Der Stammsitz der Volksbank Überlingen liegt unverändert seit Gründung 1924 am Landungsplatz. Bis zum Hundertjährigen sollte längst das neue Domizil an der Lippertsreuterstraße bezogen werden. Nun bremste der Gemeinderat das Bauvorhaben in einer turbulenten Sitzung aus.

Konkret ging‘s in der Gemeinderatssitzung am Mittwoch um die Aufstellung eines Bebauungsplans für die Ecke Waldhorn-/Lippertsreuterstraße. Diesem stimmte das Gremium zu, aber nicht dem gewünschten Flächenkonzept. 13:13 lautete das Abstimmungsergebnis, das bedeutet: Antrag abgelehnt. Das Projekt liegt damit vorerst auf Eis.

„Schluchtenwirkung“

Wie wird die Ablehnung begründet? Vor allem mit dem als zu gering empfundenen Abstand zwischen Gehweg und Gebäude von 1,5 Metern. Die Fraktionen von LBU/Die Grünen sowie BÜB+ forderten einen Abstand von 3,0 Metern, um eine „Schluchtenwirkung“ entlang der Lippertsreuter Straße zu vermeiden. Kristin Müller-Hausser (BÜB+) sagte: „So etwas ist vielleicht in Manhattan möglich.“

Erklärung von LBU/Die Grünen

Marga Lenski (LBU/Die Grünen) sagte, dass Gestaltungsbeirat und Stadtplanung bereits gegen den detailliert vorliegenden Architekturentwurf „erhebliche Bedenken“ vorgebracht hätten, insbesondere in Bezug auf die geringe Entfernung zwischen angestrebter Baugrenze und Grundstücksgrenze. Daraufhin habe die Volksbank erklärt, dass sie keine Möglichkeit sehe, an dem Entwurf noch größere Änderungen vorzunehmen. Der städtebauliche Vertrag und der angestrebte Angebots-Bebauungsplan räume der Volksbank weitreichende Freiheiten in der Bebauung und der Verwendung des Grundstücks ein. Deshalb sei es „unabdingbar“, Rahmenbedingungen derart festzulegen, „dass ein verträgliches städtebauliches Gesamtkonzept sichergestellt werden kann“. Das betreffe vor allem die Höhenentwicklung und die Baugrenzen.

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Mit Berufung auf die Stadtplanung

Lenski berief sich auf die Fachexperten der Stadtplanung, die hierzu festgestellt hätten: „Die von Seiten der Stadt gewünschte Aufwertung des Straßenraums und des Stadteingangs wird nach interner und externer Bewertung leider nicht erreicht. […] Abschließend betrachtet, wurden aus Sicht der Stadtplanung die Empfehlungen des Gestaltungsbeirates nicht zufriedenstellend eingearbeitet. Die Inflexibilität im Hochbauentwurf, der lediglich für das Bauleitplanverfahren eine Fiktion darstellt, verhindert ein städtebaulich überzeugendes Konzept.“ Die Forderung nach drei Metern Abstand sei deshalb statthaft und stelle für den Vorhabenträger nur insofern eine Härte dar, „weil er in seiner Planung bereits in einen Detailgrad gegangen ist, der dem Stand des Verfahrens nicht angemessen ist“. Für den Gemeinderat könne das aber kein Grund sein, auf wichtige städtebauliche Rahmenbedingungen zu verzichten.

Kritik an den Kritikern

Kritik an der Kritik äußerten CDU, FWV/ÜfA, FDP sowie Michael Wilkendorf (SPD), dessen Fraktion in dieser Frage gespalten war. Robert Dreher (FWV) sagte: „Wir erleben zum wiederholten male, dass Beschlüsse innerhalb kurzer Zeit wieder infrage gestellt werden.“ Der Beschlussvorschlag entspringe einem Kompromiss, der im Ausschuss getroffen worden sei, den die LBU vorgeschlagen habe, und der aus Anregungen des Gestaltungsbeirats entstanden sei. „Nun möchte man wieder von vorne anfangen. Das Misstrauen dem Projektträger gegenüber kann ich nicht verstehen.“ Günter Hornstein sagte: „Wir erleben eine Entwicklung, die über mehrere Monate entstanden ist. Im Bauausschuss haben wir nachjustiert und das Ergebnis für gut befunden. Es jetzt so so infrage zu stellen, da frage ich mich: Welche Verlässlichkeit hat die Stadt gegenüber unseren Wirtschaftsbetrieben? Wenn wir so weiter machen, sehe ich für unseren Wirtschaftsstandort schwarz.“

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Dreiseitl fehlt das Vertrauen

Herbert Dreiseitl (LBU/Grüne) kritisierte, dass auf Kernpunkte und Forderungen des mobilen Gestaltungsbeirats nicht eingegangen worden sei. Ihm fehle mittlerweile das Vertrauen. Es gehe um Qualität und um einen Präzdenzfall, ein Ja könne er gegenüber der Bevölkerung nicht verantworten. Dreiseitl: „Ich plädiere dafür, nicht erpressbar zu sein. Dafür ist die Entscheidung zu gravierend.“

Hornstein darüber entsetzt

Hornstein wies Dreiseitls Beitrag zurück, er sei entsetzt über die Wortwahl. „Die Volksbank erpresst nicht, die Kollegen fühlen sich nicht erpresst – das wären Straftatbestände.“

Ulf Janicke (LBU/Grüne): „Es geht nicht um mangelndes Vertrauen, nicht um eine Gefährdung des Wirtschaftsstandorts. Wer genau zugehört hat: Es geht uns nur darum, dass wir diesen Streifen von 3 Metern möchten. Wir haben nur versucht, es vernünftig zu begründen und wollen uns nicht in eine Ecke stellen lassen, die nicht sachgerecht ist.“