Eva-Maria Bast

Den alten Schlachthof in Überlingen wird Metzgermeister Fridolin Zugmantel nie vergessen: "Schon als kleiner Junge bin ich mit meinem Vater Fritz Zugmantel an den Schlachthof gefahren, um das Vieh am Abend oder Nachmittag vor der Schlachtung im Stall unterzubringen", erzählt er und erinnert sich auch an den Schlachthofverwalter, der im Verwaltungsgebäude, im heutigen Kunkelhaus, lebte. Der hieß Max Katzenmeyer und "er wirkte auf mich sehr streng und korrekt und wenn man um fünf Minuten nach 12 Uhr mittags am Schlachthof ankam, hatte er Mittagspause und das Vieh konnte erst ab 13 Uhr abgeladen werden."

Und noch mehr hat Fridolin Zugmantel zu berichten: "Als ich ab und an an den Schlachttagen mit dabei sein durfte, war ich beeindruckt, welchen Berufsstolz die ansässigen Metzger hatten und welche Freude, wenn sie ein Schlachttier piccobello sauber enthäutet hatten oder das Schlachtschwein glatt war wie ein Babypopo. Da lernte ich perfekte Handwerksarbeit kennen und mit der Zeit wusste ich genau, welcher Metzger welche Arbeit am besten konnte."

"Der Schlachthof ist dein viertes Kind"

Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre hätten sich die Kommunen immer mehr aus der Verantwortung in den städtischen Schlachthäusern zurückgezogen "und alle Schlachthäuser in der Region wurden geschlossen". In Überlingen bildete sich damals die Schlachthofinitiative (SIÜ). Sie erhielt den alten und plante und baute den neuen Schlachthof. "Über 20 Jahre war ich Geschäftsführer der SIÜ GmbH und meine Frau sagte oft: Der Schlachthof ist dein viertes Kind. Meinem unnachgiebigen Willen und der tatkräftigen Unterstützung meines Bruders bei den Förderanträgen ist es zu verdanken, dass heute der neue Schlachthof steht", sagt Zugmantel.

Als der neue Schlachthof dann funktionsfähig war und der alte abgerissen wurde, hatte Fridolin Zugmantel "schon ein wehmütiges Gefühl, weil doch sehr viele Erinnerungen daran hingen, gleichwohl war mir natürlich auch klar, dass dies nicht mehr der richtige Platz für einen Schlachthof war." Der alte, 1912 eingeweihte, Schlachthof stand dort, wo heute der Parkplatz neben dem Kunkelhaus ist.

Schlachthof zur Großviehschlachtung

Die Geschichte der Überlinger Schlachthäuser reicht noch weiter zurück. Eine Gruppe von Schülern der Jörg-Zürn-Gewerbeschule hat dazu unter der Leitung von Oswald Burger im Februar 2001 eine Projektarbeit gemacht: Das erste Überlinger Schlachthaus wurde bereits 1876 für 17 200 Mark auf der Zimmerwiese errichtet. "Der Schlachthof diente ausschließlich der Großviehschlachtung", ist der Projektarbeit zu entnehmen. Doch dieser Schlachthof reichte nicht lang aus: "Die Notwendigkeit der Erweiterung zeigte sich schon Ende der 80er Jahre, es begannen langwierige Verhandlungen zwischen dem Bürgerrat und der großdeutschen Regierung." Am 16. Dezember 1910 sei dann schließlich die Entscheidung zum Neubau des Überlinger Schlachthofs gefallen. Ab April 1911 wurde gebaut, 138 000 Mark hat's gekostet und die Bauzeit dauerte ein Jahr. Der Schlachthof bestand im Wesentlichen aus drei Gebäuden: dem Schlacht- und Verwaltungsgebäude und dem Düngerhaus. "36 Jahre nach dem Bau des ersten Schlachthauses feierte die Überlinger Bevölkerung eine pompöse Einweiungsfeier des neuen Schlachthofs", steht in der Projektarbeit.

"Ein imposanter Festzug", wie der Seebote schrieb, habe sich vom Rathaus zur Zimmerwiese bewegt. Und weiter: "Voraus die Überlinger Stadtmusik in schmucker Uniform", dann die Metzger, der Stadtrat und der Bürgerausschuss. "Nach vielen Dank- und Lobesreden zog die Gesellschaft durch die Überlinger Kneipen", steht in der Projektarbeit. Einen neuen Schlachthof muss man schließlich kräftig begießen.