Nina Witwicki

Noch ist nichts von einem Sozialkaufhaus in der Rheinvogtstraße 19 zu sehen, doch am 1. Dezember möchte die Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Wallbach die Pforten öffnen. Der neue Leiter des Kaufhauses, Jürgen Albiez, hat mit seiner Arbeit Mitte September begonnen und sieht der Zukunft des Projekts positiv entgegen. Rund 30 ehrenamtliche Helfer konnten gewonnen werden.

Idee bestand schon lange

Zwischen der Caritas Werkstatt und dem Christiani Bildungszentrum liegt die Einfahrt des künftigen Sozialkaufhauses „SäckingHand“ (so der Arbeitstitel). Christiani ist seit 1. April 2017 in dem ehemaligen Tekuwa-Gebäude untergebracht und vermietet nun eine rund 470 Quadratmeter große Halle an die Awo. „Die Idee, ein Sozialkaufhaus in Bad Säckingen aufzubauen, ist nicht neu, sondern schon 15 Jahre alt“, erklärt Thomas Bomans, Kreisgeschäftsführer der Awo in Waldshut. In Tiengen gebe es das PVD-Secondhand-Kaufhaus und in Rheinfelden das Schatzkästlein. Daher habe man in Bad Säckingen schon vor Jahren etwas Vergleichbares schaffen wollen. Gefehlt hat es bisher immer an bezahlbarer Fläche.

Fokus verschiebt sich von Geflüchteten auf Bedürftige aller Art

Neuen Schwung bekam das Projekt durch den Verein Refugees Integrated. Durch die vielen Geflüchteten sei man 2015 innerhalb des Vereins auf die Idee gekommen, ein Sozialkaufhaus zu eröffnen, um die Menschen durch Spenden mit dem Nötigsten zu versorgen. „Als immer weniger Geflüchtete kamen, blieb die Idee bestehen, denn es gibt auch andere Bedürftige wie Sozialhilfeempfänger, Rentner und Alleinerziehende“, sagt Thomas Bomans. Die Ehrenamtlichen von Refugees Integrated traten in Kontakt mit Christiani, die daran interessiert waren, einen Teil ihrer zu großen Mietfläche unterzuvermieten.

Auch Nachhaltigkeit als Hintergrund

Refugees Integrated, federführend Stadträtin Christine Oechslein, und Christiani traten an die Awo als Träger heran und gemeinsam beschlossen sie die Gründung des Sozialkaufhauses. „Der Kerngedanke bei dem Sozialkaufhaus ist es nicht nur, ein Geschäft zu schaffen, in dem Bedürftige für weniger Geld einkaufen können. Es geht auch um Nachhaltigkeit“, erklärt Thomas Bomans. Das Kaufhaus soll allen Menschen, ob bedürftig oder nicht, die Möglichkeit bieten, gebrauchte Ware zu kaufen. Jürgen Albiez sagt: "Nur weil jemand etwas nicht mehr haben möchte, bedeutet es nicht, dass ein anderer es nicht gebrauchen könnte.“

Kleinwaren werden angenommen und verkauft

Da der Platz begrenzt ist, wird der Fokus auf Kleinwaren liegen. Verkauft werden unter anderem Spielzeug, Geschirr, elektronische Geräte, Kleidung, Kleinmöbel, Kinderfahrräder, Bücher, DVDs und Dekorationsartikel. „Alle Dinge werden von uns geprüft, bevor sie in den Verkauf gehen“, so Jürgen Albiez. Thomas Bomans fügt hinzu: „Jeder potenzielle Spender sollte sich überlegen, bevor er die Dinge bringt: Ist das noch gut genug, um es weiterzugeben?“

Es steht noch viel Arbeit bevor

Der Plan sieht vor, am 1. Dezember die Türen des Kaufhauses zu öffnen. Doch bis dahin muss noch einiges getan werden. „Wir müssen die Halle noch mal grundreinigen, vielleicht den Boden streichen, uns für ein Kassensystem entscheiden, Regale aufbauen und und und“, sagt Jürgen Albiez. Doch Vieles habe sich mit der Hilfe von Jugendlichen von Christiani bereits getan: Wände wurden gezogen, ein Bürocontainer gebaut. Auch 20 Liter Reinigungsmittel seien bereits verbraucht worden.

Jürgen Albiez ist Leiter des neuen Awo-Sozialkaufhauses.
Jürgen Albiez ist Leiter des neuen Awo-Sozialkaufhauses. | Bild: Nina Witwicki

Jürgen Albiez übernimmt die Leitung

Der gelernte Raumausstatter Jürgen Albiez (47) hat sich gegen 18 Mitbewerber behauptet und bekam Mitte Juli die Zusage für die Leitungsposition des Sozialkaufhauses. Albiez ist in Bad Säckingen kein Unbekannter. Er ist seit 35 Jahren bei der Feuerwehr, engagierte sich bei Refugees Integrated und bei der Tafel und leitete bis April den Stadtmarketingverein Pro Bad Säckingen. Eineinhalb Jahre war er zudem als Führungskraft im Einzelhandel tätig, richtete Baumärkte ein und schaffte die nötigen Strukturen. Die vergangenen zehn Jahre war Albiez mit seinem Handwerksbetrieb selbstständig. „Ich habe die Selbstständigkeit bewusst aufgegeben, um bei diesem Projekt mitzuhelfen. Durch meine Arbeit bei der Feuerwehr weiß ich, wie dringend notwendig es war, das Sozialkaufhaus zu realisieren. Denn es kann ganz schnell passieren, dass Menschen vor dem Nichts stehen“, weiß Albiez.

Ehrenamtliche sind immer wilkommen

Das Sozialkaufhaus erhält Förderung vom Landkreis und der Stadt Bad Säckingen über jeweils 30 000 Euro pro Jahr für zwei Jahre. „Das Ziel ist, dass sich das Kaufhaus für uns als Träger nach zwei Jahren selbst trägt“, sagt Thomas Bomans. Mit Albiez als Leiter sei man optimistisch, dieses Ziel zu erreichen, denn er sei nicht nur handwerklich begabt, sondern wisse auch, wie etwas geplant und umgesetzt werde. Voraussichtlich ab November können Spender ihre Ware zum Sozialkaufhaus bringen. Ein konkretes Datum wird noch bekannt gegeben. Wer sich ehrenamtlich beteiligen möchte, so Bomans, sei immer willkommen.