Wo liegt der große Vorteil der Gemeinschaftsschule? Insbesondere der Wiestorschule?
Wir sind als Gemeinschaftsschule eine "Schule für Alle", so definiert sich diese Schulart grundsätzlich. Wir nehmen die Kinder und Lernenden auf, so wie sie sind, mit all ihren Stärken und auch Schwächen. Dann versuchen wir – gemeinsam mit den Eltern – den Schülern eine möglichst positive Entwicklung zu ermöglichen, sie zu deren bestmöglichen Leistungen in den verschiedenen Fach- und Lebensbereichen zu bringen. Demnach ist der Leistungsgedanke bei uns sehr wohl verankert. Wir bestimmen diese aber eben nicht über Noten, also durch eine numerische Bewertung, sondern über regelmäßige und verbindliche verbalisierte Leistungsrückmeldungen, sowohl im persönlichen Gespräch wie auch in schriftlicher Form. Bei uns lernen die Schüler auf verschiedenen Niveaustufen, jeder Schüler versucht sein individuelles Leistungsniveau in den verschiedenen Bereichen zu erkennen und in seinem individuellen Lerntempo zu arbeiten. Wir gehen hier ab Klasse 5 behutsam an diese Arbeit und führen unsere Neulinge schrittweise an dieses eigenverantwortliche Arbeiten heran. Dabei werden die Schüler von einem Pädagogen regelmäßig gecoacht, also im individuellen Eins-zu-Eins-Setting zusätzlich beraten. An der Wiestorschule haben die Schüler mit ihrem eigenen Klassenzimmer stets eine "Heimat", arbeiten ansonsten in Fachräumen und zum selbstorganisierten Lernen in sogenannten Lernateliers, mit individuellen Arbeitsplätzen und Zugang zu allen Lernmaterialien. Profilbereiche beziehungsweise Stärken, die wir uns zuschreiben, sind unser schulintern gültiges einheitliches System der "Wiestorregeln", unser Sportprofil, die Berufsorientierung und Berufswegeplanung, um exemplarisch einige zu nennen. Als unser größtes Kapital betrachten wir aber das Potenzial unserer Kinder und Jugendlichen! Der komplexen Herausforderung, dieses zu wecken und abzurufen, stellen sich unsere motivierten, engagierten und kompetenten Lehrkräfte jeden Tag aufs Neue.
Nach ein paar Jahren Erfahrung: Ist die Schulform Gemeinschaftsschule (GMS) ein Erfolgsmodell?
Wir sehen in der Schulart und ihrer grundlegenden Philosophie des längeren gemeinsamen Lernens eine große Chance und ein weiterhin großes Entwicklungspotenzial. Der Gemeinschaftsgedanke stärkt, schweißt zusammen, soziales Miteinander und individualisiertes Lernen sind keine Worthülsen, sondern gelebte Schulrealität. Die Arbeitsatmosphäre und das Verhältnis Lehrer-Schüler hat sich bei uns sehr zum Positiven verändert. Um aus den besten Absichten und guten pädagogischen Anlagen der GMS ein echtes Erfolgsmodell zu machen, müssen vielerorts die Rahmenbedingungen aber weiter optimiert werden, begonnen bei einer zuverlässigen Lehrerversorgung bis hin zu einer funktionalen und zeitgemäßen Schulinfrastruktur. Gemäß der Grundidee der "Schule für Alle" wäre eine noch stärkere Durchmischung der Schülerschaft der GMS selbstverständlich sehr gut und wünschenswert.
Wie entwickeln sich die Anmeldezahlen?
An unserer GMS Wiestor haben sich die Zahlen in den letzten Durchgängen auf einer Zweizügigkeit stabilisiert, wir liegen zwischen 30 und 40 Schülern pro Jahrgang. Das ermöglicht die Einrichtung von zwei Klassen mit 15 bis 20 Schülern. "Klein aber fein" und optimal für ein gutes "Miteinander und voneinander Lernen".
Ist der anschließende Übergang auf das Gymnasium gefragt?
Bislang verändert sich das Übergangsverhalten nach Klasse 9 beziehungsweise 10 noch nicht wesentlich. Mehrheitlich gehen unsere Schüler in die Welt der Beruflichen Schulen über, sei es über eine Berufsausbildung oder die zweijährige Berufsfachschule, sofern hier mit dem Hauptschulabschluss abgeschlossen wurde. Unsere Abgänger mit der Mittleren Reife beginnen entweder auch mit einer Ausbildung oder suchen ihren Weg über das Berufskolleg oder ein Berufliches Gymnasium.
