Wird es am 1. April einen (närrischen) Umzug durch Überlingen geben? Eine Vorstellung, die nicht unbedingt ins Reich der Fantasie abgetan werden muss. Denn beim zweiten Zunftmeisterempfang anlässlich des 100. Geburtstages der Narrengesellschaft Schnecken im Dorfgemeinschaftshaus Nußdorf hatte Sipplingens Narrenpräsident Willi Schirmeister darauf verwiesen, dass man mit den Überlingern „langsam auch zurecht“ komme. Deswegen bat er, künftig mit den Sipplinger „Trube Kriese Rätscher“ ähnlich aussehenden Überlinger Löwen beim Sonntagsumzug in Überlingen etwas weiter vorne mitlaufen zu dürfen. Überlingens Narrenvater Achim Friesenhagen entgegnete, dies in seine Überlegungen „gerne“ mit einzubeziehen, um schlagfertig zu kontern: „Klar könnt ihr am 1. April mitlaufen.“
Zeitler: Das größte Ereignis, das Nußdorf je erlebt hat
Ähnlich gut gelaunt hatte sich Oberbürgermeister und Schirmherr Jan Zeitler beim ersten Zunftmeisterempfang gezeigt, ein Hoch auf die Schnecken aussprechend: „Ihr habt nicht nur die Tradition bewahrt, sondern schafft es auch heute noch, uns alle zum Lachen und zum Staunen zu bringen. Und das seit 100 Jahren. Was ein Jubiläum.“ Das zweitägige Narrentreffen sei das größte Ereignis, das Nußdorf je erlebt habe. Augenzwinkernd sagte er, dass die Geschichte der Schnecken noch weiter als 100 Jahre zurückreiche.
„Bis in den Dreißigjährigen Krieg, als die Nußdorfer mit List und hohem Schneckentempo den schwedischen Truppen entkamen.“ Und dass die Schnecken in Nußdorf die Fasnet so sehr liebten, liege daran, dass sie selbst beim Polonaise-Tanzen nicht ins Schwitzen kämen. Um noch einmal ernst zu werden: „Fasnet ist viel mehr als närrisches Treiben: Sie verbindet Generationen, aber auch überregional all diejenigen, die sich über das wunderbare Brauchtum miteinander verbunden fühlen“, sagte der OB. „Und sie ist ein wesentlicher Bestandteil unseres kulturellen Erbes und unserer Lebensfreude.“
Bundestagsabgeordneter Mayer-Lay dichtet zu „Schneck mit Nachbrenner“
Beim zweiten Empfang hatte Bundestagsabgeordneter Volker Mayer-Lay, Nußdorfer Kind und ebenfalls Schirmherr, keine Sorgen, dass sich die Schnecken vom Fleck bewegen, wie es im Narrenmarsch von Nußdorf heißt („Schneck, Schneck, Schneck, rühr dich doch vom Fleck“). Vielmehr bot er an, die Luftabwehrrakete Iris T von Diehl Defence einzusetzen, dann gebe es „sozusagen en Schneck mit Nachbrenner: Mit Diehl Defence Raketentrieb, überholt ihr Löwen und altes Wieb“.
Ortsvorsteherin Kretz: Lob an die Narren
Anja Kretz lobte das Geburtstagskind: „Die Narren haben über die Jahre hinweg nicht nur für fröhliche Stimmung und unvergessliche Momente gesorgt, sondern auch unser Dorf bereichert und zusammengebracht“, sagte die Ortsvorsteherin Nußdorfs. „Euer Engagement, eure Kreativität und euer unermüdlicher Einsatz sind das Herzstück unserer Fastnacht und machen sie zu etwas Einzigartigem“, sagte sie weiter, bevor der von Zunftmeister Jan Mielke angekündigte „geschätzte und gefürchtete“ Michael Walser, Ehrenzunftmeister und Landvogt der Landschaft Linzgau der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee (“Das Beste kommt zum Schluss und das bin i“), durchs närrische Programm führte.
Dann aber der Höhepunkt der zweitägigen Veranstaltung: Durchflochten von einigen Musikkapellen zog an zwei Tagen ein farbiger Tross von jeweils über 1000 Hästrägern aus über 40 Narrenvereinen nicht nur des Verbandes Narrenvereinigung Hegau-Bodensee durch die Straßen von Nußdorf und verwandelten den größten Teilort Überlingens für kurze Zeit in ein Narrenparadies.


Während der von Walser moderierten Umzüge kamen sowohl Teilnehmer als auch Zuschauer auf ihre Kosten. Ausgehend von der Aufstellung in den Straßen „Zum Hecht“ und „Zur Forelle“ bewegten sich die Narren über die Straßen „Zum Hasel“, „Zum Salm“ und „Zum Karpfen“ zur Festmeile an der Rengoldshauser Straße bei der Firma Diehl Defence. Ob „Hex Hex Hurra“ oder „Juhu“, ob „I-Hage“ oder natürlich immer wieder „Narri-Narro“, wie es im fastnächtlichen Dialektgemisch erklang: Die Stimmung war zwei Tage über prächtig.