Ich würde gerne ein Thema aus dem Sommerinterview 2017 anschneiden, als Sie eine temporäre Innenstadtsperrung und den Bau einer Quartiersgarage ins Gespräch brachten. Jetzt gibt’s ein Hin- und Her mit der Hafenstraße aber von der temporären Innenstadtsperrung ist keine Rede mehr.

Nicht richtig, Herr Hilser. Wenn Sie die Diskussionen in den Ausschüssen und im Gemeinderat mitverfolgt haben, werden Sie wissen, dass das ein sensibles Thema ist. Es gilt, viele Anspruchs- und Interessengruppen mitzunehmen. Wir haben uns im Gemeinderat darauf verständigt, dass wir schrittweise vorgehen und der öffentlichen Diskussion breiten Raum geben. Ich bin froh über den Beschluss zur Sperrung der Hafenstraße, weil ich glaube, dass es der richtige Schritt für die Innenstadtentwicklung ist. Ich habe erkannt, dass man so etwas nicht im Hauruck-Verfahren einführen kann. Vor dem nächsten Schritt gilt es, viele Gespräche zu führen, auch mit dem WVÜ, der die Interessen der Händler vertritt. Aber das Thema temporäre Innenstadtsperrung ist für mich nach wie vor aktuell.

Lag ich mit meiner Grundannahme, dass sich seit dem Sommerinterview 2017 nichts getan hat, also nicht ganz falsch. Vielmehr haben Sie erkannt, dass das Thema sensibler ist als von Ihnen angenommen, als Sie voriges Jahr damit mutig an die Öffentlichkeit gingen.

Das möchte ich so nicht verstanden wissen. Ich stehe dazu. Für mich ist das Thema nach wie vor gesetzt.

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Sie wollen die temporäre Innenstadtsperrung also nach wie vor?

Ich möchte sie nach wie vor, weil ich der festen Überzeugung bin, dass es das richtige Instrument ist für unsere Stadt.

Was wird auf dem Weg dahin der nächste Schritt sein?

Der nächste Schritt wird sein, dass wir jetzt endgültig umsetzen, was für die Hafenstraße beschlossen wurde – Sperrung für den motorisierten Individualverkehr und Öffnung als Fahrradstraße in beide Richtungen.

Wann kommt das?

Mit dem Umbau des Landungsplatzes. Wir fangen im Herbst mit dem Landungsplatz an, also zum Jahreswechsel 2018/19. Das ist der erste Schritt. Man darf ja eines nicht vergessen, wir bewegen uns hier im kommunalpolitischen Bereich, wenn es um eine temporäre Innenstadtsperrung geht. Der Oberbürgermeister kann sagen, dass für ihn das Thema gesetzt ist. Aber man muss natürlich auch darauf bedacht sein, all diejenigen, die dort Interessenlagen haben, in diesem Prozess mitzunehmen. Es sind viele Gespräche und gemeinderätliche Diskussionen zu führen.

Haben Sie den Zorn der Einzelhändler gegen eine Innenstadtsperrung unterschätzt?

Nein. Das hat damit nichts zu tun. Ich glaube auch gar nicht, dass es diesen Zorn, wie Sie ihn benennen, gibt. Es gibt Sorgen. Aber ich spüre aus der Händlerschaft, dass es auch andere Stimmen gibt, die sagen, wir können diesen Weg mitgehen – aber eben auf eine behutsame Art und Weise.

Behutsam den Weg zu gehen, war immer schon der Plan, von außen nach innen zu beruhigen, angefangen mit dem Parkleitsystem. Wann kommt das eigentlich?

Im September werden die Anzeigentafeln aufgestellt. Mir geht das auch zu langsam. Der ganze Prozess hätte schneller gehen können, da bin ich bei ihnen. Aber ich bin zufrieden, dass wir diesen Schritt nun gehen können. Nach Beschluss zur Schließung der Hafenstraße und Öffnung als Fahrradstraße werden wir im Gemeinderat die temporäre Innenstadtsperrung diskutieren. Das kann ein spannender Herbst und ein spannender Frühling werden. Interessant ist auch, dass in nächster Zeit die Kommunalwahl ansteht. Da wird natürlich die Frage lauten, inwiefern der Gemeinderat bereit ist, dieses sensible Thema vor der Kommunalwahl anzugehen. Aber ich glaube, wir sind gut beraten, es trotz Kommunalwahl zu diskutieren, weil das Thema für die Stadt so wichtig ist.

Kommunalwahl ist ein gutes Stichwort. Machen Sie sich Sorgen?

Wovor? Warum? Das ist ein demokratischer Prozess. Welche Sorgen sollte ich vor dieser Wahl haben?

Dass radikale Kräfte gestärkt werden.

Sagen wir mal so: Wir haben eine parlamentarische Demokratie mit handelnden Parteien, Wählergruppierungen und Wählervereinigungen, die natürlich gefordert sind, sich auch in der Kommunalwahl zu positionieren und die Sorgen und Nöte der Bürgerschaft aufzunehmen. Natürlich macht man sich Gedanken, auch vor der Entwicklung auf bundes- und landespolitischer Ebene. Aber ich glaube, dass eine Demokratie auch gefordert ist, mit derartigen Fragestellungen umzugehen. Ich habe keine Angst davor, und bin bereit, Diskussionen und Auseinandersetzungen mit radikalen Kräften zu führen. Sie werden mit zunehmendem Fortschreiten in Richtung Kommunalwahl kommen. Als demokratische Partei, egal welcher Couleur, ist man gefordert, sich fachlich fundiert zu positionieren und dagegen zu halten.

