Unter der Überschrift „Gedenkstätte verunglimpft“ schreibt Franz Wohnhaas einen Leserbrief. Als er Anfang Juni die Gedenkstätte zum Flugzeugabsturz besuchte, habe er „mit Erschrecken festgestellt, dass das Umfeld dieser Stätte weder gemäht noch in sonstiger Weise gepflegt“ werde. „Die fast meterhohen Brennesseln verdecken den gepflanzten Erinnerungsbaum und auch das übrige Umfeld ist der Verwahrlosung preisgegeben. Ich habe mich fremdgeschämt.“
Als Wohnhaas nun die Absturzstelle besuchte, beziehungsweise das Denkmal, das eine zerrissene Kette symbolisiert, habe er sich gefragt, ob es nicht angemessen sei, „dass der Bauhof der Stadt Überlingen die Gedenkstätte in das laufende Unterhaltungsprogramm aufnimmt“.

Wohnhaas in seinem Brief an den SÜDKURIER: „Der kurze Weg vom früheren Landesgartenschaugelände als positives Aushängeschild zu dieser Gedenkstätte müsste doch möglich sein, ohne dass die Stadt überfordert wird und es muss ja nicht täglich sein.“
Stadt findet zwei Schnitte pro Jahr genug
Welchen Anspruch gibt es seitens Stadt an die Pflege der Anlage? „Die Gedenkstätte befindet sich in der freien Landschaft, in der das Grünland extensiv, zweimal jährlich, von städtischen Mitarbeitenden gepflegt wird“, antwortete die Pressestelle aus dem Rathaus. Es sei vorgesehen, das Gras in der Anlage dieser Tage zu mähen, was am 15. Juni auch erfolgt ist. Pressesprecherin Andrea Winkler: „Das ist ein gängiger Turnus, der zudem die Artenvielfalt fördert.“ Um die zentrale Gedenktafel herum „erfolgt eine wöchentliche Reinigung durch Mitarbeitende der Stadtgärtnerei, wobei sie beispielsweise verwelkte Blumen entfernen und das Umfeld säubern“.

Brennnesseln zur Förderung der Artenvielfalt
Weiterhin teilte Andrea Winkler mit, dass die Artenvielfalt erhöht werde, der Prozess aber mehrere Jahre in Anspruch nehme: „Die beschriebene Brennnesselflur ist eine standorttypische Saumgesellschaft am Waldrand, deren Artenausstattung wir durch eine optimierte Pflege langfristig erhöhen möchten.“

Verein sieht sich selbst in der Rolle des Pflegers
Der Verein „Brücke nach Ufa“ hält das Gedenken an die Absturzopfer hoch und organisiert zum Jahrestag des Absturzes Gedenkveranstaltungen. Die von Franz Wohnhaas geschilderte Situation ist dem Verein nicht neu. „Das Problem ist uns bekannt, und der Verein bemüht sich, hier auch immer wieder eine Putzete zu veranstalten“, schrieb Vereinsvorsitzende Nadja Wintermeyer auf Anfrage.
Wintermeyer geht noch einen Schritt weiter, indem sie betont: „Die Stadt hat es bisher abgelehnt, die Gedenkstätte zu pflegen. Die Stadtgärtnerei macht es aber nach Möglichkeit, regelmäßig zum Jahrestag. Sonst pflegen die fleißigen Hände der Mitbürger und der Vereinsmitglieder und -freunde. Dafür sind wir dankbar.“ Auf seiner Internetseite hebt der Verein die aktuellen Mäharbeiten positiv hervor und schreibt: „Wir danken der Stadtgärtnerei Überlingen für das Aufräumen und Rasenmähen an der Gedenkstätte.“

Die Stadt erneut, nun mit der Aussage Wintermeyers konfrontiert, antwortete: „Die Aussage des Vereins Brücke nach Ufa können wir nicht bestätigen. Die Mitarbeiter der Stadtgärtnerei führen im direkten Umfeld der Gedenktafel während der Vegetationszeit wöchentlich Pflege- und Reinigungsarbeiten durch. Zusätzlich legen sie jährlich zum Gedenktag ein Gesteck mit frischen Blumen nieder.“
Der Verein Brücke nach Ufa lädt zum 21. Jahrestag am 1. Juli 2023 um 20 Uhr zu einer Gedenkveranstaltung an der Absturzstelle in Brachenreuthe ein. Geplant ist eine 30-minutige Gedenkzeremonie mit Namenverlesung und einer musikalischen Umrahmung. Im Anschluss ist ein offener Austausch möglich.