Es ist kurz nach 15 Uhr. Im Altenzentrum der Diakone in der Maurus-Betz-Straße sitzen Bewohner des Betreuten Wohnens bei Kaffee und Kuchen zusammen und unterhalten sich ausgelassen. Ein Mann geht zwischen den Tischen umher, begrüßt die Leute, hält kurze Schwätzchen.
Das freundliche Auftreten verbirgt eine hinterlistige Absicht. Er hält Ausschau nach Taschen, Mobiltelefonen oder Geldbeuteln – mögliches Diebesgut. Auf einem Tisch liegt eine kleine Handtasche. Der Mann breitet eine Broschüre vor der Besitzerin aus und bittet sie, ihm den Weg zum Münster zu beschreiben. Mit dem Heftchen verdeckt er den Tisch und die Tasche. Dann ist er wieder weg – und die Handtasche auch.

Tricks funktionieren immer wieder
In Gefahr sind die Senioren an diesem Nachmittag nicht. Peter Köstlinger ist kein Betrüger oder Dieb, sondern Kriminalhauptkommissar und Experte für Kriminalitätsprävention beim Polizeipräsidium Konstanz. Zu seinen Aufgaben gehört es, Menschen über die Tricks von Betrügern, Dieben und Einbrechern aufzuklären.
In das Altenzentrum ist er auf Einladung von Gisela Klumpp-Keil, Leiterin des Betreuten Wohnens, gekommen. "Ich möchte, dass das Thema präsent ist", sagt sie. Denn sie kenne die Maschen von Telefonbetrügern und Co nur zu gut. "Ich kenne es von daheim. Mein Mann gewinnt reihenweise BMW."

Besonders Senioren sind gefährdet
Gerade Menschen höheren Alters seien beliebte Ziele, sagt Peter Köstlinger. "Sie sind schnelle und einfache Opfer." Die Betrugsmaschen sind dabei vielfältig: Vermeintliche Enkel bitten um Geld, falsche Polizisten wollen angeblich Geld und Wertsachen in Sicherheit bringen und vorgebliche Paketboten oder Handwerker bitten um Einlass in die Wohnung.

Auf der Straße erweisen sich scheinbar harmlose Anfragen – die Frage nach dem Weg oder die Bitte um Geldwechsel – als Ablenkungsmanöver und manipulierte Geldautomaten lesen beim Einstecken die Geldkarte aus, während eine Kamera die Geheimnummer filmt.
Tipps vom Experten
Nicht nur für Senioren gilt also, aufmerksam zu sein. Der Polizeibeamte hat zudem noch einige Tipps für den Alltag im Gepäck. So warnt er davor, die Handtasche an der straßenzugewandten Seite zu tragen. Das mache es Dieben auf Fahrrädern leichter, sich die Beute beim Vorbeifahren zu greifen.
Bei Reisen sollte der Briefkasten von Nachbarn oder Familienmitgliedern geleert werden. Ein voller Briefkasten sei "ein Signal, dass da keiner daheim ist", warnt der Polizist. Kleingeld trage er selbst nicht mehr im Geldbeutel, sondern lose in der Hosentasche herum. Beim vermeintlichen Geldwechseln kommen die Diebe dann nicht so leicht an die Scheine, auf die sie es tatsächlich abgesehen haben.

Angehörige müssen Thema ansprechen
Was kann ich als Sohn, Tochter oder Enkel tun, um Eltern oder Großeltern vor Betrügern zu schützen? Man sollte sich zusammensetzen und die einzelnen Fälle durchgehen, sagt Peter Köstlinger, während er eine Informationsbroschüre hochhält. "Man kann auch gerne Rollenspiele machen. Man muss das durchsprechen."
Und wie ist zu verhindern, dass Oma das eigene Konto leer räumt, um es vermeintlichen Polizisten zu übergeben? Eine Vollmacht für das Konto zu haben, helfe hier wenig, meint der Polizist. "Die Senioren haben trotzdem weiter die Vollmacht, es sei denn, sie sind nicht mehr geschäftsfähig." Sinnvoll sei es, mit der entsprechenden Bank zu sprechen und zu versuchen, eine Übereinkunft zu erreichen. Zum Beispiel, dass Kind oder Enkel bei größeren Geldabhebungen informiert werden. Das sei zwar rechtlich nicht so einfach, aber "ich würde es probieren", sagt der Betrugsexperte.