Bei den meisten Menschen taucht das Thema in Richtung Osterzeit auf: Fasten. Dann hat es in der Regel mit Verzicht zu tun. Welche Vorteile das Fasten aber mit sich bringt, weiß man im Hause Buchinger Wilhelmi. Hinter den Klinikstandorten in Überlingen und Marbella steckt dabei nicht nur die Fastenmethode nach Otto Buchinger, sondern auch eine Familiengeschichte.

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Beides hat Raimund Wilhelmi, vier Jahrzehnte Klinikleiter, heute Präsident der Gruppe und Vorsitzender des Beirats, nun in Form einer Chronik herausgegeben. „Pioniere des Fastens – Portrait einer Familie“ ist auf dem Buchcover zu lesen. In seinem Vorwort beschreibt Wilhelmi das Werk als „Streifzug durch die Welt von Buchinger Wilhelmi“. Der Leser lernt unter anderem Wilhelmis Großvater kennen, Otto Buchinger, erfährt, wie der Mediziner zum Heilfasten kam, und kann nachvollziehen, wie sich das Unternehmen über die Generationen in Deutschland und Spanien entwickelte. 2023 wurde 70. Geburtstag in Überlingen und 50. Geburtstag in Marbella gefeiert.

Gespickt ist die Chronik mit Anekdoten, Fotos aus dem Familienalbum, Bildern der beiden Standorte sowie Wissenswertem zum Fasten nach Buchinger. Die verschiedenen Phasen dienen als Unterteilung für das Buch: Ankommen, Entschleunigen, Loslassen, Reflexion, Kontemplation, Kommunikation, Bewusstsein, Energie, Glück und Ausblick. „Beim Fasten wird zwar der Gürtel enger, aber das Bewusstsein weiter“, wird Buchinger in der rund 180-Seiten starken Chronik zitiert. Allerdings kommt nicht nur er zu Wort. Es erzählen ebenfalls Raimund Wilhelmi und die anderen Familienmitglieder. „Wir stellen den Zusammenhang zwischen der Philosophie von Dr. Otto Buchinger, meinem Großvater, seinem Leben und der heutigen Zeit her“, sagt Wilhelmi.

„Ich bin der einzige noch lebende Zeitzeuge“

Für den Vater und Großvater war es indessen logisch, sich selbst dem Buchprojekt zu widmen: „Ich bin der einzige noch lebende Zeitzeuge. Ich habe gerade die Anfänge in den 50er-Jahren noch als kleiner Junge erlebt. Ich bin jetzt nicht mehr operativ tätig als Klinikdirektor. Deshalb konnte ich mir Zeit nehmen und so ein anspruchsvolles Projekt mit Text und Bildern von berühmten Fotografen angehen.“ Die Fotografen sind Olaf Heine und Simon Wegener.

Das Lieblingsfoto von Raimund Wilhelmi aus dem Buch zeigt den Klinikstandort am Überlinger See.
Das Lieblingsfoto von Raimund Wilhelmi aus dem Buch zeigt den Klinikstandort am Überlinger See. | Bild: Simon Wegener

Wilhelmi, Jahrgang 1949, erinnert sich noch lebhaft an die Gespräche seiner Eltern Helmut Wilhelmi und Maria Buchinger Wilhelmi: „Die Sorgen um die Klinikgründung wurden am elterlichen Frühstückstisch diskutiert. Eröffnung war am 18. Juli 1953. Während des Studiums in den 70er-Jahren war ich nur in den Ferien in Überlingen oder Marbella. Bei der Eröffnung in Spanien 1973 war ich allerdings ein halbes Jahr dort und habe die faszinierende Welt einer Fastenklinik von innen hautnah erlebt.“ Wie sein Großvater war? Da fällt Wilhelmi das Lesen ein: Mit verschiedenen Stiften habe sich Buchinger am Rande der Seiten Notizen gemacht oder Ausrufezeichen gesetzt. „Es gab keine Konversation ohne ein Goethezitat“, sagt Wilhelmi. Ferner habe er viel Korrespondenz geführt.

Dr. Otto Buchinger war vor mehr als einem Jahrhundert Begründer des Heilfastens nach Buchinger. Sein Enkel Raimund Wilhelmi hat starke ...
Dr. Otto Buchinger war vor mehr als einem Jahrhundert Begründer des Heilfastens nach Buchinger. Sein Enkel Raimund Wilhelmi hat starke Erinnerungen daran, wie Buchinger las und schrieb. | Bild: Buchinger Wilhelmi Archiv

Vier Generationen werden beleuchtet

Die Idee hinter der Chronik entstand im Jahr 2022. Zu den runden Geburtstagen 2023 hätte so ein Buch natürlich bestens gepasst. Doch Wilhelmi sagt deutlich: „Die Qualität entscheidet, nicht das Veröffentlichungsdatum.“ Mindestens die Hälfte habe er selbst geschrieben. „Ansonsten gab es noch ein Autorenkollektiv. Ich kann mich und meine Geschwister ja nicht selbst beschreiben und beurteilen“, sagt Wilhelmi. Alle vier Generationen, die in der Welt von Buchinger Wilhelmi arbeiteten und arbeiten, werden in dem Werk gewürdigt: von Otto Buchinger bis Leonard Wilhelmi, der der Überlinger Klinik seit 2019 vorsteht.

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Raimund Wilhelmi gibt zu: „Ich habe sogar nachts über das Buch nachgedacht. Ich war mindestens ein halbes Jahr mit dem Projekt beschäftigt. Die Autoren mussten ihren jeweiligen Stil anpassen, die Fotografen mussten gecoacht werden.“ Er sagt schmunzelnd: „Künstler sind ja manchmal mit nicht geringem Ego behaftet“ – und die teils doppelseitig abgedruckten Bilder können sich in der Tat sehen lassen. Gezeigt werden beispielsweise der weitläufige Blick über den Überlinger See oder Luftaufnahmen der Gartenanlagen in Überlingen und Marbella.

Wilhelmi versteht das Buch als Bilanz. Er ist stolz auf seine Familie, die Tradition hinter der Fastenmethode und das Erreichte. „Viele Menschen glauben, dass alles furchtbar ist, wenn man nichts zu Essen kriegt. Aber nach wenigen Tagen ohne feste Nahrung stellt sich ein Glücksgefühl ein, das einen in die Lage versetzt, ein neues Bewusstsein zu erlangen, sein ganzes Leben anders zu betrachten und womöglich lebensverändernde Entschlüsse zu fassen. Im Haus herrscht kein gedrückte, sondern eher eine fröhliche Stimmung.“ Eine Statue im Garten erinnert an Begründer Otto Buchinger.

Die Chronik wurde in mehreren Sprachen herausgegeben. Sie kostet 59 Euro und ist in der Klinik, im Online-Shop und in Überlingen in der „BuchLandung“ am See erhältlich. Die Auflage beträgt insgesamt 8000 Stück. Für Raimund Wilhelmi war es nicht das erste Buchprojekt. Er ist ebenfalls Autor von „Das Glück des Fastens“, das zum Jubiläum 100 Jahre Buchinger-Heilfasten erschien.