Es ist ein Zeichen mit politischer Signalwirkung: Gerd Lunke, früherer Chefarzt im Bad Säckinger Krankenhaus, gibt die Verdienstmedaille des Landkreises Waldshut zurück. Der promovierte Mediziner protestiert mit dieser Geste gegen den derzeitigen Abbau der Strukturen im Bad Säckinger Spital. Mit „Salamitaktik“, so Lunke, werde das Bad Säckinger Krankenhaus Stück für Stück demontiert. Der Landkreis habe einen klaren gesetzlichen Auftrag zur Krankenhausversorgung. Diesem komme er immer weniger nach. Das Bad Säckinger Spital verkomme zusehends zum Torso, gleichzeitig sei das Waldshuter Krankenhaus bei der Versorgung des gesamten Kreises überfordert.

Als ehemaliger Chefarzt der Inneren Abteilung verfolgt Lunke die Entwicklung mit großer Sorge. Aus diesem Grund werde er Landrat Martin Kistler die Verdienstmedaille des Landkreises in Silber wieder zurückschicken. Angesichts dieser Gesundheitspolitik wolle er auf die Auszeichnung verzichten. Die Medaille hatte Lunke für seine 23-jährige medizinische Tätigkeit als Chefarzt im Spital Bad Säckingen erhalten. Der damalige Landrat Tilman Bollacher überreichte die Medaille 2013 im Rahmen von Lunkes Verabschiedung in den Ruhestand.
Lunke bezeichnete den Abbau der Abteilungen in Bad Säckingen als systematisch: Das Labor, die Zentralsterilisation, die komplette Stilllegung des OP-Bereiches und nun die Schließung der chirurgischen Notfallambulanz zwischen 21 und 7.30 Uhr. „Es fehlt die medizinische Lösung“, sagt Lunke. Unabhängig von der Frage, ob es bei einer Doppelhausstruktur bleibt oder ein Zentralkrankenhaus kommt – auf dem Weg dorthin müsse die medizinische Versorgung der Bevölkerung sichergestellt sein. Und dies sei derzeit mehr als fraglich, sagt Lunke angesichts der Überlastung in Waldshut. Lunke, in der Medizinerszene nach wie vor gut vernetzt, berichtet, dass die OP-Kapazitäten in Waldshut nicht ausreichten und Terminverschiebungen an der Tagesordnung seien. „In der Zwischenzeit laufen die Patienten davon und lassen sich woanders operieren“, so Lunke – in Lörrach oder in Singen.
Für das Bad Säckinger Haus müsse jetzt schnell eine Lösung gefunden werden, sagt der ehemalige Chefarzt. Auch wenn die Spitalgesellschafter sich irgendwann für eine Zentralklinik entscheiden, könne man in der Zwischenzeit nicht eines der beiden Häuser an die Wand fahren. Bei den derzeit bestehenden Strukturen sei das Spital Bad Säckingen für die medizinische Versorgung des Landkreises unentbehrlich. Deshalb müsse es wieder als funktionierender Grund- und Regelversorger ausgerüstet werden. Wieso der OP-Engpass nicht schon lange durch Aufstellen von OP-Container behoben wird, kann er nicht verstehen.
Den Verantwortlichen in Waldshut rät Lunke, sich mit den topographischen Begebenheiten des Landkreises vertraut zu machen. Diese müssten wissen, was der weitere Abbau in Bad Säckingen verkehrstechnisch heißt. Lunke: „Ich empfehle eine Fahrt durch den Landkreis, sonst ist das so, als wenn der Blinde von Farbe redet.“
Die scheibchenweise Verkleinerung des Bad Säckinger Spitals werde auch personell schwerwiegende Folgen haben, ist sich Lunke sicher. Je kleiner das Haus, desto schwieriger werde es sein, Personal zu finden – sowohl im Bereich der Ärzteschaft wie auch bei der Pflege. Lunke fragt sich, ob das gewollt ist. Schon unter dem früheren Geschäftsführer Uwe Lorenz habe das Diktat der Ökonomisierung Einzug gehalten. Und man habe das Gefühl gehabt: Jeder, der kündigt, ist gut.
Hintergründe
- Die Medaille: Der Landkreis kann verdiente Personen mit der Ehrenmedaille in Bronze, Silber oder Gold ehren. Die Personen haben sich im kommunalen Bereich, im Ehrenamt oder auf andere besondere Weise für die Allgemeinheit verdient gemacht. Die Vorgeschlagenen müssen für die Ehrung auch nach ihrem sonstigen Verhalten und ihrer persönlichen Einstellung einer Auszeichnung würdig sein.
- Die Ehrung: Landrat Tilman Bollacher würdigte Lunke bei der Verleihung 2013 mit den Worten: „Der Arztberuf ist kein Gewerbe, der Patient ist kein Kunde“ – nach diesem Prinzip habe sich Lunke stets gegen die Kommerzialisierung seines Berufes gewehrt. Lunke war 2013 mit 63 Jahren in den Ruhestand getreten – in erster Linie der Gesundheit zuliebe, wie er sagte. Allerdings, so räumt er ein, sei schon damals der Konflikt zwischen Ärzteschaft und Geschäftsleitung unter Uwe Lorenz nicht motivierend gewesen.(age)