Sie haben es angesprochen, dass Sie darauf gespannt sind, ob vor der Kommunalwahl das Thema Verkehrsberuhigung angegangen wird oder nicht. Gibt es Themen auf Ihrer Liste, von denen Sie sagen, dass sie aus strategischen Gründen noch mit dem jetzigen Gemeinderat auf den Weg gebracht werden sollten?

Wir haben einige Fragestellungen, die wirklich dringend sind für die Stadt. Dazu gehören auch kommunalpolitisch unkritische Themen wie der Feuerwehr-Ausrückebereich Ost. Auf kommunaler Ebene arbeiten wir sehr sachorientiert. Beispiel „Anschlussunterbringung für Flüchtlinge“ auf dem Schättlisberg: Da wir bis zu einer bestimmten Zeit hier Menschen unterbringen müssen, gibt es einen Zeitplan, den wir einzuhalten haben. Da kann ich keine Rücksicht nehmen auf Strategie oder sonstiges. Fakt ist: Menschen müssen untergebracht werden. Ich habe eine klare Beschlusslage des Gemeinderats. Nun ist es an uns, umzusetzen. Das kann man hier auch recht gut. Städtebaulich haben wir eine anspruchsvolle Lösung geplant, in einer überschaubaren Größe, in der Menschen ein Zuhause finden. Da nehme ich keine Rücksicht auf Strategien, da muss argumentiert und umgesetzt werden.

Sie sprechen den Fall an, dass die AfD kommunalpolitisch an diesem Beispiel in Erscheinung treten würde?

Ich habe keinen Bezug auf eine spezielle Partei genommen, das mache ich nicht, weil ich nicht weiß, welche Parteien antreten. Ich wollte lediglich signalisieren, dass ich argumentativ so auftreten werde, dass es nicht viel Raum gibt, um Angriffsfläche zu bieten. Und ich werde es auch aushalten, wenn es verbale Angriffe gibt, die ich übrigens tagtäglich bekomme, über E-Mails und sonstiges. Es ist nichts Neues für uns und leider auch Bestandteil unserer Aufgabe.

Eine der anstehenden Großbaustelle ist der Bau des Pflanzenhauses für die Landesgartenschau. Was geht hier?

Also, wir hatten ursprünglich mit einem Architekten ein Pflanzenhaus geplant, das sich entsprechend der Bauweise des Parkhauses Therme darstellt. Interessanterweise ließ sich dies weder aus pflanzlicher Sicht darstellen, weil die angedachten Folien und Balken ungeeignet waren, noch unter Kostengesichtspunkten. Das Budget von 1,3 Millionen Euro, von denen 50 Prozent gefördert werden, ist gesetzt. Wir haben geprüft, was man innerhalb dieses Rahmens hinbekommt und erhielten vom Architekten den Entwurf für ein Pflanzenhaus mit einer Grundfläche von ca. 250 Quadratmetern. Das ist viel zu klein, wir benötigen 700 bis 800 Quadratmeter, um große Teile unserer wertvollen Kakteensammlung unterzubringen. Das war die Situation vor einem Jahr, es wurde die Reißleine gezogen und wir verzichten auf die Umsetzung des ursprünglichen Siegerentwurfes. Es wurde anschließend eine Funktionalausschreibung durchgeführt, für die uns nun die Bieterentwürfe vorliegen. Diese werden am 17. September im Gemeinderatsausschuss vorgestellt und vorberaten, am 26. September im Gemeinderat. Die Fertigstellung ist im ersten Quartal 2020 geplant. Das wird eine Punktlandung – wie es sich gehört bei einer Landesgartenschau!

Am ursprünglich geplanten Standort?

Am ursprünglichen Standort zwischen LGS-Geschäftsstelle und Therme.

Haben Sie die Entwürfe schon gesehen?

Ich habe da schon etwas gesehen…

Geht für diesen Preis etwas einigermaßen Ansehnliches?

Das ist ja das Interessante. Es gibt eine Vielzahl von Herstellern für diese Pflanzenhäuser. Im September werden wir mehr sehen.

Dann sind wir vermutlich nahe bei dem, was Gemeinderat Walter Sorms vor über einem Jahr vorgeschlagen hat…

Herr Sorms hatte natürlich seine eigenen Vorstellungen. Es kommt aber dem nahe, was er vorgeschlagen hat. Seine Bemühungen muss man ihm – vor dem Hintergrund der damals erwarteten Kostenexplosion – hoch anrechnen. Insofern war es wichtig, dass das, was im Gemeinderat diskutiert und reflektiert wurde, in die weiteren Überlegungen mit einfloss.

Den ersten Teil des Interviews, in dem Jan Zeitlerunter anderem über seine Ideen zum Kramer-Areal spricht, lesen Sie hier:

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