Stephan Wiethaler: Dieser Name steht in dicken Buchstaben auf einem Flyer, den die AfD derzeit in Überlinger Briefkästen steckt. Die Partei wirbt mit dem Flyer für ihre Ziele und gegen Windkraft. Sie zitiert Wiethaler als Anlieger einer Windkraftanlage auf dem Hilpensberg. Er fiel aus allen Wolken, als er von dem Flyer erfuhr. Freunde riefen ihn an und wollten wissen, was er denn mit der AfD am Hut habe. Antwort Wiethaler: Nichts!

Stephan Wiethaler wohnt in Straß, gut 1000 Meter von einem Windkraftrad entfernt. Er äußerte sich 2017 bei einer Kundgebung in Sigmaringen gegen Windkraftanlagen und schilderte, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen er damals verspürt habe. Das ist nun sieben Jahre her. Von seinem Auftritt existiert ein Video, das bis heute auf Youtube steht. Die AfD Bodenseekreis hat die Rede transkribiert und für ihre Wahlkampfzwecke eingesetzt.

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„Ich wähle die AfD nicht“

Stephan Wiethaler sieht sich als Opfer einer AfD-Kampagne, in der er für die Ziele der rechten Partei instrumentalisiert wird. „Die Beeinträchtigungen seitens der Windkraftanlagen bestehen nach wie vor“, teilte er unserer Redaktion mit. Er betont jedoch, dass er von der AfD nicht um Erlaubnis gefragt worden sei, und er die Erlaubnis auch nicht erteilt hätte.

„Ich distanziere mich öffentlich gegen die Verbindung, die auf dem Flyer zwischen mir und der AfD gezogen wird.“ Wiethaler wandte sich an den SÜDKURIER, weil ihm eine öffentliche Darstellung wichtig ist, um auch die Leute zu erreichen, die sich vielleicht nicht bei ihm erkundigen, sondern sich ahnungslos von ihm abwenden würden. „Ich wähle die AfD nicht“, sagt er. Er sei parteipolisch nicht engagiert.

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AfD verweist auf Öffentlichkeit

Auf die Anfrage unserer Redaktion an die AfD um Stellungnahme antwortete der Überlinger AfD-Kandidat Thorsten Peters nicht direkt, sondern verwies auf die Homepage des AfD-Kreisverbands. Darin rechtfertigt sich die AfD mit dem Argument, dass Wiethaler öffentlich mit seinem Namen aufgetreten sei. Es sei „vollkommen klar“, dass jede andere Partei ihn hätte zitieren dürfen, „ohne dass sich jemand darum geschert hätte“. Nur bei ihr mache man einen Skandal daraus, so die Internetseite der AfD Bodenseekreis.

Anwältin sieht Rechtsverstoß

Stephan Wiethaler untersagte der AfD die weitere Verbreitung des Flyers und teilte mit, dass er sich rechtliche Schritte vorbehalte. Im Gespräch mit unserer Redaktion stellte er die Frage nach der rechtlichen Beurteilung in den Raum. Wir gaben die Frage weiter an Natalie Ramsperger, Rechtsanwältin für Marken- und Urheberrecht mit Kanzlei in Überlingen. Sie antwortete: „Ich sehe eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts in der Wiedergabe eines Textes unter Nennung des Verfassers, hier Herrn Wiethaler, wenn aus den Umständen der Veröffentlichung der Verfasser aus Sicht des Lesers in ein falsches Licht gerückt wird.“

Durch die Wiedergabe des Textes auf einem Flyer einer politischen Partei werde der unzutreffende Eindruck erweckt, der Verfasser unterstütze die Partei oder stehe dieser zumindest nahe, lautet Ramspergers Einschätzung. „Damit verletzt der Werbeflyer den sozialen Geltungsanspruch des Verfassers und damit dessen Persönlichkeitsrecht.“

Bei Fortsetzung des Vertriebs des Flyers könne eine einstweilige Verfügung beantragt werden, die aber wohl wenig Sinn mache, da bereits in wenigen Tagen, am 9. Juni, die Wahlen stattfinden. Rechtsanwältin Natalie Ramsperger: „Besser wäre eine Klage auf Unterlassung – nach Abmahnung – sowie Schmerzensgeld und gegebenenfalls eine Verpflichtung zur Klarstellung in der Zeitung.“