Nach dem Brand eines Autotransporters auf der Bundesstraße B 31 schätzt die Feuerwehr den Schaden auf einen mittleren sechsstelligen Betrag: Sowohl der Autotransporter als auch die auf ihm gelagerten sieben Autos der Marke Kia brannten komplett aus. Der Transporter fuhr unter litauischem Kennzeichen, er sollte die Hybridfahrzeuge von einem Kia-Werk in der Slowakei zu Kia im französischen Rueil-Malmaison bringen.

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Heiß gelaufenes Radlager am Lastwagen

Auf halber Strecke brach am Montag gegen 6.15 Uhr das Feuer aus. Rolf Moll, der den Abtransport der Wracks organisierte, geht davon aus, dass das Inferno in einem heiß gelaufenen Radlager des Lastwagens seinen Ausgang nahm. Darauf deuteten die Brandspuren an dem Rad hinten rechts hin. Außerdem sei der Akku in dem über diesem Rad stehenden Auto am meisten beschädigt worden.

Abschleppunternehmer Rolf Moll geht sicher davon aus, dass das Feuer in diesem Radlager seinen Ausgang fand.
Abschleppunternehmer Rolf Moll geht sicher davon aus, dass das Feuer in diesem Radlager seinen Ausgang fand. | Bild: Hilser, Stefan

Aus Sicht des Transportunternehmers aus Stockach, der sich zu den größten seiner Branche in Baden-Württemberg zählt, stellen Fahrzeuge mit Elektroantrieb nach Unfällen enorme Probleme dar. „Da kommt was auf uns zu“, sagte er am Tag nach dem Brand. „Alle Hilfsorganisationen müssen sich mit diesem Thema intensiv auseinandersetzen“, empfiehlt er. Seine Firma sei mittlerweile entsprechend aufgerüstet, um Szenarien wie die von Montag zu bewältigen.

„Alle Hilfsorganisationen müssen sich mit diesem Thema intensiv auseinandersetzen.“Rolf Moll, Stockach
„Alle Hilfsorganisationen müssen sich mit diesem Thema intensiv auseinandersetzen.“Rolf Moll, Stockach | Bild: Hilser, Stefan

Viele Gefahren bei Brand von E-Autos

„Das war der worst case für alle“, beschreibt Moll die Lage am Montagmorgen, bei der gleich sieben Autos mit Elektroantrieb eine potenziell große Gefahr darstellten. Das Gefahrenpotenzial fasst er mit drei Stichworten zusammen: Gefahr eines Stromschlags für die Retter. Stundenlang brennende Akkus, die sich immer wieder selbst entzünden. Sowie die Gefahr auslaufender ätzender Säure, sogenannter Flusssäure.

In der Bilanz sei der Fall relativ glimpflich abgelaufen, beurteilte Rolf Moll die Lage. Das sei vor allem dem schnellen Eingreifen der Feuerwehr zu verdanken gewesen, die das einzig Richtige machte, nämlich mit einem massiven Löschangriff die Akkus so weit wie möglich zu kühlen, bevor sie bersten würden.

Kein einziger der sieben Akkus explodierte oder fing Feuer. Nur ein Akku, so Rolf Moll, sei deformiert worden. Dieses Auto wurde in einen von der Werkfeuerwehr Rolls Royce aus Friedrichshafen bereitgestellten Spezialcontainer gehoben. Damit sei sichergestellt, dass keine Säure auslaufen kann.

Unterstützung kam von der Werkfeuerwehr Rolls Royce aus Friedrichshafen, die diesen Abrollbehälter Hochvolt zur Verfügung stellte. In ...
Unterstützung kam von der Werkfeuerwehr Rolls Royce aus Friedrichshafen, die diesen Abrollbehälter Hochvolt zur Verfügung stellte. In ihm lagert ein Auto, dessen Akku beim Brand deformiert wurde. Der Container schützt vor auslaufender Säure, zur Not kann ein sich wieder entzündender Akku gekühlt werden. | Bild: Hilser, Stefan

Bei zwei der sieben Fälle habe es einen Kurzschluss gegeben, sodass die Karosserie unter Spannung stand. Wenn ein Retter das Auto mit bloßen Händen angefasst hätte, hätte er einen tödlichen Stromschlag erleiden können, so Moll.

Großer Aufwand zur Absicherung der Retter

Zur Absicherung der Retter wurde ein entsprechend großer Aufwand betrieben. Per Autokran hoben die Fachleute zunächst die oberen Fahrzeuge in die Luft, sie hingen an einem nicht leitenden Kunststoffband. Der Autokran selbst erhielt ein dickes Erdungskabel, wie Moll erklärte. Daraufhin checkte ein von Moll hinzugezogener Hochvoltspezialist mit einem Stromprüfer, ob die Fahrzeuge unter Spannung stehen. Erst dann wurden die Batterien abgeklemmt und „evakuiert“, wie die Fachleute sagen.

