Günter Hornstein als Leiter des Polizeireviers Überlingen hat die aktuelle Kriminalitätsstatistik im Gemeinderat vorgestellt. „Aus unserer Sicht ist die Entwicklung eher positiv“, resümierte er. Dies, obwohl die Zahl der Straftaten in der Stadt insgesamt überdurchschnittlich zugenommen habe. Dafür seien allerdings Betrugsfälle und Vergehen im Internet verantwortlich sowie die Zunahme von Sachbeschädigungen – auch durch eklatante Einzelfälle. Ausschlaggebend für sein positives Urteil seien vor allem die deutliche Abnahme an Wohnungseinbrüchen und Diebstählen, sagte Hornstein. Gleiches gelte für die viel beschworene Sicherheit in den Abendstunden. Die Rohheitsdelikte hätten in der Statistik zum einen abgenommen, zudem gebe es keine Schwerpunkte der Gewalttätigkeit.
- Straftaten insgesamt: Bei der Zunahme der Straftaten stehe Überlingen im Vergleich zum Bodenseekreis und zum Bereich des Polizeipräsidiums nicht sehr gut da. Dies müsse allerdings differenziert betrachtet werden. Die Gesamtzahl der Fälle nahm von 1385 auf 1491 zu, das sind 7,7 Prozent. Bei der so genannten Häufigkeitszahl, die die absolute Zahl ins Verhältnis zu der Einwohnerzahl setzt und auf 100 000 Einwohner hochrechnet, liegt Überlingen knapp hinter Friedrichshafen mit an der Spitze im Bodenseekreis und deutlich über dem Landesdurchschnitt. Allerdings spiele hier wohl auch die Präsenz zahlreicher Touristen und Tagestouristen mit hinein, die den Vergleich etwas verfälsche, erklärte Revierleiter Günter Hornstein. Dies zeige sich auch am Beispiel von Meersburg, das anders als Salem oder Uhldingen-Mühlhofen leicht über dem Kreisdurchschnitt liege.
- Wohnungseinbrüche gesunken: Als Erfolg der aktiven Präventionsarbeit wertet die Polizei den deutlichen Rückgang der Wohnungseinbrüche von 36 Fällen im Jahr 2017 auf zwölf im Jahr 2018, das sind exakt zwei Drittel oder 66,6 Prozent weniger. Für das Sicherheitsempfinden der Bürger sei dies ganz wichtig und daher besonders erfreulich. Zumal bei Bekanntwerden von Einbrüchen das ganze Wohnumfeld betroffen und auch die Nachbarschaft besorgt sei. „Die politische Arbeit hat sich hier ausgezahlt“, erklärt Revierleiter Günter Hornstein. Neben der aktiven Prävention mit Sicherungsmaßnahmen an Türen und Fenstern sei auch die passive Prävention wichtig: das Vermeiden von überquellenden Briefkästen und lange Zeit geschlossenen Rollläden bei längerer Abwesenheit. Hornstein appellierte auch an alle Bürger, auffällige und möglicherweise verdächtige Beobachtungen in der eigenen Umgebung möglichst schnell „niederschwellig zu melden“. Nicht wie ein besonders rücksichtsvoller Überlinger, der seine Wahrnehmungen erst am nächsten Morgen bei der Polizei mit dem Hinweis zu Protokoll gab: „Ich wollte Sie nachts nicht stören.“
- Betrugsdelikte stark gestiegen: Von 200 auf 309 Fälle, also um 54,5 Prozent gestiegen ist die Zahl der Betrugsdelikte im Vorjahr. Wobei die Betroffenen ihr Missgeschick oft der eigenen Leichtfertigkeit zuzuschreiben hätten. Obwohl in den Medien häufig davor gewarnt werde, fielen immer noch zahlreiche Bürger auf den Enkeltrick oder den falschen Polizeibeamten herein. Die Polizei rufe nicht zuhause an mit dem Angebot, den Schmuck aus Sicherheitsgründen abzuholen, um ihn für die Bürger aufzubewahren, erklärte Hornstein. Viel mehr Vorsicht müssten die Menschen bei unglaubwürdigen Gewinnversprechungen walten lassen. Niemand gewinne im türkischen Lotto schnell mal 80 000 Euro, ohne sich beteiligt zu haben. In so einer Situation 3000 Euro an einen unbekannten Adressaten zu überweisen, um vermeintlich die große Summe zu erhalten, sei unverständlich.
- Rohheitsdelikte haben abgenommen: Rohheitsdelikte nennt die Polizei Schlägereien und ähnliche körperliche Gewalt. Sie haben im Vorjahr von 226 auf 208 Fälle abgenommen, berichtete der Überlinger Polizeichef. Entgegen immer wieder geäußerter Vermutungen gebe es bei diesen Vorfällen allerdings keinen einzigen örtlichen Schwerpunkt. Dies gelte auch für den Bahnhof Mitte, wo keine Häufung zu beobachten sei. Auch die großen Feste seien dank der ganz spezifischen Sicherheitskonzepte zuletzt nahezu störungsfrei abgelaufen. Veranstalter und alle Beteiligten seien damit sehr zufrieden gewesen.
- Zunahme der Sachbeschädigungen: Die Zahl der Sachbeschädigungen habe von 2017 auf 2018 von 185 auf 289 Fälle sehr deutlich zugenommen. Wobei hier mit 132 fast die Hälfte auf Beschädigungen von Fahrzeugen entfielen. Fast für eine Verdoppelung sorgte hier insbesondere Autokratzer „Hans“, der die Polizei mit über 60 Fällen in Atem gehalten habe. Dieser Vorgang beschäftigt bis heute die Staatsanwaltschaft mit den Ermittlungen.
- Anstieg bei Rauschgiftdelikten: Zugenommen habe die aktenkundig gewordene Drogenkriminalität mit 102 Fällen (im Jahr zuvor 79) zwar relativ deutlich. Doch sei es in diesen Fällen durchweg um Kleinstmengen und den persönlichen Konsum gegangen, erklärte Revierleiter Günter Hornstein. „Es gibt in Überlingen keine offene Drogenszene.“
Zahlen und Gefühl
Im Rahmen des Wahlkampfes habe er von Bürgern die Aussage gehört, sagte Stadtrat Ulf Janicke (LBU/Grüne): „Ich kann nicht mehr abends im Bereich Zimmerwiese alleine entlang gehen.“ Ob es dazu Befunde gebe, fragte Janicke Revierleiter Günter Hornstein. Die Polizei kenne derlei Aussagen ebenfalls, sagte Hornstein. Doch seien Bahnhof und Zimmerwiese kein Kriminalitätsschwerpunkt. „Das ist der typische Unterschied zwischen objektiver Sicherheit und subjektivem Sicherheitsempfinden“, betonte er. Objektiv sei der Bahnhof Stadtmitte nahezu unauffällig. „Aber subjektiv fühlen sich Bürger dort unwohl.“ Er könne dies auch ein Stück weit nachvollziehen. Offensichtlich löse allein die Anwesenheit mancher Personengruppen bei vielen Bürgern ein gewisses Unbehagen aus. Gemeinsam mit der Stadt habe man erste Schritte eingeleitet, um das Aufenthaltsgefühl zu verbessern. Ganz wichtig sei die bessere Ausleuchtung des Bahnhofsbereichs gewesen.