Harter Schicksalsschlag vor dem Amtsgericht Bad Säckingen: Bis zuletzt hatte ein 36-Jähriger darauf gehofft, gegen die Zahlung einer Geldauflage eine Einstellung des Verfahrens wegen Urkundenfälschung bewirken zu können. Als die Staatsanwaltschaft ihre Ablehnung dieses Angebots äußert, steht für den gambischen Staatsbürger fest: Statt einer dauerhaften Bleibeperspektive droht im nun die Abschiebung und damit die Trennung von seiner Frau und seinem acht Monate alten Kind.
Angeklagter hatte durch die Fälschung keine Vorteile
„Das alles wäre überhaupt nicht notwendig gewesen“, erklärte Verteidigerin Jutta Palm über das Vergehen ihres Mandanten. Dieser hatte einem Härtefallantrag beim Ministerium für Justiz und Migration ein gefälschtes Sprachzertifikat beigelegt, womit er sich der Urkundenfälschung schuldig machte. Vor dem Amtsgericht erklärte er, dass sein Arbeitgeber ihm das gefälschte Zertifikat gegeben habe, um zu verhindern, dass er während der Arbeitszeiten einen Sprachkurs besuchen muss. „Ich weiß, dass das trotzdem ein großer Fehler war“, so der Angeklagte.
„Das Zertifikat hat ihm keinerlei Vorteile gebracht. Es war völlig klar, dass der Härtefallantrag abgelehnt wird. Er diente lediglich dazu, Zeit zu gewinnen, um sich eine langfristige Bleibeperspektive zu erarbeiten“, so Palm. Besonders bitter für den 36-Jährigen: Hätte er die Straftat nicht begangen, hätte er die notwendige Zeit von fünf Jahren erreicht, in denen er in Deutschland lebt, ohne eine Straftat zu begehen und hätte somit nach Paragraf 104c des Aufenthaltsgesetzes eine Aufenthaltserlaubnis erhalten müssen.
„Wenn er hier verurteilt wird, wird er abgeschoben“
Aus diesem Grund kämpfte Verteidigerin Palm für eine Einstellung des Verfahrens und bot im Namen des Angeklagten an, eine hohe Geldauflage an die Staatskasse zu bezahlen. Sie betonte, dass ihr Mandant gut integriert sei, eine Familie zu ernähren habe, seit vielen Jahren einer gesicherten Arbeit nachgehe und darüber hinaus dabei sei, seinen Sprachkurs nachzuholen. Doch statt der Einstellung und der damit verbundenen Aufenthaltserlaubnis, führt seine rechtskräftige Verurteilung dazu, dass aus Sicht der Behörden nun ein Ausweisungsinteresse besteht und eine Abschiebung droht.
„Wenn er hier verurteilt wird, wird er abgeschoben“, betonte Palm von Beginn an. Doch die Staatsanwaltschaft wollte sich nicht auf eine Verständigung einlassen, weswegen sich der Angeklagte letztlich entschied, den Einspruch gegen den Strafbefehl zurückzuziehen und die Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu akzeptieren. Auf Nachfrage betonte Palm, dass eine Abschiebung nun sehr wahrscheinlich sei, da die Behörden seit dem Regierungswechsel „unter großem Druck stehen“. Eine erneute Duldung wäre eine Ermessensentscheidung, die sie für unwahrscheinlich hält.
„Manche Entscheidungen wären es wert, sie zu überdenken“
Die Groteske der ganzen Situation offenbare sich aber erst bei einem Blick auf die Zukunftsperspektiven des Angeklagten: „Wenn er in seinem Heimatland angekommen ist, kann er in der deutschen Botschaft dort Familiennachzug beantragen“, so Palm und weiter: „Das wird aller Voraussicht nach funktionieren, aber dauert möglicherweise mehrere Jahre, in denen er seine Familie nicht sehen wird.“
Die Freiburger Rechtsanwältin stellt sich die Frage, ob das System hinter den Abschiebungen in Deutschland immer zielführend ist. „Die Leute, die sich an Regeln halten und jeden Tag zur Arbeit gehen, können viel leichter abgeschoben werden als diejenigen, die keinen Pass und keinen festen Wohnsitz haben“, so Palm. Sie wolle die Abschiebepraxis nicht grundlegend schlechtreden. „Aber manche Entscheidungen wären es wert, sie zu überdenken“.