In Oberndorf findet dieses Jahr das Narrentreffen des Viererbunds statt. Vom 26. bis 28. Januar feiern dort die Zünfte aus Rottweil, Oberndorf, Elzach und Überlingen gemeinsam. So ist es im Vierjahresrhythmus Tradition. Dazu gehört auch, dass die Überlinger Zimmermannsgilde die Narrenbäume in den Partnergemeinden stellt. Für Florian Meßmer, Juniorchef der gleichnamigen Überlinger Zimmerei, wird dies zu seiner ersten Amtshandlung. Denn er ist neuer Gildemeister der Überlinger Zimmermannsgilde.

Nach 16 Jahren Wechsel an der Spitze

Nachdem der Andelshofener Zimmerer Wolfgang Schöllhorn das Amt nach der letztjährigen Fasnacht nach 16 Jahren abgegeben hatte, wurde Meßmer in einer außerordentlichen Sitzung im April gewählt. Er tritt damit in die Fußstapfen seines Vaters Klaus, der von 1989 bis 2006 Überlinger Gildemeister war. „Ich freue mich darauf“, sagt Florian Meßmer – obwohl es natürlich „etwas aufregend“ sei, zum Start gleich zwei Narrenbäume zu stellen. Bereits am Wochenende ist er nach Oberndorf gefahren, um dort den Ablauf zu besprechen und sicherzustellen, dass nicht wieder das Gleiche passiert wie 2010, als der Narrenbaum aus luftiger Höhe plötzlich zurück auf den Platz krachte.

Im Spitalwald wird der Narrenbaum ausgesucht

Zehn Tage später geht es für die Zimmermannsgilde dann in den Überlinger Spitalwald. Dort wird am Dienstag vor dem Schmotzigen eine in der Regel knapp 30 Meter lange Fichte ausgesucht, die dann von Mitarbeitern der Forstverwaltung gefällt wird. So sehen es die Unfallverhütungsvorschriften vor, früher durften die Zimmermänner das noch selbst. Mit dabei sind auch Kollegen aus Andelshofen, Bambergen, Deisendorf und Nußdorf, die ebenfalls hier ihre Bäume bekommen. Nicht immer geht das Ganze gut. „Gerade, wenn es kalt und der Boden hart ist, bricht beim Fallen gerne mal die Krone ab“, weiß Meßmer. Dann muss ein neuer Baum gefällt oder der Bruch mit einer Manschette repariert werden.

Anschließend wird der Baum zum Bauhof in die Obertorstraße gebracht, wo er am Mittwoch geräppelt (entrindet) und geschmückt wird. „Und noch einmal extra gehobelt“, erklärt Meßmer, „mit dem Elektrohobel.“ Denn dadurch behalte er länger seine helle Stammfarbe. Mittwochabend geht es dann zum TÜV ins Gewerbegebiet, von wo der Narrenbaum am Schmotzigen schließlich seine Reise auf die Hofstatt antritt. Ebenfalls eine nette Tradition: Am Donnerstagmorgen ziehen Mitglieder der Zimmermannsgilde mit Körbchen durch die Überlinger Geschäfte, um sich dort ihr verdientes Vesper abzuholen.

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Suche nach Alternativrouten für den Umzug

Wobei die Narrenbaumreise dieses Jahr vermutlich etwas kürzer ausfallen dürfte. Denn auch, wenn das neue Pflaster der Jakob-Kessenring-Straße noch bis zur Fasnet fertig werden sollte, dürfte das für die Planung zu knapp werden. Daher werden aktuell Alternativrouten gesucht. Der Narrenbaum aber wird direkt von der Franziskanerstraße geradeaus durch die Marktstraße Richtung Hofstatt fahren. „Für alles andere wäre er zu lang.“ Ohnehin wird es auf der klassischen Route um die Krezdorn-Kurve und den Fischerbrunnen schon immer eng, weshalb der Baum auch nie länger als 30 Meter sein darf.

