Zuletzt war es still geworden um den Automobilzulieferer Allweier. Seit August läuft das Insolvenzverfahren. Seither hat der Villinger Insolvenzberater Thorsten Schleich formell die Zügel in der Hand und man suchte nach einem Investor oder einen neuen Gesellschafter.

Wie der SÜDKURIER nun aus dem Umfeld des Unternehmens erfahren hat, könnte diese Suche beendet sein: Diehl Defence will offenbar Allweier übernehmen. Das Rüstungsunternehmen mit Sitz in Überlingen-Nußdorf soll sich offenbar gegen eine Handvoll Interessenten durchgesetzt haben. Im Raum steht ein Kaufpreis von rund 15 Millionen Euro plus Kosten für das Firmeninventar.

Das sagen beide Unternehmen

Insolvenzberater Schleich äußert sich auf Anfrage dazu nicht tiefergehend. „Wir befinden uns im Insolvenzverfahren in einem laufenden, nicht abgeschlossenen Investorenprozess„, sagt er. Behauptungen über bereits erfolgte Verkäufe seien „unzutreffend“. Ein Angebot oder Verhandlungen mit dem Rüstungsunternehmen dementiert er aber nicht.

Die Firma Allweier

Die Pressestelle von Diehl Defence gibt dagegen ein wenig mehr Einblick. Sprecher David Voskuhl sagt: „Zum jetzigen Zeitpunkt prüft Diehl, ob und in welcher Form eine Beteiligung an der Geschäftstätigkeit der insolventen Allweier-Gesellschaften für das Unternehmen sinnvoll und möglich sein kann.“ Darüber hinaus könne Diehl Defence zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Angaben machen – auch nicht zu einem „möglichen Kaufpreis“.

Passt Allweier überhaupt zu Diehl Defence?

Bekannt ist, dass Diehl Defence aufgrund guter Auftragslage Erweiterungsflächen in Überlingen braucht. Das Geschäft mit dem Flugabwehrraketen-System Iris T, das aktuell unter anderem in der Ukraine genutzt wird, treibt den Umsatz. Im Juni kaufte Diehl Defence deshalb von der Stadt Überlingen ein 8000 Quadratmeter großes Grundstück in Nußdorf. Dort soll eine neue Firmenzentrale gebaut werden. Im November reichte die Firma den Bebauungsplan ein. Laut Aussagen von Clemens Thum, Überlinger Standortleiter bei Diehl Defence, sei diese Fläche im Prinzip schon zu klein. Sofern Diehl Defence Allweier übernimmt, könnte das Grundstück von Allweier im Gewerbegebiet als Erweiterungsfläche genutzt werden. Welche Rolle dann noch die Produktion von Dreh- und Frästeilen spielt, wäre fraglich.

Die Stadt Überlingen hat an die Firma Diehl Defence die freie, rund 8000 Quadratmeter große Fläche an der Nußdorfer Straße verkauft. ...
Die Stadt Überlingen hat an die Firma Diehl Defence die freie, rund 8000 Quadratmeter große Fläche an der Nußdorfer Straße verkauft. Geplant ist darauf eine Firmenerweiterung. | Bild: Hilser, Stefan

Geschäftsführerin seit Ende November ausgeschieden

Fest steht bei Allweier dagegen, dass Geschäftsführerin Kirsten Drössel seit Ende November nicht mehr Teil der Führungsriege ist, so Insolvenzberater Schleich. Die Überlingerin saß mit Gründer Hubert Allweier seit Anfang 2019 in dem Gremium. Anzeichen für ihr Ausscheiden gab es bereits seit Ende August: Damals war sie bereits im Handelsregister des Amtsgerichts Freiburg als Geschäftsführerin des Allweier-Gesellschaft, ASG Allweier Systeme GmbH, ausgetragen worden. Diese ist eine von mehrere Gesellschaften der Allweier-Gruppe und bündelt laut Webseite „die Kernkompetenz rund um Getriebebau und Antriebstechnik“. Drössel war für schriftlichen oder telefonisch Kontaktaufnahmen unserer Redaktion über Monate hinweg nicht erreichbar. Per Mail gab es lediglich eine Abwesenheitsnotiz, die jedoch auf Ende August datiert ist.

Kirsten Drössel und Hubert Allweier
Kirsten Drössel und Hubert Allweier | Bild: Allweier/SK-Archiv

Welche Rolle Gründer Hubert Allweier künftig spielt, ist auch unklar. Im Impressum der Allweier-Gesellschaften taucht er nicht mehr auf. Ende August wurde auch er als Geschäftsführer der ASG Allweier Systeme GmbH aus dem Handelsregister entfernt. Stattdessen ist dort nun Jochen Glück eingetragen. Er gilt als Experte für die Sanierung von Unternehmen und hat bereits im laufenden Insolvenzverfahren mitgewirkt. Insolvenzberater Schleich will diese Ereignisse nicht genauer kommentieren. Nur so viel: Drössel sei „einvernehmlich zum 30. November aus dem Unternehmen ausgeschieden“, so Schleich.

Das könnte Sie auch interessieren

Vierter Abgang in sieben Jahren

Drössel ist damit die vierte Managerin, die im Laufe der vergangenen sieben Jahre aus der Geschäftsführung ausgeschieden ist. Im Jahr 2016 verließ Simone Allweier, Tochter des Gründers Hubert Allweier, nach mehr als sechs Jahren die Geschäftsführung, ging in den Mutterschutz und kehrte nie daraus zurück. Klaus Erdmann übernahm für zwei Monate. Ende 2016 kamen und gingen Michael Stehle und Olaf Kreyenkamp – sie blieben nicht einmal eine Arbeitswoche. Seitdem hatte wieder der eigentlich 2014 abgetretene Gründer Hubert Allweier die Zügel in der Hand. Seit 2019 saß Kirsten Drössel in der Geschäftsführung, die seit 2017 bereits Stellvertreterin Allweiers war.

Der Sitz der Firma Allweier in der Straße Zum Degenhardt im Überlinger Gewerbegebiet.
Der Sitz der Firma Allweier in der Straße Zum Degenhardt im Überlinger Gewerbegebiet. | Bild: Cian Hartung

Wann herrscht Klarheit?

Wie die genaue Zukunft des Unternehmens aussieht, ist noch nicht spruchreif. Laut aktuellen Angaben des Insolvenzberaters laufen noch Gespräche mit Investoren. Das Insolvenzverfahren werde ohnehin bis mindestens Ende 2023 andauern, sagten Schleich und die damalige Co-Chefin Kirsten Drössel im Juli. „Wir wollen das Unternehmen sanieren, alte Zöpfe abschneiden und in eine neue Zukunft gehen“, sagte sie. Wie auch immer diese Zukunft aussieht, sie wird ohne Drössel stattfinden.