Landschaft und Natur sind ein sensibles Gut. Das wissen auch die Verantwortlichen des Andreashofs bei Deisendorf. Doch übersahen sie scheinbar, dass es aus diesem Grund auch Rahmenbedingungen und baurechtliche Regelungen gibt. Mehr als zehn Jahre dauert die Kontroverse um eine ungenehmigte bauliche Veränderung (siehe Infokasten). Inzwischen liegt der Andreashof auch wegen seines Hofladens mit Hofcafé im Clinch mit der Stadtverwaltung. Das Anwesen befindet sich aus baurechtlicher Sicht in einem Außenbereich und zudem in einem Landschaftsschutzgebiet.
Ortsvorsteher Martin Strehl: Schließung wäre "sehr schade"
Dass der Andreashof ein ehemaliges Gewächshaus ohne Genehmigung als Hofladen mit Hofcafé nutzt, will die Stadtverwaltung nicht akzeptieren und verweist auf die Gleichbehandlung aller Bürger. Das Problem verstehen zwar auch die Deisendorfer und Ortsvorsteher Martin Strehl. Doch sei das Hofcafé für manche Einwohner nach der Schließung des Gasthauses „Löwen“ zu einer letzten Zuflucht geworden, sagt Strehl. Für die gesamte Dorfgemeinschaft wäre eine Schließung "sehr schade", betont er.
Andreashof betreibt Café ohne erforderliche Genehmigung
Dass der Andreashof versäumt hatte, den Betrieb des Hofcafés korrekt zu beantragen, räumt Geschäftsführer Matthias Busl ein. Im Vorjahr war nun die erforderliche Nutzungsänderung für ein bestehendes Gewächshaus bei der Stadt förmlich beantragt worden. Dazu habe es mehrere Gespräche mit Vertretern des Baurechtsamts gegeben, doch drohe nun die Schließung. Eine „gewerblich/gastronomische Nutzung“ sei bereits 2012 formlos angefragt worden, erklärt die Pressestelle der Stadt. Dass dies „aufgrund der Außenbereichs- und der Landschaftsschutzgebietslage“ unzulässig sei, habe man schon damals klar kommuniziert. Das Vorhaben sei ohne die erforderliche Genehmigung ausgeführt worden, betont die Stadtverwaltung. „Darüber hinaus wurden Stellplätze in nicht unerheblicher Anzahl und ebenfalls ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet“, heißt es weiter: „Die baurechtswidrigen Maßnahmen erfolgten wissentlich und auf eigenes Risiko.“ Eine nachträgliche Genehmigung wäre „rechtswidrig und steht insofern gänzlich außer Frage“. Die Verwaltung verweist hier zum einen auf eine Präzedenzwirkung, zum anderen auf eine Gleichbehandlung der Bürger.

Baurechtsamt prüft Alternativen zur Nutzungsuntersagung
Einen Hoffnungsschimmer könnte der Andreashof aus den Schlusssätzen der städtischen Stellungnahme herauslesen: „Eine förmlich Nutzungsuntersagung wurde bislang noch nicht verfügt“, heißt es da und im Folgenden: „Die Baurechtsbehörde prüft in enger Abstimmung mit den Fachbehörden, ob es außenbereichsverträgliche Alternativen zu einer völligen Nutzungsuntersagung gibt.“
Naturschutzbeauftragter befürchtet wachsenden Ausflugstourismus
Auf das Baurecht im Außenbereich verwies stets auch Thomas Hepperle als ehrenamtlicher Naturschutzbeauftragter. Hepperle befürchtet zudem einen wachsenden Ausflugstourismus mit einer Zunahme des Verkehrs. Dieses Argument will Matthias Busl nicht gelten lassen, denn das sei nicht das Ziel des Andreashofs. Tatsächlich habe im Vorjahr ein Betriebsausflug der Filderklinik bei Stuttgart auf dem Hof stattgefunden. „Doch haben sich die Gäste für unsere Arbeit hier interessiert“, erklärt Busl. Dies sei zudem eine absolute Ausnahme gewesen. Wenn Besucher auf den Andreashof kämen, gehe es um die drei fachlichen Schwerpunkte: den Anbau von Rosen, Kräutern und der Lichtwurzeln.
Naturschutzverbände verbringen Tag der Artenvielfalt auf dem Andreashof
Sorgen bezüglich des Landschaftsschutzes scheinen andere nicht zu haben. Mehrfach hätten der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) und der Naturschutzbund (Nabu) ihren Tag der Artenvielfalt rund um den Hof veranstaltet, gerade weil hier noch eine gewisse Biodiversität zu beobachten sei, erzählt Karl Roth vom BUND-Ortsverband Salem.
Streit um Lichtwurzelanbau
2008 hatte der Andreashof topographische Veränderungen am Gelände vorgenommen, um Lichtwurzeln (Yams) anzubauen. Die Schaffung einer ebenen Fläche für einen Teil der Pflanzkästen mit angrenzender Trockenmauer war nicht beantragt worden. Damals hatte sich der Hof vertraglich bereit erklärt, die Situation binnen zehn Jahren wieder rückgängig zu machen. Eine Verpflichtung, der er bis jetzt nicht nachgekommen ist. Ein Argument für die Hofgemeinschaft ist, dass sich mittlerweile in den veränderten Strukturen eine Population der streng geschützten Zauneidechsen angesiedelt habe. Der Andreashof führte zunächst Gutachten zweier Landschaftsökologen aus Markdorf und Konstanz ins Feld, die den Tieren dort einen optimalen Lebensraum bescheinigten. Zuletzt hatte ein Diplombiologe ein Konzept als Kompromiss vorgelegt, das die Trockenmauer als Biotop erhält und dennoch erlaubt, einen Großteil der Terrassierung wieder rückgängig zu machen. Dass der Andreashof ein Renaturierungskonzept vorlegen muss, war auch das Ergebnis eines Gespräch im Juni 2018, an dem Vertreter des Landratsamts, der Stadt Überlingen sowie des Natur- und Landschaftsschutzes beteiligt waren. Als neues Argument will der Andreashof ins Feld führen, dass das Bundesforschungsministerium erst vor kurzem 1,5 Millionen Euro für ein Forschungsprojekt zur Züchtung der Lichtwurzel bewilligt habe. Insofern bestehe jetzt sogar ein „öffentliches Interesse“ an der Pflanze. (hpw)