Nein, das Foto von einer im Urinal verunreinigten Israel-Flagge veröffentlichen wir nicht. Es könnte wie eine Trophäe herumgereicht werden und in falsche Hände gelangen, wodurch die Opfer des Überfalls der Hamas vom 7. Oktober weiter verhöhnt würden. Worte zu dem Fall im Bahnhofsklo von Überlingen müssen wir aber dennoch finden. Sie sind ein Beitrag zur Diskussion, die Wachsamkeit erzeugt.

Nicht ignorieren

Einem aufmerksamen Zeugen ist es zu verdanken, dass der Fall an die Öffentlichkeit gelangte. Diese Form der Schändung, die in der Männertoilette passierte, kann man doch nicht ignorieren, nur weil sie strafrechtlich möglicherweise nicht relevant ist. Bricht sich hier doch ein latent vorhandener Antisemitismus auf widerwärtige Weise Bahn.

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Kritik an der brutalen Antwort Israels auf den Terror der Hamas ist natürlich gestattet. Niemand beabsichtigt, die Meinungsfreiheit einzuschränken, sie endet aber an dem Punkt, wo das Menschenrecht auf Würde eingeschränkt wird. Wenn der Fall vom Bahnhofsklo nicht öffentlich angeprangert wird, und wenn nicht aufgezeigt wird, wie sich Antisemitismus auch in Überlingen ausdrückt, könnte man den falschen Eindruck gewinnen, hier sei heile Welt.

Teil einer fatalen Kette

In Überlingen war es ein Einzelfall. Er ist aber Teil einer fatalen Kette. Nun macht es aus juristischer Sicht keinen Sinn, Ermittlungen zu etwas zu führen, was vor Gericht nicht verwertbar wäre. Dennoch schreit der Fall danach, über ihn einen Diskurs zu führen. Wegschauen wäre jedenfalls das falsche Signal. Die Gefahr bewusst machen, einschreiten, anzeigen, Zivilcourage demonstrieren, wie es der Zeuge am Bahnhof machte, das stärkt jüdisches Leben in Deutschland.