Nein, das Kapitel Wein an der Birnauer Kirchhalde ist keineswegs abgeschlossen. Auch wenn sich das markgräfliche Weingut von seinen traditionsreichen Rebflächen an der unter Abt Anselm II. über dem Seeufer gebauten Klosterkirche zurückzieht, geht der Weinbau dort weiter.

„Für mich war das ein echter Schock“, sagt der Überlinger Winzer Thomas Kress. „Die Birnau ohne Weinstöcke möchte ich mir gar nicht vorstellen.“ Der ursprüngliche Hagnauer hat das ehemalige Überlinger Spitalweingut mit seiner Familie seit 2013 zu neuen Höhen geführt.

Wertvolle Reben und steile Topografie

Thomas Kress reizen insbesondere die 56 Jahre alten Weinstöcke, welche der Markgraf von Baden unterhalb der Wallfahrtskirche einst gepflanzt hat. „Die Reben sind für uns sehr wertvoll und es handelt sich um außergewöhnlich gute Lagen“, betont er. Dazu trage die steile Topografie unmittelbar am Seeufer bei. Dass er derlei Lagen beste Qualität entlocken kann, beweist der Überlinger Winzer nicht nur im Wärmekessel von Goldbach, wo einige seiner besten Gewächse gedeihen.

„Diesen Kelch wollten wir nicht an uns vorübergehen lassen“: Winzer Thomas Kress, der alte Reben unterhalb der Klosterkirche Birnau ...
„Diesen Kelch wollten wir nicht an uns vorübergehen lassen“: Winzer Thomas Kress, der alte Reben unterhalb der Klosterkirche Birnau weiter pflegen will. | Bild: Hanspeter Walter

„Diesen Kelch wollte ich nicht an mir vorübergehen lassen“, sagt der Überlinger Winzer. „Wir wollen die Reben dort auf jeden Fall erhalten und versprechen uns eine super Qualität.“ Einen perfekten Messwein dürfe man hier auf jeden Fall erwarten. Ob er den Rebensaft künftig auch so taufen werde, das will Thomas Kress noch offen lassen.

Kress erweitert Rebfläche um 2,7 auf 34 Hektar

Mit dieser Pacht erweitert die Überlinger Winzerfamilie ihre Rebflächen um weitere 2,7 auf nun insgesamt 34 Hektar. Zwar sieht auch Thomas Kress die Entwicklung des Marktes für hochwertigen deutschen Wein zuletzt etwas kritisch. Zum einen aufgrund der ausländischen Konkurrenz, zum anderen aufgrund von, wie er meint, „überzogenen Warnungen“ mancher Mediziner, die schon das erste Gläschen Wein als gesundheitsschädigend einstuften.

Auch Jungwinzer Matthias Krause steigt an der Birnau ein

Neben Routinier Thomas Kress wird auch der 28-jährige Meersburger Jungwinzer Matthias Krause an der Birnau Wein anbauen. Nach einer Ausbildung zum Weinküfer auf der Reichenau und einem Önologie-Studium an der Hochschule Geisenheim steht er derzeit am Ende seines Masterstudiums an der Universität für Bodenkultur in Wien. Beste Voraussetzungen zum Einstieg in das elterliche Weingut von Peter und Christine Krause, welche seit vielen Jahren auch die Traditionsgaststätte „Zum letzten Heller“ am Stadtrand von Meersburg betreiben.

Ein Teil der gerodeten Flächen zwischen Kirche und Bundesstraße soll künftig landwirtschaftlich genutzt werden.
Ein Teil der gerodeten Flächen zwischen Kirche und Bundesstraße soll künftig landwirtschaftlich genutzt werden. | Bild: Hanspeter Walter

Mit Kress-Dimensionen will sich Krause nicht vergleichen, da seine Familie in Meersburg bislang knapp fünf Hektar Reben bewirtschafte. „Wenn da noch 3,1 Hektar an der Birnau neu hinzukommen, ist das für uns etwas ganz anderes“, sagt der junge Winzer. Deshalb will Matthias Krause hier auch Neues wagen. Als das Priorat bei ihm angefragt und über die Situation informiert habe, musste er nicht lange nachdenken. Auch wenn sich der deutsche Weinmarkt derzeit tatsächlich in einer kleinen Krise befinde, habe er in dem Angebot eine große Chance gesehen. „Solche tollen Gelegenheiten hat man nur sehr selten“, betont Matthias Krause. Vor allem handle es sich hier um absolute Prestigelagen.

Krause plant hier Chardonnay und Riesling

„Das ist eine Prestigelage und für uns eine einmalige Gelegenheit“, sagt der Meersburger Jungwinzer Matthias Krause, der hier mit dem ...
„Das ist eine Prestigelage und für uns eine einmalige Gelegenheit“, sagt der Meersburger Jungwinzer Matthias Krause, der hier mit dem Familienweingut der Eltern das Sortenspektrum durch Neupflanzungen erweitern will. | Bild: Hanspeter Walter

Der Meersburger will an der Birnau die Weichen für das Familienweingut neu stellen und attraktive Akzente setzen. Anders als sein Kollege Kress hat Krause seine Flächen inzwischen schon gerodet, um sie fit für Neupflanzungen zu machen. „Ich möchte unser Sortenspektrum hier erweitern und vor allem Chardonnay- und Riesling-Reben pflanzen“, erklärt er und blickt optimistisch in die Zukunft.

Priorat sprach Winzer aus der Region an

„Wir glauben, die beiden Pächter passen gut zu der Birnau“, erklärt Ondine Höhne aus Uhldingen-Mühlhofen, die dem Priorat von Pater Prior Johannes Brügger in der Verwaltung zur Seite steht. Auch die Organisation des Pächterwechsels hat Höhne gemanagt. „Wir haben Winzer aus der Region angesprochen“, sagt sie, „und freuen uns, dass wir dabei fündig geworden sind.“

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Ende Januar habe das Priorat etwa zwei Drittel des insgesamt elf Hektar großen Birnauer Reblandes an das Weingut Kress in Überlingen und das Weingut Peter Krause in Meersburg verpachtet. Der Rest verbleibe in der Pacht des Weinguts Markgraf von Baden. Im Zuge der Neuverpachtung sei sie vom Priorat Birnau zur Koordination hinzugezogen worden, erklärt Höhne. „Wir haben Winzer angesprochen, die für eine realistische Bewirtschaftung infrage kommen, sei es aufgrund der Nähe zu den Weinhängen oder der guten wirtschaftlichen Situation.“ Vor diesem Hintergrund sei die Birnau „sehr froh, die gut situierten und aufstrebenden Familienbetriebe Kress und Krause als neue Pächter gewonnen zu haben, nicht zuletzt wegen der sehr guten Zusammenarbeit und dem ausgezeichneten Wein“.