Florian Meßmer ist schon seit Kindheitstagen mit dabei

Für Florian Meßmer ist das alles nichts Neues – außer, dass er nun die Verantwortung hat. Er ist beim Narrenbaumstellen dabei, solange er denken kann. Die ersten Fotos gibt es auf dem Arm seines Vaters. Und im Schrank hängt Zunftkleidung in allen Größen – „die kleinste für Einjährige“.

Was nicht jeder weiß: Nicht unter jeder Zunftkleidung steckt auch ein Zimmermann. Unter den rund 45 Mitgliedern der Überlinger Gilde finden sich zwar überwiegend Handwerker, etwa aus dem Elektro- oder Sanitärbereich, aber zum Beispiel auch ein Banker. Und einige kommen extra von weither angereist.

Von Anfang an dabei: Florian Meßmer auf dem Arm seines Vaters Klaus.
Von Anfang an dabei: Florian Meßmer auf dem Arm seines Vaters Klaus. | Bild: privat

Zimmermannsgilde ist aus der Feuerwehr entstanden

Aufgabe der Zimmermänner ist auch nicht nur das Narrenbaumstellen. Sie sorgen ebenso für die bengalische Beleuchtung beim Hänselejuck – heute großteils auf LED-Basis – sowie für die Fackeln zur Fasnachtsbeerdigung. Denn entstanden sei die Zimmermannsgilde hauptsächlich aus der Feuerwehr heraus, erklärt Meßmer. Angegliedert ist sie indes der Narrenzunft, getroffen wird sich hauptsächlich zur Fasnacht. Zimmerermeister Florian Meßmer ist übrigens vor einigen Jahren offiziell in den Betrieb seines Vaters eingestiegen und wird diesen in den kommenden Jahren komplett übernehmen. Er führt das traditionsreiche Familienunternehmen damit bereits in fünfter Generation. „Mein Ururgroßvater hatte die Zimmerei vor genau 125 Jahren in Überlingen gegründet“, sagt der 36-Jährige.

Wolfgang Schöllhorn: 16 spannende Jahre

Insgesamt 16 Jahre lang war Wolfgang Schöllhorn Chef der Zimmermannsgilde. Und jedes Mal sei das Narrenbaumstellen für ihn aufregend gewesen. Gleich beim ersten Auswärtseinsatz ging das Ganze kräftig schief, als der Baum 2010 in Oberndorf Übergewicht bekam und zurück auf den Platz krachte. „Sowas steckt einem in den Knochen“, sagt Schöllhorn. Mehrere Dinge seien hier zusammengekommen: Der Baum sei in der Krone zu schwer geschmückt gewesen, die lange Schwalbe zum Stützen habe gefehlt und das Loch wenig Halt geboten. „Jetzt haben sie aber ein gutes Loch gebaut.“ Und den Baum bereite man seither lieber selbst vor.

Wolfgang Schöllhorn mit dem damaligen Narrengesellen Daniel Sinner.
Wolfgang Schöllhorn mit dem damaligen Narrengesellen Daniel Sinner. | Bild: privat

Überraschung während der Corona-Pandemie

Besonders war auch das Narrenbaumstellen im Corona-Jahr 2022, als die Fasnet nur abgespeckt stattfinden konnte. Statt lange über eine mögliche Erlaubnis zu diskutieren, hatten die Zimmermänner mittwochs einen Baum organisiert und zur Überraschung aller am Donnerstag noch vor Sonnenaufgang per Kran auf die Hofstatt gestellt. „Ommen stimmts bei konnem“ war dort zu lesen, in Anspielung auf 2021 – sinngemäß „so ganz richtig tickt keiner“. Eine Fasnet ohne Narrenbaum, „das geht nicht“, sagt Schöllhorn denn auch. Und warum er aufgehört? „Das war doch eine ganz schön lange Zeit“, so der 53-Jährige. „Jetzt sind die Jungen dran.“