Sie hat lange mit sich gerungen, doch am Ende überrascht sie Richter und Staatsanwältin: Eine 19-jährige Frau aus dem Bodenseekreis muss sich an diesem Tag vor dem Amtsgericht Überlingen verantworten. Die Staatsanwältin hat ihr Diebstahl mit Waffen in zwei Fällen, Hausfriedensbruch sowie Bedrohung in Tateinheit mit Beleidigung vor. Die Taten ereigneten sich im Februar 2024, als die Angeklagte nach eigener Aussage unter dem Einfluss von Drogen stand.
Seit ihrer Jugend kämpft die Frau mit einer schweren Drogenabhängigkeit, zuletzt war sie drei Jahre lang heroinabhängig. Mittlerweile befindet sie sich seit einem halben Jahr in einer Substitutionsbehandlung und plant eine Entgiftung sowie eine Langzeittherapie, sagt die Angeklagte im Gerichtssaal.
Bereits in jungen Jahren mit Drogenproblemen
Aufgefordert durch Richter Alexander von Kennel erzählt die Angeklagte ihre noch junge Vita. Mit bereits 12 Jahren soll sie das erste Mal in Kontakt mit Drogen gekommen sein. Dieser Drogenkonsum setzt sich auch während ihrer Schulzeit fort. Sie schließt die Schule mit einem Hauptschulabschluss ab. Im Anschluss beginnt sie eine Ausbildung zur Friseurin, bricht diese jedoch aufgrund ihres Drogenkonsums ab. Gleich ergeht es ihr bei ihrer nächsten Ausbildung im gastronomischen Bereich.
Nach zwei weiteren Kurzanstellungen sei sie seit gut einem Jahr arbeitslos, so ihre Schilderung vor Gericht. Über die Jahre sei ihr Drogenkonsum in Form der Härte der Drogen immer schlimmer geworden. Sie habe sich zeitweilig regelmäßig Heroin verabreicht. Jedoch erklärt sie vor Gericht, dass sie so nicht leben möchte. Vor einem halben Jahr habe sie es geschafft, sich auf eine Substitutionsbehandlung einzulassen und sei seitdem clean.
Diebesgut im Wert von 126 Euro
Im vergangenen Jahr soll die Angeklagte am 5. Februar und 8. Februar in einem Drogeriemarkt und einem Bekleidungsgeschäft in einer Bodenseegemeinde Diebesgut im Wert von insgesamt 126 Euro gestohlen haben. Was die Tat schwerwiegender macht, ist, dass die 19-Jährige wissentlich zu beiden Tatzeitpunkten ein Tierabwehrspray in ihrer Jackentasche mit sich getragen hat.
Die 19-Jährige bestätigt die beiden Vorfälle, erklärt jedoch, dass sie sich an die genauen Tatabläufe nicht erinnern könne. „Ich war damals so benebelt, ich weiß nicht mal, was ich gestohlen habe“, sagt die Angeklagte sichtlich bereuend vor Gericht. Ebenso wird ihr vorgeworfen, sich nicht an das Hausverbot gehalten zu haben. So soll ihr nach dem missglückten Raub ein mündliches Hausverbot in der Drogerie ausgesprochen worden sein, jedoch soll sie den Drogeriemarkt schon wenige Tage nach ihrem Diebstahl wieder besucht haben.
Im vierten Punkt der Anklageschrift liest die Staatsanwältin Drohungen und Beleidigungen vor, welche die Angeklagte gegenüber einer anderen Frau ebenfalls im vergangenen Jahr verschickt haben soll. Die 19-Jährige senkt dabei den Blick zu Boden. In dem Verfahren kommen Richter und Staatsanwältin nicht weiter auf den Anklagepunkt zu sprechen.
Entgiftung und Langzeittherapie
Angesprochen, wie es weitergehen solle, sagt die 19-Jährige: „Ich hätte gerne ein Tagesziel, wie zur Arbeit gehen.“ Zuvor wolle sie jedoch eine Entgiftung und Langzeittherapie absolvieren, erklärt sie dem Richter. Einen genauen Termin müsse sie noch ausmachen, jedoch warte sie am Tag der Verhandlung auf einen Rückruf aus einer Entgiftungsklinik. Einen Termin für eine Langzeittherapie werde man dann dort ausmachen.
Anschließend wolle die Angeklagte arbeiten. Auch möchte sie von der Substitution weg. Sie sagt: „Ich will nicht auf Morphin sein, um zu funktionieren – Das ist kein Leben.“ Dabei wird die Angeklagte sichtlich emotional.
Verfahren wird eingestellt
Der Richter und die Staatsanwältin zeigen sich von der Angeklagten überrascht. Von Kennel sagt: „Von jemandem mit ihrem Lebenslauf hätte ich nicht so ein Auftreten erwartet.“ Beide Parteien gehen davon aus, dass die Angeklagte ihr Vorhaben ernst nimmt. Daher verständigen sie sich darauf, das Verfahren einzustellen. Sie sehen eine geringe Schuld und gehen davon aus, dass eine Strafe eher hinderlich für die Sozialprognose der 19-Jährigen wäre.
Abschließend wünscht von Kennel der Angeklagten alles Gute und er hoffe, sie bleibe stark und sie solle hart zu sich sein. Auch die Angeklagte ist froh über das Ergebnis. Sie sagt: „Ich will nie wieder im Gericht sitzen.“