„Ohne Angehörige fehlen die wichtigsten Personen an der Trauerfeier.“ Nadja Wintermeyer ist Vorsitzende des Vereins Brücke nach Ufa, der sich um die Hinterbliebenen, aber auch um Völkerverständigung kümmert. Sie fürchtet, dass im 20. Jahr nach der Flugzeugkatastrophe keine Hinterbliebenen nach Überlingen kommen können. Das mache sie traurig, auch der Umstand, dass sie vonseiten der Stadt wenig Wertschätzung verspüre.

Nadja Wintermeyer mit ihrer Enkeltochter auf dem Arm. Sie ist Vorsitzende des Vereins „Brücke nach Ufa“.
Nadja Wintermeyer mit ihrer Enkeltochter auf dem Arm. Sie ist Vorsitzende des Vereins „Brücke nach Ufa“. | Bild: Privatarchiv Wintermeyer

Ihre frühzeitige Bitte an die Stadt Überlingen und an das Land, die Einladungen auszusprechen, damit die Angehörigen problemlos ein Visum erhalten, wurden abgewiesen. Mittlerweile genügte zwar die Einladung des Vereins. Doch erteilte das deutsche Konsulat in Jekaterinenburg erst am 14. Juni die entsprechende Zusicherung.

Flüge immer teurer geworden

Das Visum werde lediglich für sieben Tage ausgestellt, von denen wiederum vier Tage für die An- und Abreise nötig seien. Zudem seien die Flüge mittlerweile mit etwa 2000 Euro so teuer, dass Wintermeyer fürchtet, dass es sich von den 40 Angehörigen niemand leisten kann.

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Den Angehörigen, so berichtet es Nadja Wintermeyer, sei es immer wichtig gewesen, an den Ort zu reisen, an dem ihre Lieben das Leben ließen. Der Verein habe lediglich enge Verwandte der Todesopfer eingeladen und keine offiziellen Vertreter der russischen Republik Baschkortostan. Den Hinweis auf den Krieg in der Ukraine, der einen Austausch mit russischen Vertretern verbiete, lasse sie deshalb nicht gelten. Gerade jetzt müsse es doch um Völkerverständigung auf privater Ebene gehen.

Was Wintermeyer freut: Für den Fall, dass es kurzfristig doch jemand von Ufa nach Überlingen schafft, habe sie die Zusicherung von Unterstützern erhalten, die Wohnraum zur Verfügung stellen.

Die Stadt Überlingen teilte dem SÜDKURIER in dieser Woche auf Anfrage mit: „Dass es möglicherweise nicht allen Angehörigen möglich sein wird, trotz eines Visums aus Russland anzureisen, bedauern wir sehr.“ Die Stadt richte gemeinsam mit dem Staatsministerium Baden-Württemberg „eine würdevolle Gedenkveranstaltung aus und heißt die Hinterbliebenen hierzu herzlich willkommen“.

Keine Unterstützung von „Privatreisen“

Der SÜDKURIER wollte von Oberbürgermeister Jan Zeitler wissen, ob die Stadt die Ankunft der Angehörigen unterstützt, vielleicht finanziell, ideell, personell, materiell? Seine Pressesprecherin antwortete mit einem Nein: „Neben dieser organisatorischen Unterstützung in Form der Ausrichtung einer Gedenkveranstaltung haben wir keine weiteren Maßnahmen eingeplant.“ Das Unglück mache auch die Stadtverwaltung tief betroffen. „Dennoch bitten wir um Verständnis dafür, dass die Finanzierung, beziehungsweise Unterstützung von Privatreisen offensichtlich keine kommunale Aufgabe ist und wir somit weder personelle noch finanzielle Ressourcen vorgesehen haben, die über die Gedenkveranstaltung hinaus gehen.“

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