Es hätte auch anders kommen können. Vor dem Hintergrund der teilweise gewittrig-stürmischen Vortage erscheinen die strahlenden beiden Jubiläumstage der Überlinger Schwerttanzkompanie in einem noch sonnigeren Licht. Das erste internationale Treffen mit Gruppen aus fünf Ländern war sicher ein Höhepunkt in der 376-Jährigen Geschichte dieser alten Tradition. Schon am Samstag hatte die Morgensonne beim offiziellen Empfang den Museumsgarten bestrahlt, ehe die Gäste Überlingen bei ruhiger See vom Wasser aus erleben durften.
Der Ruf nach Wasser spielte bei den öffentlichen Aufführungen vor mehreren hundert Zuschauern bei 30 Grad im Schatten eine wichtige Rolle, die die Schwerttänzer aller Nationen mächtig ins Schwitzen brachten. Ein Novum war, dass die Gruppen dennoch nicht nur auf der Hofstatt und auf dem Münsterplatz ihre Kunst zum Besten gaben, sondern erstmals auch auf dem Olberplatz, wo im Hintergrund der Schwerttänzerbrunnen plätscherte.
Respekt für die alte Tradition
Im dunklen Anzug und mit Amtskette zollte Oberbürgermeister Jan Zeitler der alten Tradition Respekt. Die Anfrage an Stadtoberhaupt und Rat der Stadt, den Schwerttanz aufführen zu dürfen, stellte erstmals Eric Hueber als neuer 1. Platzmeister und bekam prompt die Freigabe. Ohne Sonnenschirm – ab und zu mit Wasser versorgt – harrte die Prominenz unter dem Rathaus ebenso geduldig aus wie das interessierte Publikum und die Teilnehmer der Volkstanzgruppe Frommern, die auf der Sonnenseite der Hofstatt 90 Minuten auf ihren finalen Auftritt warteten. Die drei Auftritte waren ein echter Marathon für alle Teilnehmer, doch alle hielten durch.

Auf der Hofstatt stellte Reiner Rammelt als Moderator die Gruppen und Tänze vor, an den anderen Plätzen taten dies Marco Waibel und Wolfgang Biller. Auch wer bei dem Stichwort Schwerttanz bisher vielleicht müde lächelte, musste sich bei den Auftritten eines Besseren belehren lassen. Ausgefeilte Choreographien mit zahlreichen Überraschungseffekten entlockten dem Publikum trotz der Hitze immer wieder Szenenapplaus. Bewiesen die Gruppen doch auch, dass man mit Schwertern durchaus etwas Vernünftiges anfangen kann.

Engländer mit Salto rückwärts
Die Überlinger Schwerttanzkompanie eröffnete den Reigen standesgemäß mit ihren drei Schwerttänzen und dem Maidlinstanz. Die Engländer von den North Britisch Sword Dancers legten mit ihren Schwertern so komplexe und verwirrend wirkende Kombinationen samt Salto rückwärts auf das Pflaster, dass mancher Zuschauer staunte, dass es zu keinen Verletzungen kam. Quasi bereits alte Bekannte sind der Bal de Sabre aus dem italienischen Fenestrelle. Bei ihren begeisternden Choreografien wurden sie immer wieder spielerisch von dem kleinen Arlecchino gestört. Nachdem sie ihm zwischenzeitlich massiv die Grenzen aufgezeigt hatten, ließen sie den kleinen Störenfried am Ende hochleben. Aus luftiger Höhe hielt der junge Mann schließlich eine kleine Laudatio auf Deutsch.
Die belgischen Schwerttänzer aus St. Niklaas glänzten nicht nur mit ihren lebendigen Bildern, sondern überraschten die Zuschauer als regelrechte Fahnenwurfartisten. Die Kroaten aus Lastovo begannen – musikalisch begleitet von einer dreisaitigen Lira – mit einem eleganten Paartanz, ehe sie das Schwert auspackten. Das taten sie mit so viel Schwung, dass ein Holzschwert bei einem temperamentvollen Einsatz gleich zu Beginn zerbrach. Davon ließen sie sich allerdings nicht aus der Ruhe bringen, und flochten weiter schmunzelnd ihre Girlanden. Die Volkstanzgruppe aus Frommern bei Balingen, die nicht nur den Kontakt nach Kroatien hergestellt und das Treffen bereichert hatte, war das Finale vorbehalten, das er unter anderem von einem Dudelsack begleitet wurde. Mit akrobatischen Einlagen verschaffte sich ihr Mäschgerle während der Tänze immer wieder die verdiente Aufmerksamkeit.
Die Stadt zeigt sich von ihrer schönsten Seite
- Frisch gewaschen worden sei die Stadt am Vortag extra für den Besuch, sagte Eric Hueber, 1. Platzmeister der Schwerttanzkompanie, bei der Begrüßung der internationalen Gäste aus Belgien, England, Italien, Kroatien und Deutschland im Museumsgarten mit einem Augenzwinkern. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Hueber längst von dem Schreck des Donnerstags erholt, als der abendliche Sturm die Aktiven beim Zeltaufbau am St.-Johann-Turm überrascht und einige tragende Elemente schlicht zerknickt hatte. „Glücklicherweise hatten wir noch Ersatz“, sagte Peter Graubach zwei Tage später beim offiziellen Empfang in der guten Stube der Stadt. Willkommen hieß die Schwerttänzerinnen und Schwerttänzer hier auch Oberbürgermeister Jan Zeitler „mit dem schönsten Blick auf die Stadt“.
- Einen ersten Kennenlernabend hatte es mit einem großen Teil des Besuchs bereits am Freitag im katholischen Pfarrsaal gegeben. Er sei mit einem munteren Gesang der Gäste zu Ende gegangen, berichtete Eric Hueber. Nicht nur die Kollegen aus Fenestrelle nutzten den Empfang für die Übergabe kleiner Gastgeschenke. So überreichte Claudio Challier, der Chef der italienischen Schwerttänzer, dem Gastgeber ein Holzrelief mit den Trachten seines Ortes. Bürgermeister Michel Bouquet brachte ein Buch mit der Geschichte ihrer Tradition mit. „Auch von euch sind Bilder drin“, sagte er den Überlingern.