Sie operieren mit der Angst ihrer Opfer: Betrüger, die als falsche Polizeibeamte Geld und/oder Wertsachen ergaunern möchten. Die entsprechenden Maschen sehen in der Regel einen Erstkontakt über das Telefon vor. Dies geschieht vornehmlich aus dem Ausland. Beim Phänomen falscher Polizeibeamter waren es 2022 in Baden-Württemberg mit 9194 Anrufen aus dem Ausland viermal so viele wie aus dem Inland, heißt es in der Kriminalitätsstatistik der Polizei.
Keiler, Logistiker und Abholer sind bei den Taten die Protagonisten. Keiler bauen über das Telefon Druck auf, Logistiker organisieren die Abholung von zum Beispiel hohen Geldbeträgen. Die Abholer kennen die Hintermänner meist nicht und erhalten Instruktionen per Telefon. Ein Abholer und sein Fahrer standen jüngst vor dem Amtsgericht Konstanz. Ihre Wohnorte lagen beziehungsweise liegen im westlichen Bodenseekreis. Tatorte waren der Großraum Augsburg und die Stadt Tuttlingen, teils unter Beteiligung von Komplizen aus dem Raum Überlingen.
Die Staatsanwältin erläuterte die perfide Herangehensweise der Betrüger: Die Opfer wurden Anfang 2022 angerufen. Zwei vermeintliche Hauptkommissarinnen legten dar, dass im Bereich der jeweiligen Wohnadressen Einbrecher festgenommen wurden. Dann wurde vorgegeben, dass die Täter eine Liste mit den Adressen der Angerufenen dabei hatten – weitere Einbrecher waren angeblich noch flüchtig. Die Betroffenen sollten deshalb Bargeld unter ihre Fußmatten legen, damit die Polizei die Flüchtigen auf frischer Tat ertappen kann.
Im Großraum Augsburg sollten so 50.000 Euro gestohlen werden, in der Stadt Tuttlingen 30.000 Euro. Im ersten Fall bekam die Tochter des Geschädigten Wind von der Sache und informierte die Polizei. Die Täter zogen sich daraufhin zurück. Im zweiten Fall war es der Geschädigte selbst, der die Polizei über die Vorkommnisse in Kenntnis setzte und unter Anleitung der Beamten wertloses Füllmaterial platzierte.
Tatgrund: „Es war die finanzielle Lage“
Hier wurden die beiden Angeklagten erwischt. Die Staatsanwältin warf ihnen die Verabredung zum Verbrechen und gewerbsmäßigen Bandendiebstahl vor. „Mich würde interessieren, wie kommt man denn darauf, so etwas zu machen? Ich will es verstehen, weil es auch für die Strafzumessung wichtig ist“, sagte die zuständige Richterin. Der designierte Abholer, Jahrgang 1999, erklärte: „Es war die finanzielle Lage. Ich wusste nicht mehr weiter.“ Durch den drogenbedingten Verlust seines Führerscheins hatte er ein geringeres Einkommen, aber weiterhin eine Miete von 1100 Euro. Es blieben nur wenige hundert Euro für die kleine Familie, bestehend aus dem Angeklagten, seiner Frau und dem gemeinsamen Kind, zum Leben übrig.
Die Vorwürfe räumte der Mann vollumfänglich ein und entschuldigte sich – auch bei einem Opfer, das aussagte. Schon bei der Polizei hatte er eine Beteiligung an der gescheiterten Tat im Großraum Augsburg zugegeben. Auf dem Weg dorthin war er mit seinem Fahrer, der nun mit vor Gericht stand, wieder umgedreht.
2000 Euro hätte der junge Mann pro Tat bekommen sollen. Per Instagram erhielt er Anweisungen der Logistiker. Sein Fahrer versuchte, dem Schöffengericht mehr oder weniger glaubhaft klarzumachen, dass er bei der Autofahrt vom Bodensee Richtung Augsburg nicht wusste, worum es geht. Sein Freund hatte ihm demnach die Spritkosten und ein Essen versprochen. „In Augsburg gibt es eine schöne Skybar. Da kann man toll Burger essen“, sagte der Angeklagte. Im weiteren Verlauf gab er allerdings zu, Chatverläufe zwischen seinem Freund und den Logistikern abfotografiert zu haben. Und in Tuttlingen wusste er schließlich Bescheid, was geplant ist. Über etwaige finanzielle Zusagen zwischen den beiden Männern wurden keine konkreten Aussagen getätigt.
Danach kamen die unguten Gefühle
Wie es ist, Opfer von derlei Betrugsmaschen zu werden, davon erzählte der 75-jährige Betroffene aus Tuttlingen. „Sie haben gut reagiert und großes Unheil für sich abwenden können“, sprach die Richterin ihm Mut zu. Als er am Telefon gefragt wurde, wie viel Geld er im Haushalt habe, wusste er nach eigenen Angaben, „dass etwas nicht stimmt“. Der Rentner meldete sich bei der Polizei, die den Fall ab dem Zeitpunkt begleitete. Beim zweiten Anruf ging die Keilerin ins Detail: Der 75-Jährige sollte konkret Auskunft erteilen über die finanziellen Verhältnisse zu Hause und auf der Bank. „Am nächsten Morgen haben drei Personen von der Kripo aus Villingen-Schwenningen mich befragt“, berichtete er weiter. Von dem Zeitpunkt an habe er nur das gemacht, was die Polizei zu ihm gesagt habe – vom vorgespielten Gang zur Bank bis hin zur Festnahme der beiden Männer durch ein Spezialeinsatzkommando vor seinem Wohnhaus. „Ich kann so etwas nicht brauchen. Wenn man sieht, wie alte und kranke Leute ausgenommen werden“, sagte der Senior. Nach dem Vorfall kamen die unguten Gefühle bei ihm auf. Seine Telefonnummer hat er gewechselt.
Die Angeklagten waren zum jeweiligen Tatzeitpunkt beide vorbestraft. Der Abholer stand unter Bewährung und stellte sich dabei nicht besonders gut an. Die Richterin berichtete: „Sie haben zuletzt Ihre Aufgaben nicht erfüllt, hatten keinen Kontakt zum Bewährungshelfer. Bei Ihnen habe ich das Gefühl, da ist der Groschen noch nicht gefallen.“ Seine Taten zog das Gericht zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten zusammen. Sie riet ihm: „Gehen sie in Berufung. In zwei Jahren wird nochmals verhandelt.“ Bis dahin soll er unter anderem Privatinsolvenz einreichen – er hat 40.000 Euro Schulden – und sich einer Psychotherapie unterziehen. „Wir haben die Tür nicht zugebatscht. Sie ist noch einen Spalt offen. Sie sind jetzt in der Bringschuld“, mahnte die Richterin.
Sein Kompagnon wurde als Heranwachsender eingestuft und hinsichtlich der Tat in Tuttlingen wegen Beihilfe zum versuchten Betrug schuldig gesprochen. „Wir konnten nicht herausarbeiten, wann sie was gewusst haben. Was wirklich wahr ist, wissen wir nicht“, sagte die Richterin. Im Vergleich zu seinem Freund zeigte er die deutlich bessere Sozialprognose. „Wir haben gesehen, dass Sie Ihr Leben auf die Reihe gekriegt haben“, fand die Richterin. Auch wurde er vom Gericht nicht als Bandenmitglied gesehen. So muss er eine Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen à 50 Euro leisten. „Was Sie beide gemacht haben, ist eine Schweinerei. Schlimmer geht es nicht“, schloss die Richterin ihrer Ausführungen.