Die geöffnete Trennwand zwischen Ratstisch und Feuerwehrheim ist ein Sinnbild von Siegfried Hanßler als Ortsvorsteher. In Lippertsreute teilen sich Ortschaftsrat und Feuerwehr das Rathaus. „Ich mache gern etwas für andere“, sagt er. Sein Einsatz gilt vor allem seinem Wohnort, den Vereinen und damit den Einwohnern. Siegfried Hanßler verschwimmt mit seinem Dorf. Dorfleben, Vereinsleben, Verwaltung – alles bedingt einander, findet er. Als Ortsvorsteher ist er ohnehin Ansprechpartner für die Bürger. Und als Einzelkämpfer funktioniere das Amt sowieso nicht.

Dass er vor allem für andere da ist, komme von seinem Beruf, er ist gelernter Kaufmann. „Ich bin immer Ball, immer am Ruder, will immer etwas vorwärtsbringen“, sagt er. Zum Lesen etwa fehle ihm die Ruhe, sagt er, das schaffe er nur in den Ferien. Inzwischen ist der 68-Jährige seit drei Jahren in Rente. Natürlich, möchte man fast sagen. Heißt nicht, dass er nun die Beine hochlegt, schon gar nicht als Ortsvorsteher. Im Gegenteil: „Ich kann mich nun noch mehr einbringen“, sagt er.
20 Jahre Ortschaftsrat
20 Jahre ist Hanßler Teil des Ortschaftsrats, fünf davon als Ortsvorsteher. Im Juni 2024 wurde er wiedergewählt, damit ist er also in seiner zweiten Amtszeit. Mit ihm sitzen neun Mitglieder im Gremium. Seine Aufgabe sieht er darin, Ansprechpartner für die Bürger zu sein und diesem Weg zwischen Bedürfnis und Stadtverwaltung zu vermitteln. Da gibt es auch mal böses Blut, wie er sagt, und es seien mitunter lange Wege zu gehen, aber Lösungen gebe es immer nur im Gespräch. Und er ist ein Mann des Gesprächs. „Ich zeige mich und rede mit den Leuten“, sagt er über sich und sucht immer Wege, sich einzubringen.

Er selbst ist sogar zugezogen. Aus Pfullendorf, nicht ganz ohne Stolz, sagt er das. Denn er ist der erste Ortsvorsteher, der nicht aus Lippertsreute ist. Seine Frau Irene arbeitete als Krankenschwester in Überlingen und er im Vertrieb eines Kunststoffherstellers ebenfalls in Überlingen. Bis auf seine Ausbildung und 15 Monaten Grundwehrdienst arbeitet er fast ausschließlich bei Puren – 42 Jahre lang. Um dem Arbeitsort Überlingen näher zu sein, zog das Paar schließlich nach Lippertsreute.
Erster zugezogener Ortsvorsteher
Zwei Söhne haben sie, einer 35 Jahre alt, einer 32. Der eine lebt in Hessen, der andere in Vorarlberg. Beide haben sie selbst Kinder, Hanßlers Enkelkinder. Als Großvater nutze er jede Gelegenheit, dass alle in Lippertreute zusammenfinden können. Und wenn er sich nicht um die Enkel kümmert, sei er im Haus beschäftigt, im Garten, oder er besucht seinen Vater. Er macht eben gern etwas für andere.
„Durch die Kinder bekommt man automatisch Kontakt ins Dorf“, sagt Hanßler. Und er tat, was er am besten kann: Er ging auf die Menschen zu. Bis sie ihn schließlich sogar in den Ortschaftsrat wählten. „Dass ich Ortsvorsteher werde, hätte ich nie gedacht“, sagt Siegfried Hanßler. Inzwischen ist er tiefer in Lippertsreute verwurzelt als in Pfullendorf, sagt er. Hier hat er nun Familie, Freund, Vereine.
Schulgebäude für Vereine, dann für Schüler
Was große Projekte angeht, begleitet Hanßler der Musikverein schon länger. Die drei Kapellen sollen endlich ein neues Zuhause bekommen, einen festen Ort zum Proben. Ein längeres Hin und Her könnte dann sein Ende finden. Aus der Schule mussten Zöglingsorchester, die Jugend- und die große Kapelle nach 50 Jahren ausziehen. Provisorisch wurden sie in der Mehrzweckhalle untergebracht. Vermutlich mag es niemand, ein Zweck unter vielen zu sein, so auch nicht der Musikverein.
„Noch müssen die Musikanten nach jeder Probe alles rein- und rausräumen“, schildert Hanßler. Mit der Stadt Überlingen verhandeln er und der Harmonie-Vorstand schon länger über einen Anbau an die Luibrechthalle, damit die „Harmonie“ endlich wieder vom Nomadentum in die Sesshaftigkeit wechseln könnte.
Der Ursprung von diesem Hin und Her fällt zu Beginn seiner Zeit als Ortsvorsteher. Lippertsreute und Deisendorf teilten sich die Grundschule, bis die Deisendorfer Grundschule geschlossen wurde, schildert Hanßler. Weil deshalb mehr Räume der Schule gebraucht wurden, wurden die Vereine umquartiert. Nach Ansicht Hanßlers zahle das am Ende auch beim Verein ein, schließlich wollen die auch eine Schule für ihre Kinder.
Zurück zur Quelle
Eine weniger gute Entscheidung findet, dass Lippertsreute ans Seewasser angeschlossen ist, obwohl doch eine Quelle zur Verfügung steht. Die will er wieder in Betrieb zu nehmen. Quellwasser sei deutlich reicher an Mineralstoffen. „Das Seewasser ist Oberflächenwasser und muss erst behandelt werden, bevor es Trinkwasserqualität erhält“, sagt er. Nun sei eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Die zweite, die erste scheiterte. Seit acht Jahren arbeite er daran.
Und dann ist da noch die Feuerwehr. Nach Jahrzehnten im Rathaus, hofft Hanßler, den Einsatzkräften in den nächsten ein bis zwei Jahren eine eigene Unterbringung bereitstellen zu können. Auch Wackenreute und Ernatsreute ans Radwegenetz anzuschließen, beschäftigt den Ortsvorsteher. Es ist eben wie bisher: Hanßler setzt seinen Einsatz für andere fort.