war nämlich tatsächlich in der Kleingartenanlage – und er ließ die Kartoffeln und das andere Gemüse, das Schlak angepflanzt hatte, in Ruhe. Der sonst so streitbare Schlak schrieb an die die Stadt und bedankte sich.
Die Kontroverse
Mehr als acht Jahre liegt es zurück, als der Finanzausschuss im Februar 2011 eine drastische Erhöhung der Pacht für gemietete Kleingärten in St. Leonhard, in den Menzingergärten und im Feigentalweg beschlossen hatte – auf 2 Euro pro Quadratmeter. Betrieb, Organisation und Verwaltung seien lange nicht kostendeckend, hatte die Verwaltung argumentiert und eine Umlageberechnung vorgelegt. Der Protest bei den Pächtern war groß, einige kündigten von sich aus. Mehrfache Versuche, zu einem Kompromiss und zu einer Einigung zu kommen scheiterten. Über zwei Kleingartenanlagen ist die Zeit hinweggegangen – einmal dauerhaft, einmal zumindest vorübergend. Schon vor einigen Jahren hatte die Stadt die Menzingergärten und den Feigentalweg gekündigt. Letzterer ist inzwischen schon zum Baugebiet geworden, erstere werden als innerstädtisches Kleinod für die LGS herausgeputzt und sollen anschließend wieder der privaten Pflege angedient werden. Auf Granit hatte Wortführer Ottfried Viktor Schlak mit seinem Vortstoß bei OB Jan Zeitler kurz nach dessen Amtsübernahme gebissen, was die Anlage St. Leonhard angeht. Zeitler verwies im März 2017 auf den Appell, einen Verein zu gründen wie bei der bestehenden Anlage an der B 31. Was die Pächter stets ablehnten. Nach Abwägung der vorliegenden Fakten sehe er keinen Ansatzpunkt, die von Vorgängerin Becker getroffenen Entscheidung, freie Gärten nicht mehr zu verpachten, aufzuheben. (hpw)