Taktwerk. Der Name klingt nach Mechanik, nach Ordnung, nach Rhythmus und Maschine. Der gleichnamige Verein veranstaltet in erster Linie Partys mit rhythmisch geprägter Musik wie Techno und Hip-Hop. Das größte Event bisher war ein Rave auf eine Wiese zwischen Billafingen und Owingen, berichtet der Taktwerk-Vorstand Jakob Krug. Gemeinsam mit dem zweiten Vorsitzenden des Vereins, Lars Sonntag, hat er die Überlinger Waldorfschule besucht. Inzwischen ist der 21-jährige Krug ausgebildeter Veranstaltungstechniker. Lars Sonntag ist 22 Jahre alt und studiert Informatik. Beide sind in Überlingen groß geworden und wissen um die wenigen Ausgehmöglichkeiten für Jugendliche und junge Erwachsene. Das wollen sie ändern.
Nichts zu Feiern in Überlingen
Wenn sie nicht bei Freunden zusammenkamen, mussten sie um Feiern zu gehen, nach Konstanz, Meßkirch oder Singen ausweichen, berichten sie. „Das geht aber auch erst, wenn jemand 18 Jahre alt ist und ein Auto hat“, sagt Jakob Krug. Zum Feiern gehen war ein Führerschein sozusagen Pflicht. „Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln hätten wir vielleicht zwei Stunden bleiben können“, scherzt Krug. Nun wollen sie nachfolgenden Generationen etwas aufbauen.

Natürlich gebe es Sportplätze, das Jugendcafé und anders, aber was Abendveranstaltungen angeht, „hat Überlingen der Jugend nichts zu bieten“, bringt es Jakob Krug auf den Punkt. Die Stadtverwaltung gibt an: „Das kommunale Jugendreferat bietet in den beiden Jugendtreffpunkten (Jugendcafé und „Rampe“) bedarfsorientierte, sozialpädagogische Angebote für Kinder und Jugendliche an.“ Auch die Stadtbücherei und Musikschule bieten Angebote für Kinder und Jugendliche. Doch, wie auch jüngst in der SÜDKURIER-Podiumsdiskussion von Jugendgemeinderat Maximilian Matern formuliert, fehlt es der Jugend in Überlingen an einem zentralen Ort, wo sie sich treffen und vernetzen können.
„Wenn es in Überlingen einen zentralen Ort geben soll, hätten wir immer eine erste Anlaufstelle“, erklärt der zweite Vorsitzende Lars Sonntag. Jakob Krug kommentiert, sollte dort auch eine Bühne sein, könne sich der Verein weitere Formate dafür überlegen. Auf lange Sicht träumen sie von einem eigenen Raum, den sie als Vereinsheim regelmäßig bespielen können. „Das würde auch die Möglichkeiten erweitern, weil kein Rückbau notwendig ist“, erklärt Vereinsvorstand Jakob Krug. Scheinwerfer, Bar, Stromkabel und sonstiges Equipment müsste nicht verräumt werden. In der Vergangenheit hat Taktwerk mit dem städtischen Jugendreferat zusammengearbeitet und etwa in der „Gruft“ oder der „Rampe“ Veranstaltungen organisiert.
Wer rausgeht, muss wieder Eintritt zahlen
Laut Krug ist das Verhältnis zu den städtischen Räumen Fluch und Segen zugleich. Zwar stehen die mietfrei zur Verfügung, haben erfordern aber auch die Einhaltung von Auflagen. Dass beispielsweise auf Ankündigungen und Bannern das Logo der Stadt oder des Jugendreferats zu sehen ist, schrecke ihr Zielpublikum ab, erzählt er. Auch Auflagen wie das One-Way-Ticket hemmen den Vereinsvorsitzenden zufolge die Besucher.
Die Stadt erklärt das System: „Verlässt ein Besucher die Veranstaltung, verliert sein Eintrittsband die Gültigkeit und er muss beim Wiederbetreten der Veranstaltung erneut Eintritt bezahlen.“ Das hängt mit dem Jugendschutz zusammen. „Mit einem One-Way-Ticket soll der unkontrollierte Konsum von Alkohol und anderen Suchtmitteln sowie unüberschaubare Ansammlungen außerhalb des Veranstaltungsgeländes eingedämmt bzw. vermieden werden“, erklärt die Stadtverwaltung auf Anfrage.
Für Krug verlieren die Events durch die Auflagen ihren Charme. Sein Kollege Sonntag ergänzt: „Wenn man die Freiheit hat, auch mal rauszugehen, kommt das gut bei den Menschen an.“
Unabhängig von der Stadt könnten sie etwa die Kunstakademie für Partys anfragen. Dort müssten sie etwa 600 Euro bezahlen, erzählt Krug. Nur könnte der Verein die Ausgaben nur schwer wieder erwirtschaften. Wieder gäbe es dort die Auflage, dass sie die Bar nicht selbst verwalten könnten: „Wenn wir die Getränke nicht selbst ausgeben, ist es schwierig, Gewinn zu machen“, sagt Lars Sonntag.
Vorbild s‘Bokle
Was ihnen für die Zukunft vorschwebt, ist etwas in der Art vom Radolfzeller s‘Bokle. Das wird vom Förderverein alternative Jugendkultur Radolfzell getragen und veranstaltet mehrmals im Monat Konzerte oder Events.

„Unser Ziel ist es, die Kulturszene im Großraum Überlingen zu bereichern und auch jungen Nachwuchskünstlern eine Bühne zu bieten. Vor allem aber wollen wir bezahlbare Veranstaltungen schaffen, die es jedem ermöglichen den Abend bei uns zu genießen“, lautet die Selbstbeschreibung des Vereins auf der Webseite. Die Eintrittspreise sollen dabei immer zwischen fünf und zehn Euro liegen.
Immer wieder Techno
Musikalisch sind Krug und Sonntag querbeet aufgestellt. „Es geht alles außer Schlager“, sagt Krug. Sonntag fühlt sich dem Hip-Hop sehr zugewandt, aber ebenso der Klassischen und Filmmusik. Trotzdem kehren sie immer wieder zu Techno zurück. „Unser Publikum verlangt danach“, sagt Lars Sonntag. An dieser Stelle betont der Student, dass die Idee des Vereins gar nicht so sehr aus einem Mangel an Party-Möglichkeiten heraus entstand, oder um die Leerstelle aufzufangen. „Wir haben schon zu Schulzeiten solche Veranstaltungen organisiert und so unser Publikum aufgebaut.“
Keine öffentlichen Gelder bisher
Von der Stadt Überlingen, dem Kreis oder dem Land hat der Verein bisher keine Gelder erhalten. „Ich bin das aber auch nicht aktiv angegangen“, räumt Jakob Krug ein. Aktuell plant er eine Fastnachts-Party und schaut sich nach weiteren Locations für Partys um. Denn nicht zuletzt geht es dem Verein darum, Regelmäßigkeit in seine Veranstaltung zu bekommen. Und ihren Feiern damit selbst einen Rhythmus zu geben.