Für die traditionsreiche Metzgerei Zugmantel in Überlingen kommt es zu gravierenden Veränderungen. Nach dem plötzlichen Tod von Firmenchef Fridolin Zugmantel, der im September mit 56 Jahren mitten aus dem Leben gerissen wurde, stand bald fest, dass es familienintern keinen Nachfolger geben wird. Momentan zumindest nicht. Und so griff das Unternehmen förmlich nach der Hand, die ihnen der befreundete Metzgermeister Max Knoll aus Meßkirch reichte.
Mitgefühl für die Hinterbliebenen
Für Barbara Zugmantel, die Witwe von Fridolin Zugmantel, ist es ein Trost zu wissen, welche Wertschätzung ihrem Mann und auch ihrem Familienbetrieb entgegengebracht wird. Unzählige, auch ganz persönlich formulierte, Kondolenzschreiben hätten sie erreicht. „Das fand ich sehr ergreifend. Man merkt, was mein Mann den Leuten bedeutet hat, oder auch, was wir als Geschäft den Kunden bedeuten.“
„Ich habe Frido zuliebe das Büro gemacht. Ich habe aber leider überhaupt keine Ahnung, wie man eine Sau schlachtet.“Peter Zugmantel, der Bruder des Verstorbenen
Peter Zugmantel, der ein Jahr ältere Bruder von Frido Zugmantel, war bisher die helfende Hand im Hintergrund. Hauptberuflich ist er in einer Softwarefirma beschäftigt. „Ich habe Frido zuliebe das Büro gemacht, das war nicht seine Stärke.“ Immer freitags, wenn Fridolin Zugmantel mit dem Verkaufswagen aufs Land fuhr und er sein Handy bewusst zu Hause liegen ließ, gab es am Morgen eine Übergabe für den ganzen Tag, so dass Peter Zugmantel immer freitags für die Firmenorganisation zuständig war.
Theoretisch könnte er nun die Firma aus dem Büro heraus führen. „Ich habe aber leider überhaupt keine Ahnung, wie man eine Sau schlachtet oder eine Lyoner herstellt.“ Das Gesetz schreibe es vor, dass es einen Metzgermeister im Betrieb gibt. Und auf dem Arbeitsmarkt einen Metzgermeister schnell zu finden, sei praktisch ein Ding der Unmöglichkeit.
Metzgerei Knoll wächst von 70 auf 88 Mitarbeiter
Und damit kommt die Metzgerei Knoll aus Meßkirch ins Spiel. Die Familien Zugmantel und Knoll kennen sich seit Jahrzehnten. Sie sind freundschaftlich miteinander verbunden, pflegen die gleiche Firmenphilosophie, die von Regionalität und handwerklicher Orientierung geprägt ist. Er sei erschüttert gewesen, als er vom Tod Fridolin Zugmantels erfuhr, sagte Max Knoll. Er habe der Familie spontan und in allgemeiner Weise angeboten, dass er helfen werde, wo er helfen kann.
Aus diesem Angebot erwächst nun die Vereinbarung, dass Knoll die Metzgerei Zugmantel in Pacht übernimmt. Und zwar unter ihrem Namen. Der traditionelle Name „Zugmantel“ als Metzgereibetrieb hört formell also vorerst auf zu existieren.
„Ich kann nicht weiter da arbeiten, wo ich mit meinem Mann 25 Jahre lang täglich zusammengearbeitet habe.“Barbara Zugmantel, die Frau des Verstorbenen
An eine weitere Expansion des 70 Mitarbeiter zählenden Betriebs, der bislang sechs Verkaufsstellen im Gebiet Meßkirch und im Raum Stockach hat, sei eigentlich nicht gedacht gewesen, sagte Max Knoll bei einem Treffen im Metzgersladen. Wenn jetzt mit Überlingen der siebte Standort hinzu kommt, dann geschehe das weniger aus einem geschäftlichem Interesse heraus, sondern vor allem aus Verbundenheit zu Zugmantels.
