Wenn die Vögel wieder hörbar zwitschern und die ersten Blumen sprießen, bereitet sich nicht nur die Natur auf den bevorstehenden Frühling vor. Hellere und längere Tage bieten auch für Menschen die ideale Möglichkeit, sich selbst und das eigene Heim genauer unter die Lupe zu nehmen. Schließlich bringt Sonnenlicht oft erst versteckten Schmutz zum Vorschein. Das Großreinemachen im Frühjahr gibt es wahrscheinlich so lange, wie Menschen Häuser bauen. In früheren Zeiten war es der Ruß von offenen Feuerstellen, später der Dreck der Kohleheizung, der nach dem Winter entfernt werden musste. Mit der Entdeckung von Krankheitserregern und der Begründung der modernen Bakteriologie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekam das Putzen mit Blick auf die Hygiene noch einmal eine ganz andere Intensität.
Heutzutage heizt kaum noch jemand mit Kohle, unsere Haushalte verfügen nicht nur über fließendes Wasser, sondern der Gebrauch von Waschmaschine, Staubsauger oder Hochdruckreiniger gehört zum Alltag. Hat der gute alte Frühjahrsputz also seine Bedeutung verloren? In religiöser Hinsicht auf jeden Fall nicht. Sowohl in der jüdischen als auch in der christlichen Tradition ist er fest verankert.
Putzen gilt im Judentum als religiöse Pflicht
Pünktlich zum Frühlingsanfang wird in den Wohnungen und Häusern der jüdischen Gemeinden kräftig der Putzlappen geschwungen. Die Vorbereitungen auf das einwöchige Pessachfest, das in diesem Jahr vom 30. März bis 7. April stattfindet, laufen dann auf Hochtouren. Mit der Festwoche wird an den Auszug der Israeliten aus Ägypten und damit aus Unterdrückung und Sklaverei gedacht.
"Das physikalische Putzen ist bei uns sehr wichtig – es ist eine religiöse Pflicht", erklärt Peter Stiefel, der Vorsitzende der Synagogengemeinschaft Konstanz. Vorhänge werden gewaschen, Schränke ausgeräumt und ausgewischt, neue Geschirrtücher und Gewürze gekauft und Tiefkühltruhen mit Restbeständen aus dem Vorjahr werden bis nach dem Fest versiegelt. "Wir gehen durch die ganze Wohnung; jede Ecke wird gesäubert. Auch alles Gesäuerte wie Brot oder Hefe muss aus unseren Wohnungen verschwinden", sagt Stiefel. Der Erfolg des Putzrituals tritt dann anschließend zu Tage. Die ganze Familie zieht nämlich durch das Haus und die Kinder dürften absichtlich liegen gelassene, gesäuerte Lebensmittel aufspüren. Auch in der Bibel ist das Putzen fest verankert.
"Reinigung ist etwas zutiefst Christliches", sagt der Leiter der Seelsorgeeinheit Meersburg, Matthias Schneider. Eine Pflicht zum Reinemachen im Frühjahr gebe es in der christlichen Lehre nicht, zahlreiche Bibelstellen beschäftigten sich aber damit. Beim Propheten Jesaja heiße es beispielsweise:"Reinigt Euch" oder im Psalm 51 werde das Reinigen von den eigenen Sünden erbeten. Eine ganz enge Verbindung zieht der Pfarrer auch zur Fastenzeit, die traditionell am Aschermittwoch beginnt: "Mit Asche hat man früher geputzt." Die Fastentage vor dem Osterfest bezeichnet der Geistliche daher auch als "Kehrwoche für unseren Glauben". Zur Verdeutlichung hat er derzeit ein Arrangement aus Putzutensilien in der Meersburger Pfarrkirche vor dem Altarraum aufgebaut.

Wer seine Räumlichkeiten vor den Festtagen noch auf Vordermann bringen will, aber wenig Zeit hat, dem bleiben nur wenig Möglichkeiten. Private Putzkräfte sind rar. "Auf dem gesamten Dienstleistungssektor herrscht Personalmangel", weiß Beate Brutsch vom Dienstleister ASL Bodensee. Ebenso sieht das Bernhard Nattermann von der IHK Bodensee-Oberschwaben. "Eine Plattform für private Putzdienstleister, wie es sie zum Beispiel in Stuttgart gibt, hat sich im Bodenseekreis noch nicht gebildet." Bleibe nur, die Nachbarn nach ihrer Putzhilfe zu fragen oder im Internet nach professionellen Anbietern zu recherchieren.
Putztipps vom Profi
Reinigungsexpertin Beate Brutsch vom ASL Bodensee (Alles Saubere Leistung) setzt vor allem auf den Einsatz von Wasser: "Die Natur reinigt auch alles mit Wasser." Daher soll Staub immer feucht abgewischt werden. Ein Staubtuch reicht ihrer Meinung nach nicht. Um Fenster streifenfrei zu bekommen, lieber nicht zu viel Putzmittel einsetzen. Am Besten nur mit Wasser grundreinigen und dabei die Putzwassertemperatur den Wettergegebenheiten anpassen, rät Brutsch.
Wenn es draußen kalt ist, vernebelt heißer Wasserdampf das Glas. Geputzt werden soll laut Reinigungsprofi von oben nach unten, sprich von den Schränken zum Boden hin. Der Einsatz von starken Putzmitteln ist laut Brutsch nicht nötig. Besser seien biologisch abbaubare Produkte. Fettstaub auf Küchenschränken rückt sie mit Orangenreiniger zu Leibe, der Kühlschrank bekomme mit Essigwasser einen frischen Geruch. Kochendes Wasser genüge zur Desinfektion."Weniger ist mehr. Starke Reiniger sind unnötig."