Der Bodensee tritt über die Ufer. Landungsplatz und Promenade sind überschwemmt. Das Wasser steigt an Land und sickert in Wände. Die Keller laufen voll. Plötzlich geht das Licht aus, das Stromnetz bricht zusammen. Wenig später haben Handys kein Netz mehr und aus den Hähnen fließt kein Wasser, weil Mobilfunk und Wasserversorgung an Strom gekoppelt sind. Auch Kühlanlagen und Zugverkehr fallen aus. Szenarien wie dieses sind möglich – auch am Bodensee, auch in Überlingen. Was würden Sie in dieser Situation tun? Wir haben wichtige Punkte zusammengetragen.

Für den Ernstfall sensibilisieren

Extremwetterereignisse und Naturkatastrophen nehmen nachweislich zu. Zuletzt zeigten etwa die Überschwemmungen in Spanien oder die Flut im Ahrtal, welchen zivilen Notstand Naturkatastrophen hervorrufen können. Für Hannes Ruther und Niclas Reutter zeigen solche Umstände, wie verletzlich unsere Gesellschaft ist. Sie sind beide Mitglieder des Technischen Hilfswerks Überlingen. Mit Szenen aus Spanien, dem Ahrtal oder auch der Ukraine im Kopf, sehen sie Notwendigkeit darin, die Menschen für den Ernstfall zu sensibilisieren.

Wie man sich vorbereiten kann

„Lieferketten können unterbrochen werden. In Spanien hat man gesehen, wie schnell der Strom zusammenbrechen kann“, schildert Hannes Ruther. Wenn der Strom ausfällt, geht nicht nur der Backofen nicht mehr. Die Wasserversorgung ist daran angeschlossen, der Mobilfunk ebenso. Für diesen Fall empfiehlt Ruther einen Notfallvorrat, am besten für zehn Tage. „Einige Dinge aus der Dose sind gut essbar. Es müssen keine Ravioli sein, es gibt Chili mit Reis oder Linseneintopf.“

Langlebige Lebensmittel wie Konserven, Nudeln oder Reis sind ideal zur privaten Bevorratung geeignet.
Langlebige Lebensmittel wie Konserven, Nudeln oder Reis sind ideal zur privaten Bevorratung geeignet. | Bild: Hannes Ruther

Insbesondere empfiehlt er, Nudeln und Reis zu lagern. Bei chronischen Erkrankungen lohnt es auch, entsprechende Medikamente zu bevorraten. Als Lichtquellen sind Kerzen und Teelichter gut geeignet. „Man muss keine Waffen oder teure Überlebens-Ausrüstung anschaffen, keinen Wasserfilter, stattdessen einfach einen Sechserträger Wasser parat haben und nicht erst einkaufen, wenn nichts mehr im Haus ist“, fasst er zusammen. Schon eine halbe Stunde Vorbereitung könne Großes bewirken.

In der Wiestorhalle ist der Notfalltreffpunkt der Stadt Überlingen eingerichtet. Sie ist mit Notstrom versorgt. Im Ernstfall sollen die ...
In der Wiestorhalle ist der Notfalltreffpunkt der Stadt Überlingen eingerichtet. Sie ist mit Notstrom versorgt. Im Ernstfall sollen die Bürger hier Informations-, Kommunikations und Notversorgungsmöglichkeiten haben. | Bild: Cian Hartung

Huther selbst würde auch die Badewanne, soweit es geht, vorlaufen lassen. Das sammele Wasser zum Trinken, für die Toilettenspülung, zum Waschen, zum Kochen. Alles, was der Autarkie hilft. Autarkie ist hier jedoch nicht mit Isolation gleichzusetzen. Gerade im Ernstfall ist es hilfreich, sich mit Nachbarn auszutauschen und untereinander Vorräte nach Bedarf auszutauschen. „Wenn wir schon heute auf solche Situationen vorbereitet sind, wäre das Problem im Ernstfall sehr viel kleiner“, sagt Hutter.