Landfahrten gibt es auch in Zukunft
Knoll sicherte zu, den kompletten Personalstamm zu übernehmen. 18 Mitarbeiter wechseln demnach zum neuen Arbeitgeber. Der Wechsel wird offiziell zum 15. November vollzogen. Daniel Tuppy ist als Betriebsleiter dann der Chef vor Ort. Den Landverkauf, so sein Versprechen, werde es auch künftig geben. Auf die Fahrten im Verkaufswagen, raus auf die Dörfer, mit Heike Steurer am Steuer, werde er ein paar Mal mitgehen, um ein Gefühl für diese unternehmerische Besonderheit zu erhalten.

Firmennamen ändert sich, Hänselemeter bleibt
Der Schriftzug „Zugmantel“ am Geschäft in der Aufkircherstraße in Überlingen werde in absehbarer Zeit entfernt und von Knoll ersetzt. Geschmacklich soll sich aber wenig ändern. Den „Hänselemeter“, eine gerauchte Hartwurst, und andere lokale Spezialitäten gebe es auch künftig. Dafür seien auch die Mitarbeiter ein Garant, die die Rezeptur kennen und künftig den Hänselemeter in Meßkirch produzieren. Bei allgemeineren Produkten wie der Lyonerwurst werde man aber nicht extra eine Überlingen-Variante herstellen, so dass der eine oder andere Kunde einen Unterschied im Geschmack bemerken werde.
Und was wird mit dem Kartoffelsalat?
„Aber den Kartoffelsalat macht ihr doch künftig immer noch selber, oder?“ So lautete eine in den letzten Tagen oft an Barbara Zugmantel formulierte Frage, nachdem die ersten Kunden vom Wechsel erfuhren. Ja, sagte sie, ihr Kartoffelsalat wird auch künftig in Überlingen produziert. Er scheint etwas Einzigartiges für Metzgereien zu sein, bestätigt zumindest Max Knoll. Zwar hätten auch sie Kartoffelsalat im Angebot, über die Mengen bei Zugmantels „habe ich dann aber doch gestaunt“. Laut Peter Zugmantel gingen im Jahr 2020 insgesamt rund 6 Tonnen über die Ladentheke.

Barbara Zugmantel bleibt nur bis Weihnachten im Betrieb
Weihnachten ist für den Betrieb eine besondere Zeit, verbunden mit Hektik und besonderen Ansprüchen an die Logistik. Barbara Zugmantel sagte zu, dass sie noch bis Jahresende bleibt. Danach scheidet sie aus dem Unternehmen aus. „Ab 1. Januar suche ich eine neue Arbeit. Ich kann nicht weiter da arbeiten, wo ich mit meinem Mann 25 Jahre lang täglich zusammengearbeitet habe.“
Sie war früher 20 Jahre lang als Krankenschwester beschäftigt, nun wolle sie sich ehrenamtlich engagieren, vielleicht eine neue Arbeit annehmen, vor allem wolle sie aber für ihre Enkel und ihren jüngsten Sohn Markus da sein.
Kommt mit den Söhnen der Metzgersname Zugmantel dereinst zurück?
Der 16-jährige Markus begann in diesem Lehrjahr eine Ausbildung im Sanitär- und Heizungsgewerbe. So war es zu Lebzeiten auch mit seinem Vater abgesprochen und gewollt. In die Übernahme des Betriebs sei keines ihrer drei Kinder je gedrängt worden, berichtet Barbara Zugmantel. Wenn Markus später einmal übernehmen wolle, habe er die Möglichkeit dazu. So formulierte es auch Max Knoll. Der Pachtvertrag werde so locker geschlossen, dass man ihn unkompliziert wieder auflösen kann.
Wenn Markus Zugmantel nicht will, steht mit seinem Cousin, dem Sohn von Peter Zugmantel, vielleicht ein weiterer Interessent bereit, um die Metzgerei dereinst unter dem Familiennamen Zugmantel fortzuführen. Noah ist zwar erst elf Jahre alt. Doch sagt sein Vater: „Mit ihm ist er immer übers Land gefahren. Onkel Frido war für ihn immer der Größte.“