Die Wanderung der Realschüler zu ihren Klassenzimmern von der Seeschule zur heutigen Musikschule und bis zum Rauensteinschlösschen hatte 1976 erstmal ein Ende. Im Oktober 1976 wurde die Realschule mit 16 Klassenzimmern für 760 Schüler bezogen. Die Raumnot allerdings fand kein Ende, denn schon zwei Jahre später herrschte erneut ein akutes Platzproblem an der „grünen Schule“, wie der Neubau aufgrund seiner Farbe im Volksmund genannt wurde.

Die Überlinger Realschule, wie sie heute aussieht. Erweiterungen wie die Mensa kamen im Laufe der Jahrzehnte hinzu, nun folgt die neue ...
Die Überlinger Realschule, wie sie heute aussieht. Erweiterungen wie die Mensa kamen im Laufe der Jahrzehnte hinzu, nun folgt die neue Sporthalle. | Bild: Realschule

Immer wieder wurde erweitert

In Ermangelung einer Sporthalle wanderten die Klassen weiterhin zum Sportunterricht in die Turnhalle auf dem Burgberg – bis zum Bau der eigenen Sporthalle im Jahre 1981. Stetig steigende Schülerzahlen der 1967 selbstständig gewordenen Schulform zwangen weiterhin zum Ausweichen in externe Gebäude und zu neuer Expansion. So erfolgte 1992 der Spatenstich zu einem 7-Millionen-Euro-Projekt der Erweiterung – und damit 1993 zu dem Ende der Wanderjahre. Im Zuge des geplanten Schulcampus` erfolgte 2018 der Spatenstich zur neuen Turnhalle, einem 27-Millionen-Euro-Projekt. Die 37 Jahre alte Halle musste aufgrund baulicher Mängel komplett abgerissen werden.

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Schulform ist nach wie vor beliebt

Aktuell besuchen 692 Schüler die Realschule, die Beliebtheit dieser Schulform sei belegbar ungebrochen, erklärt Karin Broszat, die heutige Rektorin. Sie ist Landesvorsitzende des Realschullehrerverbands Baden-Württemberg (RLV). Sie folgte den Fußstapfen Erich Mufflers, dem ersten Rektor im neuen Gebäude. Den Rektoren zwischen 1972 und 2013 – Rockenstein, Bruker, Scheurer und Hepp – folgte die erste Frau an der Spitze der Schule.

Architekt Dietmar Kolberg, Rektor Konrad Scheuer und Überlingens damaliger Bürgermeister Reinhard Ebersbach beim Spatenstich zum ...
Architekt Dietmar Kolberg, Rektor Konrad Scheuer und Überlingens damaliger Bürgermeister Reinhard Ebersbach beim Spatenstich zum Erweiterungsbau der Realschule im Jahre 1990.
Ralf Mittelmeier (links), dienstältester Lehrer an der Realschule, Rektorin Karin Broszat und Konrektor Sascha Ziegelbauer stellen den ...
Ralf Mittelmeier (links), dienstältester Lehrer an der Realschule, Rektorin Karin Broszat und Konrektor Sascha Ziegelbauer stellen den Spatenstich von 1992 nach. An Stelle des Fahrradständers befindet sich heute der Schulgarten. | Bild: Stef Manzini

Ralf Mittelmeier ist dienstältester Lehrer

Seit den 1970er Jahren dabei und damit dienstältester Lehrer ist Ralf Mittelmeier. Er unterrichtet Sport und Technik. Der gebürtige Stuttgarter trat 1979 seine erste Stelle als Lehrer in Überlingen an. Er wird im kommenden Jahr nach 41 Jahren an der Realschule in den Ruhestand gehen. Highlights nennt Mittelmeier das 50. Jubiläum der Schule im Jahr 2017, die Schul-Musicals und die Segel-AG. Er wünscht seiner Schule für die Zukunft: „Dass der über viele Jahre erfolgreiche Schultyp Realschule von der Landespolitik wieder mehr Unterstützung erfährt. Auch wünsche ich viel Durchhaltevermögen und Gelassenheit, wenn mal wieder, nach einem Regierungswechsel im Land, eine Lehrplanrevision ins Haus steht.“

Pädagogik im Wandel der vergangenen 50 Jahre

Gemeinsam machen sich Karin Broszat und Ralf Mittelmeier Gedanken über die geänderte Pädagogik der vergangenen 50 Jahre. Als Mittelmeier 1979 an die Realschule Überlingen kam, gab es dort noch Lehrkräfte des „alten Schlages“, wie er sich erinnert. Manchem Kollegen sei damals schon mal die Hand ausgerutscht und insgesamt war das Vermitteln des Lehrstoffes viel rigider als heute. Doch mit dem Einzug vieler junger Lehrkräfte zog auch ein neuer Stil in der „grünen Schule“ ein.

Auch die aktuelle Aufnahme zeigt eine Frontalsicht auf die Schule mit dem Haupteingang. Im Zuge des Schulcampus entstand die Baustelle.
Auch die aktuelle Aufnahme zeigt eine Frontalsicht auf die Schule mit dem Haupteingang. Im Zuge des Schulcampus entstand die Baustelle. | Bild: Stef Manzini

Rektorin Broszat erklärt: „Die Pädagogik wandelte sich in den letzten Jahrzehnten an allen Schularten hin zu größerer Methodenvielfalt und suchte neue Wege neben dem Frontalunterricht.“ Die Lehrkräfte arbeiteten wesentlich schülerorientierter und suchten eine Anknüpfung an die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen. Schule und Elternhaus wurden im Wandel der Zeit viel liberaler, bis hin zu daraus resultierenden Auswüchsen, die Lehrer an Schulen heute leider auch beklagen müssten, weiß Karin Broszat.

Deutliche Kritik an Bildungspolitik

Politisch wird die Rektorin, wenn sie darauf abhebt, „dass wohl kaum einer gedacht hätte, dass eine Schulart, die so leise und bescheiden, modern und erfolgreich daherkommt, einmal unter einen solchen großen politischen Druck gerät“. Unter der grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg und der von ihr bevorzugten Schulart Gemeinschaftsschule, findet Broszat, sei das Schulsystem zutiefst erschüttert und destabilisiert worden.

„Verhängnisvolle Verschiebungen“ durch Abschaffung der Grundschulempfehlung

Durch die Abschaffung der Grundschulempfehlung – da sind sich Broszat und Mittelmeier einig – kam es „bildungstektonisch zu verhängnisvollen Verschiebungen“. Die kaum zu bewältigende Schülerheterogenität und fehlende Hauptschulen in der Umgebung erschwerten die pädagogische Arbeit der Lehrkräfte an den Realschulen, konstatieren die Pädagogen. „Unsere Stärke ist: Wir bringen Kinder mit unterschiedlichem Leistungsvermögen zum mittleren Abschluss. Unter den Schulabgängern gibt es den Handwerker und die Ingenieurin“, sagt Rektorin Broszat. Sie freue sich darüber, dass die Realschule von den Eltern ungebrochen geschätzt und auch nachgefragt würde.