In Paulas, Yosis oder Felsas Haut möchte man dieser Tage nicht stecken. Erst misslang den Überlinger Waldrappen der Alpenflug wegen fehlender Warmluft, dann ging es vergangene Woche in den Süden. Und jetzt nennt die „Bild“-Zeitung die Wildtiere auch noch die ‚dümmsten Vögel Deutschlands‘.

Die Boulevardzeitung geht noch dem gescheiterten Überflug der Zugvögel weiter: „Helle Köpfe waren sie noch nie. Aber langsam stellen sich die Waldrappe vom Bodensee richtig blöd an“, heißt es. Die „Glatzkopf-Vögel vom Bodensee“ seien „störrische Viecher“, die die Mitarbeiter des Waldrapp-Teams „mit Autos nach Italien kutschieren“. Das Fazit: Die Waldrappen seien mangels Intelligenz halt selber Schuld an ihrem Schicksal.

Fünf Jahre voller Vorfälle

Zugegeben: Die vergangenen fünf Jahre des Waldrappen-Projekts in Überlingen brachten tragische und kuriose Vorfälle. So starb beispielsweise im April 2020 der Waldrapp Sonic an einem Stromschlag. Im vergangenen Jahr schossen illegale Jäger einige Tiere in Italien ab Im vergangenen Herbst mussten einige Tiere in Pappkartons über die Alpen gebracht werden, nachdem sie nicht über das Gebirge kamen – und verspätet losgeflogen waren. Ähnlich erging es vergangene Woche 17 Waldrappen der Überlinger Population.

Waldrappe beim Flug über Italien.
Waldrappe beim Flug über Italien. | Bild: Johannes Fritz

Das Forschungsteam um Projektleiter Johannes Fritz vermutet, dass der Klimawandel das Zugverhalten der Tiere beeinflusse. „Vermutlich fehlt ihnen im Spätherbst die Thermik, welche sie benötigen, um die Alpenpässe zu überfliegen“, so Fritz in einer Pressemitteilung.

Oder sind die Vögel einfach blöd?

Dass es den Wildtieren an Intelligenz mangele, weist Projektleiter Fritz aber entschieden zurück. Diese Bezeichnung der „Bild“ wolle er nicht weiter kommentieren, sagt er auf SÜDKURIER-Nachfrage. Für ihn ist klar: „Der Vogel verhält sich nicht falsch. Mit Dummheit hat das nichts zu tun!“ Auch die Bezeichnung „Glatzkopf-Vogel“ sei mit Verweis auf die Federn am Hinterkopf und im Nacken nicht korrekt.

Projektleiter Johannes Fritz mit einem Waldrappen. Im vergangenen Winter wurden die Vögel in Frickingen ein- und in Südtirol wieder ...
Projektleiter Johannes Fritz mit einem Waldrappen. Im vergangenen Winter wurden die Vögel in Frickingen ein- und in Südtirol wieder ausgepackt. | Bild: Hanspeter Walter

Fritz verweist darauf, dass trotz allem viele Überlinger Vögel sowie Tiere aus anderen Populationen in den vergangenen Wochen den Weg in den Süden geschafft hätten. „Die anderen Vögel haben es wiederholt versucht, aber es ist nicht gelungen.“ Sobald man diese in den Südalpen freigelassen habe, seien sie in Richtung gestartet. Viele der Nachrücker halten sich laut GPS-Signalen aktuell in Norditalien auf.

Projektteam sucht nach Lösungen

Die Herausforderungen und bei dem Projekt haben Fritz und sein Team aber nicht übersehen. „Wir machen uns Gedanken dazu, haben aber getan, was wir können.“ Mittlerweile überlege man, ob die Vögel künftig auch um die Alpen herum in Richtung Winterquartier gelangen könnten. „Oder dass sie früher in Richtung Süden starten“, sagt der Naturschützer.

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Doch den Vögeln könne man nur bedingt etwas beibringen. Schließlich seien die Tiere scheu gegenüber dem Menschen, sagt er.