Die Neugier war eine ihrer Antriebsfedern. Wachsen Melonen am Bodensee? Michaela und Thomas Rösch können nach ihrer ersten Saison diese Frage mit Ja beantworten. Ob ein Anbau auch wirtschaftlich betrieben werden kann, ist für die jungen Landwirte allerdings noch ungewiss. Durch die Anschubfinanzierung sei das erste Jahr ein Minus-Geschäft gewesen, bilanzieren sie. Sie sind aber zuversichtlich, dass in Zukunft eine Chance besteht, damit als Landwirte ein Auskommen zu erzeugen.
Bei der Ernte das Gehör schulen
Jetzt kniet das junge Paar auf dem Acker und hämmert mit den Fingerknöcheln gegen die Feldfrüchte. Ihren kleinen Sohn haben sie mitgenommen. Dem Kindergartenkind macht es sichtlich Spaß, wie auf einer Trommel gegen die Melonen zu klopfen, um herauszufinden, ob sie reif sind.

Das Herauszuhören, benötigt viel Erfahrung. Es soll hohl klingen, und trotzdem stellen sie manchmal überrascht beim Aufschneiden fest: Nein, die war doch noch nicht so weit. Oder: ups, schon überreif! Eine weitere Orientierung ist der Farbfleck an dem Punkt, an dem die Melone auf der Erde liegt: Schön gelb soll er sein.
Umbau von Milch auf Sonderkulturen
Nach der Hofübernahme durch Junior Thomas Rösch verabschiedeten sie sich von ihren Milchkühen und setzen voll auf den Anbau von Sonderkulturen wie Kartoffeln, Kürbis oder Paprika. Wassermelonen wären ein Alleinstellungsmerkmal. Es gibt bislang nur gut eine Hand voll Landwirte in der Bodenseeregion und im Hegau, die sich an dieser in Südeuropa heimischen Ackerfrucht versuchen, schätzt Rösch. Dazu gehört beispielsweise Gemüsebauer Philipp Buhl aus Hilzingen. Aber auch Hobbygärtner experimentieren mit der Frucht.
Die Betonung liegt auf Experimentieren. Denn während die Bauern beim herkömmlichen Ackerbau auf die Erfahrungen der Generationen vor ihnen zurückgreifen können, beackern Michaela und Thomas Rösch im wahrsten Sinn Neuland. Thomas Rösch: „Ich muss meine eigenen Erfahrungen sammeln. Das kann Dir keiner sagen, wie es geht.“ Erste Anhaltspunkte habe er dieses Jahr gesammelt und weiß nun, was er nächstes Jahr verbessern möchte.
Suche nach Vermarktungswegen
Die Ernte in diesem Jahr ist weitgehend eingebracht und wurde direkt vermarktet, oder kam im Dorf ins Sortiment beim Hofladen von ‚Bauer Martin‘. Die erzielte Erntemenge könne er gar nicht abschätzen, sagt Thomas Rösch. Im Durchschnitt wurden die Melonen etwa 2,5 Kilogramm schwer, sie sind etwa so groß wie ein Handball. Was jetzt noch auf dem Acker liegt, wird nicht mehr weiter reifen. Der Verkauf endet damit in den nächsten Tagen oder Wochen.
Vom Geschmack sind sie angetan, so Michaela Rösch. „Süß und saftig.“ Wobei sie am Markt erst noch Überzeugungsarbeit leisten müssten. Melonen vom Bodensee? Das wirkt für viele exotisch, und somit herrscht Skepsis, ob das überhaupt schmecken kann. Fürs nächste Jahr begeben sie sich nun auf die Suche nach einem Zwischenhändler, parallel zum weiterhin geplanten Hofverkauf.

Nach den Erfahrungen mit der ersten Saison: Wie lautet das Ziel für Verbesserungen im nächsten Jahr? „Ich möchte versuchen, dass die Melonen möglichst früher reifen. Der Import fängt ab Mai an“, sagt der Jungbauer. Die Verbraucher hätten sich bis August satt gegessen und denken, sobald es kühler wird, eher wieder an Kürbisse als an Wassermelonen. Deshalb müsse er früher auf den Markt kommen, um melonenhungrige Kunden zu erreichen.
Juni top, der Juli war ein Flop
Wie gut oder schlecht sind nun die Anbaubedingungen? Mit einem Sommer wie 2024, in dem es sehr viel regnete, könne er das Geschäft komplett vergessen. Dann wird das Fruchtfleisch einfach nicht rot genug. „Sobald es kühler oder regnerischer ist, so wie im Juli dieses Jahr, wird das Wachstum gebremst“, stellte Rösch in seiner ersten Melonen-Saison fest. Der sonnige und heiße Juni sei dagegen richtig gut gewesen. Bei warmem und relativ trockenem Wetter erhalten die Wassermelonen ihre rote Farbe, auf die die Kunden stehen.
Die Wassermelone ist in Gefilden südlich der Alpen verortet. Das klingt deshalb nach einer idealen Frucht, die dem Klimawandel gewachsen ist. Ja, sagt Rösch, sie ist an die Trockenheit besser angepasst als manche Pflanze, die wir aus dem Bodenseeraum kennen. „Im Endeffekt ist die Wassermelone auch nur ein Kürbis.“ Während Kürbispflanzen große Blätter haben, über die viel Wasser verdunstet, seien die Blätter der Wassermelone nur etwa handtellergroß und härter, sodass über sie weniger Wasser verdunstet. Außerdem habe sie mehr Kraft, Wasser aus dem Boden zu ziehen.
Wassermelone braucht gar nicht viel Wasser
Es hört sich deshalb nur scheinbar widersprüchlich an, dass eine Pflanze, die den Begriff Wasser in ihrem Namen trägt, und die über einen riesigen Saftanteil verfügt, in trockenen Gebieten heimisch ist. Sie müsse nicht besonders stark gegossen werden, lobt Rösch. „Ich habe sie gar nicht bewässert.“ Er habe auch kein Pflanzenschutzmittel verwendet. Läuse seien teils ein Problem gewesen, oder zum Ende der Saison hin, nach dem abrupten Wechsel von Sommer auf Frühherbst, fing dann auch die Fäule an. Aber das sind alles Erfahrungswerte, die die Jungbauern noch sammeln müssen. Zum Ende der Saison 2026 wissen sie dann, ob die Melone am Bodensee wirklich Charme hat.