Drei Jahre ist es her, da erklärte der Überlinger CDU-Stadtrat und Einzelhändler Ulrich Krezdorn bei einer Veranstaltung der Fraktion LBU/Die Grünen sein Verkehrskonzept. Krezdorn erhielt von dieser Partei damals Beifall für seine Fünf-Punkte-Lösung zu einer verkehrsberuhigten Innenstadt. Aufgeschrieben hatte er die Punkte auf einem Blatt Papier.
Konzept seit 2016 auf zwölf Seiten angewachsen
Nun ist seit 2016 viel Zeit vergangen und das Krezdorn‚sche Konzept ist auf zwölf Din-A-4-Seiten inklusive vieler Zeichnungen angewachsen. Vom Radwegenetz bis hin zur Fernwärme macht sich der Mann, der seit 25 Jahren im Überlinger Stadtrat sitzt, seit Jahren Gedanken – ohne dass bisher seine Ideen umgesetzt wurden. Wie verzweifelt ist der Mann, der sich in dem Werk mit dem Titel „Vision oder Programm“, das er an alle Fraktionen verschickt hat, selbst als Dickkopf bezeichnet?
Verwaltung „wehrt vernünftige Vorschläge erst einmal ab“
Ulrich Krezdorn lacht: „Ja, ich bin ein Dickkopf, das heißt, ich bin extrem hartnäckig. Und das muss man schon sein, um eben gerade nicht zu verzweifeln.“ Krezdorn erklärt, er habe sich abgewöhnt, verzweifelt zu sein, da deutsche Verwaltungen im Allgemeinen, aber auch die Stadtverwaltung seiner Heimatstadt vernünftige Vorschläge immer erst einmal abwehrten. Es gebe schlicht zu viele Paragrafen, warum etwas nicht geht, erklärt der Stadtrat.
Transitverkehr soll aus der Innenstadt gehalten werden
Unter der Überschrift „Durch Überlingen fährt man nicht durch, sondern man fährt hin und steigt aus“ möchte der Optikermeister und Geschäftsmann den Transitverkehr aus der Innenstadt heraushalten. Anwohnern und Kunden müsse ein nahes Parken erlaubt und ermöglicht sein, betont Krezdorn. Er befindet sich mit seinem Geschäft direkt an der Ecke Franziskaner- und Christophstraße, quasi am Hotspot der Innenstadt. Er kenne daher die Problematik „Einzelhandel versus Verkehr“ wirklich gut.

Priorität liegt auf den Radfahrern
„Ich wünsche mir endlich den großen Schritt zur verkehrsberuhigten Innenstadt im Jahr 2021; die Priorität liegt auf den Radfahrern“, erklärt der Mann, der diese in seinem Programm auch mal als Radler-Horden bezeichnet. „Rüpel gibt es immer, auch als Rad- und als Autofahrer.“ Mit seinem Konzept wolle er jedoch die Situation der Radfahrer in Überlingen erheblich verbessern. „Für das Auto ist unsere Innenstadt nicht geschaffen, für das Rad schon.“
Tunnel unter der Münsterstraße wird es nicht geben
Einen Tunnel unter der Münsterstraße zum langsam Durchfahren und Parken, wie unlängst von seinem Ratskollegen Walter Sorms visioniert, werde es in Überlingen nicht geben, ist sich Krezdorn sicher. Das gleiche gelte für den „Shared Space“, also den geteilten Raum für Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer. Krezdorns Konzept fußt auf seiner Idee, den Autoverkehr bereits am Fischerbrunnen bei der ehemaligen Kurapotheke zu stoppen, also die Bahnhofsstraße in eine Sackgasse zu verwandeln. Durch „Ventile“, gemeint sind Poller und ähnliches, sollen auswärtige Fahrzeuge am Fischerkreisel und am Franziskanertor an der Weiterfahrt gehindert werden.
Anlieger und Kunden sollen einfahren, ein- und ausladen können
Anliegern und Kunden soll die Durchfahrt und ein Halten in der Innenstadt ermöglicht werden. „Es ist für mich essentiell wichtig, dass meine Kunden direkt vor meinem Geschäft aussteigen dürfen; wohlgemerkt: aussteigen heißt nicht parken“, erklärt Krezdorn. Per Zahlencodes oder Handy-App sollen die auswärtigen Fahrzeuge von den zufahrtsberechtigten unterschieden werden. Krezdorn sagt, das sei technisch machbar. Durch zwei große Park-and-Ride-Plätze sollen Überlingens Besucher den nötigen Parkraum erhalten.
Ob die Verkehrsprobleme bis zu seinem 95. Geburtstag gelöst sind?
Krezdorn spricht in seiner Vision von „geilen Shuttles“, die zwischen den Parkplätzen und der Innenstadt pendeln. Der 62-jährige Stadtrat schmunzelt bei der Frage, ob die Stadt ihr Verkehrsproblem wohl gelöst habe, wenn er seinen 95. Geburtstag feiert: „Ich weiß es nicht, werde aber immer weiter bohren. Ich bin ungeduldig, man muss mal mutig sein. Es kann doch so nicht weitergehen. Die Einsicht ist bei allen da, nun müssen endlich die Stellschrauben gedreht werden.“

Zuspruch von CDU sowie LBU/Die Grünen
In seinem Epilog zum Programm fordert er seine Ratskollegen auf, den umfangreichen Stoff in Etappen zu „genießen“. Ulrich Krezdorn schreibt: „Die FDP möchte die Münsterstraße wieder für den Verkehr öffnen, die neue Fraktion am Ratstisch will den ‚Shared Space‘ und damit die ganze Altstadt dem Verkehr kreuz und quer öffnen, ein Einzelner will die Münsterstraße untertunneln.“ Zuspruch für sein Zwölf-Seiten-Programm findet der Stadtrat der CDU außer in seiner eigenen Fraktion wieder ausschließlich bei der LBU/Die Grünen. Daran hat sich seit 2016 nichts geändert.