Wie gut bereitet selbstorganisiertes Lernen auf die weiterführende Schule vor?
Selbstorganisiertes Lernen ist ein zentraler Bestandteil der Arbeit an unserer GMS. Für viele Schüler ist dies nur eine logische Fortsetzung von bereits in der Grundschule eingeübten Lern- und Arbeitsformen. Wir intensivieren und – wenn Sie so mögen – perfektionieren dies, was bei vielen unserer Lernenden klasse ankommt. Allerdings – da sind wir ehrlich – gibt es auch Kinder und Jugendliche, die sich schwer tun, mehr persönliche Unterstützung benötigen und länger brauchen, um wirklich selbstständig und selbstverantwortlich zu arbeiten. Das erkennen wir und sind permanent dabei, unsere Arbeit auf die Notwendigkeiten aller Kinder anzupassen, diese bestmöglich zu unterstützen. Die Eigenverantwortung und Selbstorganisationsfähigkeit ist dann schließlich nicht nur eine relevante Kompetenz für weiterführende Schulen oder ein eventuelles Studium, sondern für das Leben insgesamt.
Was halten Sie von einer möglichen Angliederung an den Schulcampus in Überlingen/Neubau des Gymnasiums?
In dieser Thematik hat sich nach unserer Einschätzung aus einer Idee mittlerweile ein regelrechtes Gerücht entwickelt. Fakt ist, dass sich unser Schulträger gemeinsam mit dem Gymnasium und der Gemeinschaftsschule in einem Entwicklungsprozess befindet, in welchem viele, unsere Schulen betreffende Teilfragen pädagogischer sowie räumlicher und damit finanzieller Natur gestellt, erörtert und beantwortet werden müssen. Nach pädagogischen Gesichtspunkten – das ist unsere ganz aktuelle Zwischenbilanz – sind die am Prozess beteiligten Vertreter der Wiestorschule (Schüler, Lehrer und Eltern) einstimmig der Meinung, dass wir eine "kleine Campuslösung" hier vor Ort benötigen. Die Synergieeffekte unserer Grundschule mit der Sekundarstufe der GMS sowie unsere Kooperation mit der benachbarten Franz-Sales-Wocheler-Schule sind für unsere Kinder und Jugendlichen von einem beachtlichen Wert. Wir fühlen unsere Schulkinder hier, nicht zuletzt der familiären Atmosphäre wegen, eindeutig besser aufgehoben!
Schulleiter, Lehrer und pädagogische Konzepte kennenlernen
- Jürgen Mattmann ist seit 2015 Rektor an der Wiestorschule. Zuvor war er als Leiter einer deutschen Schule in Südamerika im Auslandsschuldienst. Er unterrichtet die Fächer Mathematik, Englisch und Sport. Die Wiestorschule ist seit dem Schuljahr 2013/14 Gemeinschaftsschule. Die Wiestorschule liegt in der Trägerschaft der Stadt Überlingen. Im aktuellen Schuljahr besuchen rund 400 Schüler von der ersten bis zur zehnten Klasse die Schule. Irmgard Maier ist seit elf Jahren Konrektorin und insgesamt seit 25 Jahren an der Schule tätig.
- Die Wiestorschule Überlingen informiert am morgigen Dienstag, 19. Februar, ab 18 Uhr in der Schulmensa über ihr pädagogisches Konzept. Schulleiter Jürgen Mattmann und sein Lehrerteam laden zu einer Schulhausrallye ein. Die Schüler können erste Erfahrungen in den Fachbereichen machen. Sport sowie Naturwissenschaft und Technik können an der zweizügigen Gemeinschaftsschule als Profilfächer gewählt werden.
- Die Realschule Überlingen, die fünfzügig zum Abschluss führt, lädt am Donnerstag, 21. Februar, um 17 Uhr zur Informationsveranstaltung. Dabei werden die Profilbereiche, einzelne Fächer, die Stundentafel sowie andere Angebote präsentiert. Schulleiterin Karin Broszat und ihr Team freuen sich, ihren Schülern ab 2020 wieder vielfältige Sportangebote in der neuen Turnhalle anbieten zu können.