Soziale Netzwerke wie Facebook gelten als Brandbeschleuniger, wenn es darum geht, öffentlich Empörung zu erzeugen. Der Wirt vom Galgenhölzle in Überlingen, Michael Jeckel, ist nicht auf Facebook, braucht er auch nicht. Denn als Wirt hat er seine eigenen Stammtische. Und so dürfte es nicht lange dauern, bis die Diskussion, die auf Facebook über Jeckel herrscht, bald auch die Hoheit über seine Tische erlangen wird.
Was hat Jeckel getan? Er bezeichnete zwei Feuerwehrmänner in ihrem mutigen Kampf gegen den Dachstuhlbrand auf der Hofstatt als „Trottel“. Und zwar in einem Moment, als Jeckel der Meinung war, dass sie den Strahl ihres Feuerwehrschlauchs auf die falsche Stelle hielten.
Welche Szene kommentiert Jeckel?
Zu sehen ist, wie die Flammen im Dach des Nachbarhauses aufflackern, während die Feuerwehrmänner den Wasserstrahl auf den lichterloh brennenden Dachstuhl jenes Hauses richten, wo das Feuer seinen Ausgang nahm. Wie löschen und gleichzeitig ein Übergreifen der Flammen verhindern?
Jeckel ist angesichts des Feuers in Aufregung. Er sagt, die „Trottel“ würden nicht sehen, wo jetzt dringender gelöscht werden müsse. Wie man im Video weiter sieht, schwenkt der Korb, etwa 20 Sekunden nach dem ersten Aufflackern, dann tatsächlich zum anderen Haus, und den Wehrmännern gelingt es bestens, das übergreifende Feuer wieder zurückzudrängen.
Forderung auf Facebook: Er soll sich schämen
Respekt und Anerkennung gelte den Feuerwehrleuten, schreibt jemand in der Facebook-Gruppe „Du bisch von Überlingen“. Wenn man so eine Organisation in der Stadt hat, müsse man sich vor fast keinem Feuer fürchten. Ein anderer schreibt, dass die Wehrmänner ihre Freizeit und Gesundheit für unsere Sicherheit opferten. Dagegen solle sich der „schämen“, der die ehrenamtlichen Kräfte als „Trottel“ bezeichnet. „Hätte er einen Arsch in der Hose, so könnte er sich öffentlich jetzt ja mal bei der Feuerwehr entschuldigen.“
Seine Frau filmt und Jeckel kommentiert
Gemeint ist Jeckel, der von seiner Altstadtwohnung aus über die Dächer der Stadt blickt und den Großbrand genau beobachten konnte. Seine Frau filmte und Jeckel kommentierte. Es klingt fast so, als wähnte sich der Wirt auf einem Fußballspiel. Auch wenn Jeckel selbst nicht auf Facebook präsent ist, fand das Video in voller Länge dort Verbreitung – und Kritik an seiner Äußerung.

Zwei Mann auf der Leiter gegen ein Großfeuer
Zurück zum Brandort: Zum Zeitpunkt von Jeckels Äußerung war die zweite Drehleiter der Feuerwehr aus Uhldingen-Mühlhofen noch nicht zur Stelle. Die zwei Wehrmänner, die Jeckel als „Trottel“ bezeichnete, mussten zu diesem Zeitpunkt also beides gleichzeitig leisten: Löschen und die Flammen zurückdrängen, mit Atemschutz, in großer Hitze. Jeckel ordnet es schon im Video entsprechend ein, und betont, halb entschuldigend, nun auch im Gespräch mit dem SÜDKURIER: „Die haben das in dem ganzen Rauch nicht richtig gesehen.“
„Es tut mir leid, wenn das jemand in den falschen Hals bekommen hat.“Michael Jeckel, Galgenwirt
Und dann sagt er entschuldigend: „Das ist mir so rausgerutscht. Ich dachte halt, mein Gott, was machen die denn da auf der linken Seite, wo es rechts zündet und glostert. Es tut mir leid, wenn das jemand in den falschen Hals bekommen hat.“
Feuerwehr rettete sein Elternhaus
Jeckel wohnt in einem per se brandgefährlichen Haus in der Altstadt. Und natürlich sei er froh, dass es die Feuerwehr gibt. Als es im Dachstuhl seines Elternhauses in den 60er-Jahren brannte, nur etwa vier Jahre, nachdem seine Eltern umgebaut hatten, habe die Feuerwehr gute Arbeit geleistet.

In seiner Zeit als Mitglied des Gemeinderats habe er jederzeit alle Anträge zur Ausstattung der Feuerwehr befürwortet. Er selbst war nie in der Feuerwehr und räumt ein, dass er die Lage, die er während der Löscharbeiten am Dienstag beobachtete, fachlich nicht einordnen könne. Jeckel über seine feuerwehrtechnischen Kenntnisse: „Ich habe null Ahnung.“
Wer waren die Männer auf der Drehleiter?
Standesgemäß will sich Jeckel mit einem Bier zur Wiedergutmachung bei den beiden Feuerwehrmännern erkenntlich zeigen. Sofern bekannt wird, wer sie sind. So könnte er sich mit ihnen über den Einsatz unterhalten und in Sachen Feuerwehrwesen Neues lernen. Jeckel kündigte im Telefonat mit dem SÜDKURIER an, dass er sich beim Kommandanten melden wolle.