In Neu-Ulm, in Lindau, in Ravensburg: Das Büro Schaudt aus Konstanz plant derzeit an mehreren Standorten den Bau neuer Schulen. Nun erhält das Team von Geschäftsführer Florian Hagmüller einen weiteren Auftrag, diesmal von der Stadt Überlingen, und zwar den Bau eines neuen Gymnasiums. Dafür haben sich Schaudt Architekten bei einem Realisierungswettbewerb gegen 23 Büros durchgesetzt.

Die Ansicht vom neuen großen Schulhof aus betrachtet. Links im Bild der bestehende Musentrakt.
Die Ansicht vom neuen großen Schulhof aus betrachtet. Links im Bild der bestehende Musentrakt. | Bild: Schaudt Architekten

Nach der europaweiten Ausschreibung bewarben sich 138 Architekturbüros, 25 wurden für den Wettbewerb zugelassen. Die Jury tagte am 6. November unter Vorsitz von Architektur-Professorin Jorunn Ragnarsdóttir (Stuttgart und Berlin). Die Arbeiten wurden anonym eingereicht und bewertet. Nach der Prämierung machten Stadtverwaltung und Schulleitung in einer Pressekonferenz deutlich, inwiefern der Entwurf des Konstanzer Büros überzeugt: in seiner Architektur, in der erwarteten Funktionalität des Gebäudes, sowie in der Nachhaltigkeit bei Bau und Betrieb.

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Vorgaben im Raumfunktionsbuch

Zahlreiche Ideen wurden in den letzten Jahren verworfen, die Anforderungen indes sind geblieben. Sie sind in einem komplexen, von Schulgemeinschaft, Stadt und Planern geschriebenen und 2023 fortgeschriebenen Raumfunktionsbuch festgehalten. An ihm mussten sich die an dem Wettbewerb teilnehmenden Architekten orientieren.

„Das haben Sie verdammt gut umgesetzt“, sagte Baubürgermeister Thomas Kölschbach an Florian Hagmüller gerichtet, den Geschäftsführer von Schaudt Architekten aus Konstanz. Hagmüller ist in Überlingen aufgewachsen. Aufgabe war es, so Kölschbach, „ein sehr kompliziertes, sehr durchdachtes und intensives Raumfunktionsbuch umzusetzen“. Großes Thema war die Bildung von Clustern, also die Möglichkeit, Schulunterricht raumübergreifend anzubieten – das Gegenteil von Frontalunterricht. Kölschbach zu Hagmüller: „Sie sind dem Grundsatz gefolgt, die Form folgt der Funktion.“

Das Modell zeigt den Neubau als zwei überlappende Quader. Er wird über eine Brücke mit dem alten Musentrakt (links), der stehen bleibt, ...
Das Modell zeigt den Neubau als zwei überlappende Quader. Er wird über eine Brücke mit dem alten Musentrakt (links), der stehen bleibt, verbunden. | Bild: Hilser, Stefan

Für den Schulbetrieb, aber auch in Bezug auf nachhaltiges Bauen, würden neue Maßstäbe gesetzt, so Kölschbach. Städtebaulich füge sich das Gebäude besser als seine Konkurrenzentwürfe in das Umfeld ein. Das liege zum einen an der vergleichsweise geringen Kubatur. Zum anderen daran, dass es von der Obertorstraße weiter abrückt als andere Entwürfe. Damit verbunden ist der Plan, entlang der Straße Parkplätze zu schaffen.

Die Ansicht von der Obertorstraße aus betrachtet.
Die Ansicht von der Obertorstraße aus betrachtet. | Bild: Schaudt Architekten

Ihr Entwurf funktioniert ohne Tiefgarage, wie Hagmüller sagte. Das spart Geld. Das Abrücken von der Obertorstraße sei jedoch eine Herausforderung für die Bauarbeiten. Denn es wird eng zwischen Baustelle und Altbau. Das alte Hauptgebäude wird bis zum geplanten Umzug 2030 ja weiter benötigt, bleibt also noch stehen. „Die Aufgabe ist sehr komplex, auf einem sehr beengten Grundstück“, so Hagmüller.

Wie ein großes Theater

„Der Holzbau verlangt einfache Formen“, sagte Hagmüller weiter. Sie planen mit einem Lichtschacht im Hauptgebäude, sodass das Erdgeschoss mit Licht geflutet wird. In ihm sind Mensa, Aula, Theater- und Musikräume multifunktional untergebracht. Über die nach Süden offen gestaltete Front entsteht eine optische Beziehung zwischen Aula und dem alten Musentrakt mit seinem großen Vordach, was große Theateraufführungen möglich machen soll. Ziel sei es immer gewesen, das Gebäude nach Schulschluss der Stadtgesellschaft für verschiedenste Nutzungen zugänglich zu machen. Mit der Erfahrung aus anderen Schulbauten wüssten sie genau, was Schule heute braucht. Sie hätten aber auch ein Gespür für finanziell klamme Kommunen. Hagmüller: „Wir bauen nutzerorientiert. Sie müssen sich in den nächsten 50 oder 100 Jahren wohl damit fühlen.“

Hans Weber, Schulleiter Gymnasium: „Sie haben verstanden, was uns wichtig ist.“
Hans Weber, Schulleiter Gymnasium: „Sie haben verstanden, was uns wichtig ist.“ | Bild: Stefan Hilser
Florian Hagmüller, Schaudt Architekten: „Sie müssen sich in den nächsten 50 oder 100 Jahren wohl damit fühlen.“
Florian Hagmüller, Schaudt Architekten: „Sie müssen sich in den nächsten 50 oder 100 Jahren wohl damit fühlen.“ | Bild: Stefan Hilser

Hagmüller berichtete von Fällen, in denen geplant wird, eine Umsetzung dann aber nie stattfindet. Oberbürgermeister Jan Zeitler versicherte, dass es am Geld nicht scheitern werde. „Wir sind in einer guten Ausgangsposition.“ Schulden seien in den vergangenen Jahren getilgt worden, und so könnten für das Projekt neue aufgenommen werden. Das Schulhaus werde für mehrere Generationen gebaut. „Dann darf es auch von mehreren Generationen finanziert werden.“ Im ersten Quartal 2025 soll die Vorentwurfsplanung starten, „damit 2030 der Schulbetrieb aufgenommen werden kann“, so Zeitler.

So fügt sich der Neubau in den Schulcampus zwischen Obertorstraße und Sankt-Johann-Straße ein.
So fügt sich der Neubau in den Schulcampus zwischen Obertorstraße und Sankt-Johann-Straße ein. | Bild: Schaudt Architekten

Nach dem Geschmack von Schulleiter Hans Weber darf es auch ein bisschen schneller gehen. Der Schulgemeinschaft wurde in den letzten Jahren viel Geduld abverlangt. Das schien am Tag der Prämierung fast vergessen zu sein. „Heute ist ein richtig guter Tag“, sagte Weber. An Hagmüller gerichtet: „Sie haben das Raumfunktionsbuch wirklich und intensiv gelesen. Und Sie haben verstanden, was uns wichtig ist.“

Die 24 Wettbewerbsarbeiten können am 11., 12., 13. und 14. November von 16 bis 18 Uhr sowie am 10. November von 14 bis 16 Uhr im Kramer-Areal, Nußdorfer Straße 50, (2. OG), besichtigt werden.