Das Wort „Corona“ war für viele noch eine mexikanische Biermarke, als es bei Allweier bereits bergab ging. Wie die Angaben aus dem Unternehmensregister des Bundesanzeigers belegen, kämpfte der Überlinger Betrieb bereits seit mindestens Mitte der 2000er-Jahre teilweise mit Gewinnrückgängen. Der Abwärtstrend verlief aber nicht linear, eher war es ein ständiges Auf und Ab.

Bereits für das Jahr 2009 ist ein Gewinnverlust von mehr als einer halben Million Euro vermerkt. In den Jahren 2016 lag der Verlust bei etwa 1,8 Millionen Euro und 2020 bei 1,3 Millionen Euro. Für den letzten Eintrag im Jahr 2021 ist zwar ein Plus von rund einer halben Million Euro dokumentiert, doch das schien das Unternehmen nicht zu retten: Im Juni 2023 meldete die Firma Insolvenz beim Amtsgericht Konstanz an.

Was haben die vielen Wechsel an der Spitze damit zu tun?

Die Informationen vom Bundesanzeiger passen nicht gänzlich zur Pressemitteilung, die das Unternehmen Anfang der Woche veröffentlicht hat. Darin erklären Geschäftsführung und Insolvenzverwalter die Zahlungsunfähigkeit mit Umsatzrückgängen infolge des Ukraine-Kriegs, die gestiegenen Kosten für Energie und Produktionsmaterial sowie ein hoher Krankenstand während der Corona-Pandemie und der Fachkräftemangel. Die Daten vom Bundesanzeiger lassen zumindest vermuten, dass es womöglich nicht nur daran gelegen haben könnte. Aber was war der Grund für die Entwicklung? Dazu äußert sich die Geschäftsführung auf SÜDKURIER-Anfrage nicht.

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Unklar ist auch, wie die häufigen Wechsel in der Geschäftsführung damit in Verbindung stehen. Im Jahr 2016, als man bereits Verluste in Millionenhöhe machte, verließ Simone Allweier, Tochter des Gründers Hubert Allweier, nach mehr als sechs Jahren die Geschäftsführung, ging in den Mutterschutz und kehrte nie daraus zurück. Klaus Erdmann übernahm, musste aber nach zwei Monaten dem Überlinger Unternehmer und Investor Michael Stehle und Olaf Kreyenkamp Platz machen – die wiederum nicht einmal eine Arbeitswoche blieben. Seitdem hat wieder der eigentlich 2014 abgetretene Gründer Hubert Allweier die Zügel in der Hand. Seit 2019 sitzt auch Kirsten Drössel in der Geschäftsführung, die seit 2017 bereits Stellvertreterin Allweiers war.

Kirsten Drössel und Hubert Allweier
Kirsten Drössel und Hubert Allweier | Bild: Allweier/SK-Archiv

Noch mehr Insolvenzen in der Branche erwartet

Klar ist aber: Der Zulieferbetrieb steht mit der Insolvenz nicht alleine da. Mehrere Unternehmen aus der Branche kämpfen aktuell mit schlechten Ergebnissen. Im Juni meldete auch der Automobilzulieferer Allgaier aus dem Raum Stuttgart Insolvenz an, ZF Friedrichshafen präsentierte im März eine Bilanz mit Gewinnrückgang und selbst bei Branchenriese Bosch ist der Gewinn im vergangenen Jahr eingebrochen.

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Als Gründe dafür nennen Experten immer wieder die Transformation in der Automobilindustrie von fossilen Brennstoffen hin zu elektrischen Antrieben. Diese bedeutet auch eine Veränderung der Geschäftsbereiche für Zulieferer. Dazu kommen die hohen Energie- und Materialpreise. In der Branche befürchten viele daher, dass es im laufenden Jahr noch zu mehreren Insolvenzen kommt.

Firmengründer hat vorerst nicht mehr das Sagen

Die Geschäftsführung von Allweier beantragte Anfang Juni Insolvenz in Eigenverwaltung. Das bedeutet, dass sie die Geschäfte unter Aufsicht eines Sachwalters mit eigenem Insolvenzplan weiterführte. Wenige Wochen später wurde dieser Prozess aber in ein ordentliches Insolvenzverfahren mit einem Insolvenzverwalter überführt. Die Gründe dafür bleiben unklar, häufig geschieht dies aber, wenn sich Schuldner (Allweier) und Gläubiger (beispielsweise Banken, Sparkassen oder andere Kreditinstitute) beim Insolvenzplan nicht einigen können. Seitdem verfügt der Insolvenzverwalter Thorsten Schleich über das Vermögen des Unternehmens, die Geschäftsführer Hubert Allweier und Kirsten Drössel sind nur noch beratend tätig. Wie das Insolvenzverfahren ausgehen wird, ist unklar. Dieser Prozess kann mehrere Monate oder Jahre andauern.