Diesel für die Krise

„Es dauert, bis wir am Einsatzort sind und ohne Strom geht schnell nichts mehr“, sagt Ruther. Ein Ausfall des Stromnetzes ist mit einem Cyberangriff, Sabotage oder einer Naturkatastrophe schnell Realität. Was dann schnell zur Strom-Alternative wird, ist Diesel. 400 Liter Diesel hat das THW in Überlingen immer auf Vorrat, eine mobile Tankstelle, nennt sie Ruther. Es sei lagerbeständiger als Benzin. Sämtliche ihrer Fahrzeuge haben Dieselmotoren. Auch das Notstromaggregat des Überlinger Rathauses ist dieselbetrieben. In der Krise bleibt der Diesel.

Erst der Staat, dann der Bürger

Beim Rathaus handelt es sich um einen Bereich der kritischen Infrastruktur, also Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen. „Insbesondere im Schadensfall müssen dort Regelungen und Absprachen für die Bürger getroffen werden“, erklärt die Stadtverwaltung auf Anfrage. Auch um etwa die Kommunikation mit dem Regierungspräsidium sicherzustellen, sei eine Versorgung mittels Notstrom unerlässlich, um Handlungsfähigkeit zu gewährleisten.

Zudem verfügen die Feuerwehrhäuser in der Schlachthausstraße und in Alt-Birnau über eine Notstromeinspeisung und könnten daher bei Stromausfall weiterbetrieben werden. Darüber hinaus wurde im Bauamt eine Einspeisestelle installiert. Auch das THW hat eine solche Noteinspeisung.

Wie der THW-Ortsverband Überlingen sind alle kritischen Gebäude wie Rathäuser, Krankenhäuser und Notfalltreffpunkte mit einer solchen ...
Wie der THW-Ortsverband Überlingen sind alle kritischen Gebäude wie Rathäuser, Krankenhäuser und Notfalltreffpunkte mit einer solchen Notstromeinspeisesteckdose ausgerüstet. | Bild: Rasmus Peters

Umdenken beim Zivilschutz

Es ist noch nicht lange her, dass Ruther ein Umdenken beim Thema Zivilschutz wahrnimmt. Der Ukrainekrieg habe ihn wieder ins Bewusstsein gezerrt. „Die Fachgruppe Notversorgung gab es früher nicht“, sagt der Ortsbeauftragte. Er half selbst im Ahrtal. Vereinzelt baten ihn die Menschen, er könne doch noch ein Trocknungsgerät in ihrer Wohnung einrichten oder gleich durchwischen. „Das THW ist kein Rundum-sorglos-Paket der Bundesrepublik“, sagt Ruther.

„Wir haben alles da, um uns notdürftig selbst zu versorgen und einsatzbereit zu halten.“ Zu den Vorräten zählen neben Feldbetten, Zelten ...
„Wir haben alles da, um uns notdürftig selbst zu versorgen und einsatzbereit zu halten.“ Zu den Vorräten zählen neben Feldbetten, Zelten und Bierbank-Garnituren Getränke, Essen sowie Hygieneartikel wie Desinfektionsmittel und Duschgel. | Bild: Rasmus Peters

Auch die Stadtverwaltung empfindet den Zivilschutz als wichtig. Dabei betont sie, nicht in Angst zu verfallen. „Ein gesundes Verständnis für die derzeitige Situation ist wichtig“, so die Stadtverwaltung. Im Krisenfall sorgen Vorbereitungen und Informationen im Vorfeld für klare Abläufe. Im Notfallplan der Stadt Überlingen werden überwiegend Regelungen innerhalb der Stadtverwaltung getroffen: Kommunikationswege, Einberufungswege und Zuständigkeiten.

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Das THW ist selbst Teil der kritischen Infrastruktur. Ihre Aufgabe ist es, die Handlungsfähigkeit des Staates aufrechtzuerhalten. Deshalb gilt ihr Einsatz im Katastrophenfall erst Rathaus, Krankenhaus, Polizei – dann erst Privatpersonen. Und deshalb mahnt Ruther, einen kleinen Vorrat anzulegen.