Ein von der Firma Moll beauftragter Hochvoltspezialist prüfte an der Karosserie, ob auf ihr Stromspannung lastet.
Ein von der Firma Moll beauftragter Hochvoltspezialist prüfte an der Karosserie, ob auf ihr Stromspannung lastet. | Bild: Hilser, Stefan

Akkus gesichert wie ein Goldbarren

Für den Fall nämlich, dass die Akkus doch noch Feuer fangen, überwachten Feuerwehrleute die Evakuierung, Löschspritzen hielten sie im Anschlag. Zudem legt Moll die Akkus nun eine Woche lang in eine doppelt gesicherte Box, die bei ansteigender Temperatur einen Alarm aussendet. „Die sind gesichert wie ein Goldbarren“, sagte Moll.

Rolf Moll öffnet einen Container, in dem ein Spezialcontainer mit den geborgenen Akkus lagert. Die Temperatur wird eine Woche lang ...
Rolf Moll öffnet einen Container, in dem ein Spezialcontainer mit den geborgenen Akkus lagert. Die Temperatur wird eine Woche lang überwacht. | Bild: Hilser, Stefan

„Respekt“ zolle er nicht nur dem Team aus Feuerwehr, Polizei, Rotem Kreuz und Straßenmeisterei, die noch in der Nacht auf Dienstag die B 31 für den Verkehr freigaben. Sondern beeindruckend finde er auch die Leistung der Autobauer, die die Akkus so gut isolieren, dass sie der Hitze am Montagmorgen standhielten.

Problem in Bauart der Akkus

In der Bauart liegt aber auch ein Problem. Joscha Braun ist Fachberater für alternative Antriebe bei der Feuerwehr im Landkreis Ravensburg. Er berichtet von der Schwierigkeit, brennende Akkus zu löschen, wenn man mit dem Spritzwasser gar nicht in sie eindringen kann. „Das ist wie bei einem Zimmerbrand, den man auch nicht dadurch löschen kann, dass man auf das Hausdach spritzt.“ Hier seien nun die Hersteller gefragt, die teils auch schon Lösungen parat hätten, wie etwa Renault mit seinem System „Fireman Access“.

Die verbogenen Stahlträger sind ein Ausdruck für die enorme Hitze, die bei dem Feuer entstanden sein muss.
Die verbogenen Stahlträger sind ein Ausdruck für die enorme Hitze, die bei dem Feuer entstanden sein muss. | Bild: Hilser, Stefan

Joscha Braun wurde als Fachberater zum Großbrand nach Überlingen gerufen. Er ist Teil eines vierköpfigen Expertenteams bei der Kreisfeuerwehr Ravensburg. Sie schulen Führungskräfte und sind bei komplizierten Fällen wie dem von Montag auch kreisübergreifend zur Stelle.

Frage bei Erstangriff: Benziner, Gas- oder Elektroauto?

Die Wehren würden dahingehend ausgebildet, dass sie schon beim Erstangriff die Fahrzeuge und ihre Gefahren richtig einschätzen, erklärt Experte Braun. Fahren sie mit Strom, Sprit oder Gas, was ist zu beachten? Für den weiteren Rettungseinsatz gebe es dann technische Datenblätter, die beschreiben, wo ein Auto aufgeschnitten werden darf und wo nicht.

Braun hält es nicht für nötig, dass sich jede Feuerwehr einen teuren Hochvoltcontainer leistet. Zumal der Abtransport Aufgabe des Abschleppunternehmens sei und nicht der Job der Feuerwehr. Es sei auch genau zu prüfen, in welchen Fällen man ein Auto in einem Wasserbad zur Kühlung des Akkus versenkt. Wenn es prophylaktisch getan wird, stellen vielleicht die Versicherungen unangenehme Fragen.

Durchnummeriert stehen die sieben ausgebrannten Hybridfahrzeuge auf dem Hof des Abschleppunternehmens Moll in Stockach.
Durchnummeriert stehen die sieben ausgebrannten Hybridfahrzeuge auf dem Hof des Abschleppunternehmens Moll in Stockach. | Bild: Hilser, Stefan

Kommt da Gewaltiges auf die Retter zu, wie Abschleppunternehmer Rolf Moll prophezeit? Joscha Braun glaubt nicht. „Aus unserer Sicht ist das etwas Neues, bei dem man seine Einsatzkonzepte variieren und die Gegebenheiten anpassen muss. Es wird für uns Feuerwehren aber genauso zum Alltag werden wie die Photovoltaikanlagen auf Hausdächern.“