Benjamin Klotz ist empört über die Verkehrssituation um seinen Hof. Der liegt an der Kreisstraße 7771. Dreispurig führt sie an der Hofeinfahrt vorbei, wo vor etwa zwei Jahren der Landwirt Simon Martin aus Owingen ein Hofgeschäft und ein Café eingerichtet hat. Martin pachtet die Räumlichkeiten von Klotz. Für den Ortsteil Bambergen die einzige lokale Einkaufsgelegenheit. Also kommen Anwohner ebenso wie Laufkundschaft. Doch vor dem Hofladen erwartet sie die Hürde: kein Zebrastreifen, keine Ampel, stattdessen eine schnell befahrene Straße.

„Wir in Bambergen freuen uns sehr über die Eröffnung von Bauer Martin und vor allem über die gute Annahme des Angebotes durch die Kunden“, beschreibt Ortsvorsteher Oliver Wörner auf Anfrage des SÜDKURIER. Nur die hohe Nachfrage verschärft letztlich auch die Problemlage: An der Einfahrt biegen bei circa 300 Kunden am Tag viel mehr Menschen ab oder überqueren die Straße als bisher.
Schneller Verkehr, träge Landmaschinen
Da die Straße nicht durch Bambergen, sondern zwischen Hof und Dorf hindurchführt, dürfen die Autotachos sogar 100 Stundenkilometer anzeigen. Zumindest, wenn sie von Überlingen her kommen, von Owingen her gilt Tempo 70 auf der Kreisstraße. Für die Landwirte ist das schlicht zu schnell. Nicht nur für die Kunden, auch für die eigene Arbeit. „Wir kommen auch mit den Landmaschinen schlecht raus“, beschreibt Obstbauer Klotz. Die seien eben träger als der übliche Straßenverkehr.
Simon Martin schildert, dass viele Ältere aus dem Ort kämen, die nicht mehr so mobil seien. Sie erledigen ihren Einkauf und haben beide Male an der Kreuzung eine große Hürde zu überwinden. Zusammengefasst: Klotz und Martin beschreiben eine Gefahrenlage. „Es gibt immer wieder brenzlige Situationen und es kommt zu Vollbremsungen. Die Leute fahren grundsätzlich viel zu schnell“, schildert Simon Martin.
Sechs Unfälle seit 2019
Weil Gefahrenpotenzial selten aktenkundig wird, liest sich die Bilanz der Polizei gemäßigt: „Seit Juli 2023 gab es an dieser Stelle offenbar keinen Unfall mehr“, teilt Pressesprecher Simon Göppert vom Präsidium in Ravensburg mit. Seit 2019 seien sechs Unfälle verzeichnet, einer davon ein Wildunfall sowie ein Parkplatzrempler. Verletzte habe es seitdem nicht gegeben.
Anwohner Klotz beschreibt es anders: „Es gab sogar schon einen Toten“, sagt er. Da war er allerdings noch ein kleiner Junge. Sein Vater Johannes Klotz hörte den Aufprall. Er sagt, es sei bestimmt 15 bis 20 Jahre her. „Ich saß im Büro“, schildert er, „und rannte sofort los“. In dem Fall konnte die Straße nichts dafür, sagt Johannes Klotz, es sei ein Unglück gewesen. Etwas unterhalb der Hofeinfahrt. Ein dunkel gekleideter Landwirt habe in der Dämmerung eine Abkürzung zu seinem Hof nehmen wollen. Ein Auto habe ihn erfasst, zu schnell gefahren sei es nicht.
Einsatz für mehr Fußgängersicherheit
Nun bemühen sich Klotz und Martin, dass vergleichbare Situationen ausbleiben. Gemeinsam mit Ortsvorsteher Oliver Wörner und einem Vertreter der Stadt Überlingen haben sie sich die Lage angesehen. Die Stadt trägt die Verantwortung für die Straße. Laut Wörner werde der Vertreter den Wunsch nach einer Ausdehnung der Tempo-70-Zone in Richtung Owingen den zuständigen übergeordneten Gremien vortragen. Eine Antwort der Stadt Überlingen, wie sie die Lage einschätzt, lag uns trotz Anfrage vor mehreren Tagen bis Redaktionsschluss nicht vor.
„Wir sind zuversichtlich, die Anpassung der 70 km/h zu erhalten und hoffen auf weitere mögliche Maßnahmen zum Fußgängerschutz“, sagt Ortsvorsteher Oliver Wörner. Ein Fußgängerüberweg wäre ihm zufolge die sicherste Lösung. Einen Zebrastreifen oder eine Ampel hält er in der Tempo-70-Zone allerdings nicht für machbar.
Simon Martin will sich für Anpassung der Verkehrssituation einsetzen, auch um zu zeigen, dass es nicht nur ihm ein Anliegen ist, sagt er. Jede Art von Verlangsamung wäre für Landwirt Klotz eine Verbesserung: „Jeder würde davon profitieren“, sagt er.