Die Zahl der zur Anzeige gebrachten Vergewaltigungen ist laut dem Bundeskriminalamt zuletzt gestiegen, die Dunkelziffer ist noch größer. Es gibt allerdings auch Falschbeschuldigungen. Um eine solche ging es jüngst vor dem Überlinger Amtsgericht. Eine 26-Jährige aus dem Bodenseekreis, die sich dort verantworten musste, erstattete Anzeige wegen sexueller Nötigung. Das Verfahren gegen den beschuldigten Mann wurde jedoch eingestellt. Nun wurde die 26-Jährige von der Staatsanwaltschaft wegen falscher Verdächtigung angeklagt.

Sie geht zur Polizei

Die Angeklagte ließ durch ihre Anwältin vor Gericht erklären, dass sie und der Mann zur fraglichen Zeit ein Verhältnis hatten. In der Nacht vom 4. auf den 5. Februar 2023 soll es laut Aussage der Angeklagten zu Geschlechtsverkehr zwischen ihr und dem Mann gekommen sein, während sie geschlafen habe. Sie sei dabei aufgewacht und habe dies nicht gewollt. Im weiteren Verlauf der Nacht sei es erneut zum Geschlechtsverkehr gekommen, dieses Mal einvernehmlich.

Am 6. Februar 2023 begab sich die Angeklagte mit einer Freundin zur Polizei. Laut ihrer Verteidigerin wollte sie dort klären, ob das Geschehene strafrechtlich relevant sei. Sie zeigte sich gegenüber den Ermittlungsbehörden kooperativ und stellte ihnen Sprachnachrichten zwischen ihr und ihrer Freundin zur Verfügung. Dazu verliest die Verteidigerin, dass die 26-Jährige jedes Mal, nachdem sie bei dem Mann gewesen ist, ihrer Freundin eine Nachricht schickte, wie es war.

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Richter zweifelt an den Motiven der Angeklagten

Richter Alexander von Kennel stellte im Prozess fest, dass die Angeklagte in den Sprachnachrichten nach der betreffenden Nacht glücklich und zufrieden wirkte. Zudem besuchte sie noch in derselben Nacht eine Fastnachtsparty. Aus weiteren Nachrichten ging hervor, dass die Angeklagte später erfuhr, dass der Mann in dieser Nacht ein Verhältnis mit einer anderen Frau hatte.

Eine der Sprachnachrichten enthielt die Aussage: „Wir müssen es ihm heimzahlen.“ Am 6. Februar meldete sich die Angeklagte bei der Polizei und verlangte, mit einer Polizistin zu sprechen. Der Richter äußerte Zweifel daran, dass ihr Besuch bei der Polizei lediglich der Klärung der Rechtslage diente.

Verteidigung fordert Einstellung des Verfahrens

Die Verteidigung plädierte auf Einstellung des Verfahrens. Sie argumentierte, dass ihre Mandantin keine bewusste Falschbeschuldigung erhoben habe, sondern lediglich rechtliche Klarheit habe gewinnen wollen. Zudem könne eine schlafende Person keinen Willen bilden und ihre Mandantin habe sich in einer schwierigen emotionalen Lage befunden.

Angeklagte beschränkt Einspruch

Die Staatsanwaltschaft hielt eine Verfahrenseinstellung für nicht vertretbar. Für Staatsanwalt und Richter galt die Schuld der Angeklagten – und damit die Falschaussage – als erwiesen. Der Staatsanwalt erklärte: „Wir können bei der Höhe der Strafe entgegenkommen, der Tatbestand bleibt aber unverändert.“ Er betonte die Schwere der Beschuldigung einer Vergewaltigung und den daraus resultierenden Aufwand für die Justizbehörden.

Nach einer kurzen Beratung reduzierte die Angeklagte ihren Einspruch teilweise, da es eine „Katastrophe für das Führungszeugnis“ wäre, so die Verteidigerin. Die Staatsanwaltschaft berücksichtigte dies in ihrem Plädoyer und forderte 90 Tagessätze zu je 10 Euro. Die Verteidigung argumentierte für 60 Tagessätze zu je 5 Euro, da es sich um ein Erstdelikt handele. Sie sprach von einem „einmaligen Ausrutscher“.

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Richter setzt Strafmaß fest

Nach kurzer Beratung setzte der Richter das Strafmaß auf 80 Tagessätze zu je 10 Euro fest. Zudem muss die Angeklagte die Verfahrenskosten tragen. Der Richter berücksichtigte die Schwere des Vorwurfs und den Aufwand für die Justiz, ebenso die bisher unauffällige Vita der Angeklagten.

Die Angeklagte akzeptierte das Urteil. Der Richter wünschte ihr abschließend Erfolg für die Zukunft und äußerte die Erwartung, sie nicht erneut vor Gericht zu sehen.