
Die Landesgartenschau in Überlingen, die seit dem 30. April als eine Art Botanischer Garten öffnen darf, bringt sich als exklusiver Ort ins Gespräch, wo man kleine Kinder springen lassen kann, während man es sich als Eltern gut gehen lässt. Eis essen, Kaffee trinken, ein Bier zischen, in den Sonnenstuhl sitzen – und dabei seinen Kindern beim unbeschwerten Herumtoben zusehen.
Jakob und Lioba, sechs und fünf Jahre alt, machten den Test. „Der Besuch auf der Landesgartenschau“, sagt ihre Mutter, „wird für uns zum Höhepunkt in dieser Woche.“ Sie sind gerade auf Besuch bei der Großmutter in Friedrichshafen.
Wir haben vom Spielplatztest auch ein Video mit den Kindern Lioba und Jakob gedreht: Hier geht's direkt zum Video.
Rebecca Benz ist Grafikdesignerin, sie lebt mit ihrem Mann und den beiden Kindern in einer balkonlosen Wohnung in der Stuttgarter Innenstadt, sie weiß deshalb um die Qualität eines guten Spielplatzes.
Die Spielplätze auf der Landesgartenschau greifen regionale Themen auf – den Bodensee, die Fischerei, den Schiffsbau. „Klettern war uns wichtig“, erklärt LGS-Chef Roland Leitner. Aus Sicherheitsgründen sollte keiner der Plätze direkt am Wasser liegen. Vielfalt und Unterschlupfmöglichkeiten sollten geschaffen werden. Und für verschiedene Altersgruppen sollte es lösbare Herausforderungen geben – so die Idee und das Konzept für die Spielplätze auf der LGS.
Unsere Spielplatztester beginnen den Tag mit einem Corona-Test, in der Sankt-Johann-Apotheke ist er kostenlos. Der sechsjährige Jakob muss das Prozedere über sich ergehen lassen, seine fünfjährige Schwester noch nicht. Den Lollytest fand er dann okay, und die Apothekerin war nett. Pluspunkt!
Um 10 Uhr Einlass in die Menzingergärten. Die Kinder haben freien Eintritt. In diesem Gartenschau-Areal in der Altstadt von Überlingen liegt ein Spielplatz, der dem Nikolausmünster nachempfunden wurde. Lioba und Jakob rennen sofort los, klettern in den Kirchturm, hangeln über Seile, steigen durch Rundbögen und Fenster, kraxeln die Rutsche hoch und sausen hinunter. Ihre Mutter ist da schon so gut wie abgeschrieben. Volltreffer!
Rebecca Benz kann sich nun überlegen, ob sie einen Kaffee trinkt oder die Aussicht auf die Gärten und die Altstadt genießt. Sie entscheidet sich für die Aussicht. Am Ende des Tages wird Jakob auf die Frage, wie viele Punkte dieser Platz erhält, zur Antwort geben: „Achttausendfünfunderttausend Punkte!“
Überlingen als große Ritterburg, mit Graben drum herum
Einen Steinwurf entfernt liegt der Rosenobelgarten. Die Kinder sind neugierig, was hinter der Mauer liegt. Schließlich, das haben sie zuvor gelernt, ist Überlingen so etwas wie eine große Ritterburg, mit Graben drum herum. Sie sausen über die neue Besucherplattform des Turms und setzen alle möglichen Hebel eines alten Traktors in Bewegung. Das gefällt!
Es war pädagogisch sinnvoll, den Kindern die alte Stadt Überlingen als eine riesige Ritterburg zu verkaufen. Denn der nun folgende Spazierweg durch die Stadtgräben stellt für Lioba, die nun ein bisschen müde wird und sich ein Stückerl tragen lassen möchte, eine Herausforderung dar.
Notfalls hätten sie auf den viertelstündlich fahrenden Shuttlebus umsteigen können – aber Lioba ist ja schon groß! Sie schafft es.
Die Villengärten lassen wir links liegen, damit die Energie noch reicht für den Uferpark. Die gleich am Eingang liegende Seilbahn, gespendet von den „Freunden der Landesgartenschau“, könnte nach Jakobs Geschmack ein bisschen schneller sein. Und weil Jakob das sagt, findet auch Lioba, dass die Bahn „zu lahm“ sei. Immerhin: Die beiden Spielplatztester vergeben „einen Punkt“.
Die nächste Station ist eigentlich ein Kunstwerk: Heinrich Schorno schuf als lebensgroße Skulptur ein Pferd, das einen Fisch aus dem Wasser zieht. Für die Kinder ist das eine Einladung zum Klettern. Wer schafft es ganz ohne Mamas Hilfe auf den Rücken des Pferdes?
Die großen Schaukeln mit ihren meterlangen Ketten sind für Lioba schwer in Gang zu bringen. Hier ist die Hilfe eines Erwachsenen nötig. Das findet Jakob doof, seine Schwester soll nicht so hoch schaukeln wie er. „Sonst denken die Leute in der Zeitung, dass Lioba so hoch wie ich schaukeln kann.“ Er zerrt sie von der Schaukel runter. Ja, Kinder können auch knatschig sein.
Der zentrale Spielbereich im Uferpark wurde unter fachkundiger Begleitung von Kindern und Jugendlichen aus Überlingen entworfen. Er bietet für alle Altersgruppen eine schier endlose Möglichkeit zum Klettern, Hangeln, Balancieren, Rutschen und Verstecken. Das kommt auch bei den beiden Spielplatztestern an! „Hundert Punkte!“
Auch hier geht das Konzept komplett auf: Beide Kinder finden jeweils für sich die passende Herausforderung. Ohne nachdenken zu müssen, stürzen sie sich ins Vergnügen. Sie tauchen ein in eine für sie ganz eigene Welt, in die die Erwachsenen nicht folgen müssen – nicht folgen dürfen.
Die Erwachsenen, längst viel müder als die Kinder, legen sich auf die Wellenliege, in einen Liegestuhl mit Blick auf den See – oder ziehen sich mit einer Tasse Kaffee in den Strandkorb zurück. Aus Elternsicht: 100 von 100 Punkten.
Für Jakob und Lioba ergibt sich folgende Rangfolge: Platz 1: Menzingergärten (Achttausendfünfhunderttausend Punkte), Platz 2: Zentraler Spielbereich im Uferpark (800 Punkte), Platz 3: Seilbahn (ein Punkt).
Irgendwo dazwischen liegen die Klangstäbe, die Schaukeln, das Pferd, die Sonnenuhr, der alte Traktor, der Rosenobelturm, der Strand, die krummen Bäume im Stadtgraben, die Dinnele im gemütlichen Strandkorb, die Holzwellen, die brütenden Schwäne, der Wind, die Wellen – und ja: auch die Blumen.