Die Tage vor und um Pfingsten standen im Bad Säckinger Stadtteil Wallbach ganz im Zeichen der Flößerei. Sie sicherte dort über Jahrhunderte Existenzen. Es war eine Zeit, als der Fluss eine wichtige Verkehrsader und keine Grenze war. Um daran zu erinnern, enthüllte der Ortschaftsrat am Samstag feierlich eine Hinweistafel und am Pfingstsonntag verband Fährverkehr das badische und das aargauische Wallbach. Ortsvorsteher Fred Thelen ließ offen, ob sein Antrag beim Innenministerium Chancen auf Verwirklichung hätten: Auch Wallbachs offizielle Ortsschilder sollen den Zusatz „Flößerdorf“ erhalten.

Die neue Tafel am Ortseingang von Säckingen kommend weist auf Wallbach als Flößerdorf hin. Fred Thelen (zweiter von links) enthüllte die ...
Die neue Tafel am Ortseingang von Säckingen kommend weist auf Wallbach als Flößerdorf hin. Fred Thelen (zweiter von links) enthüllte die Tafel im Beisein der Flößergilde. | Bild: Ralph Fautz

Romantische Gefühle kamen am Samstagmorgen definitiv nicht auf, als Ortsvorsteher Thelen zu seiner Rede ansetzte. Es regnete und die Tafel hinter ihm war noch verhangen, als er kurzweilig und informativ über die Geschichte und die Bedeutung der Flößerei für Wallbach erzählte. Flöße waren vom Mittelalter bis zur Neuzeit ein Wirtschaftsmotor am Rhein. Noch im 19. Jahrhundert, so Thelen, seien von den 414 Einwohner Wallbachs 57 in Flößerei und Fischerei tätig gewesen. Wie gefährlich die Flößerei sein konnte, davon zeugten zahlreiche Gemälde des Laufen, der Stromschnellen bei Laufenburg.

Zwischen den beiden Wallbach dies- und jenseits des Rheins wuchsen enge Verbindungen. Die „Durchgang“ genannte Furt allerdings wurde im Zuge der Schiffbarmachung des Stroms weggesprengt. Geblieben aber ist als verbindendes Element die Erinnerung an die Flößerei. Die Flößerhalle oder das neue Flößerdenkmal vor der Ortsverwaltung sind nur einige Reminiszenzen an vergangene Zeiten. Mit der Flößergilde hat Wallbach seit 1993 eine Fasnachtsclique, deren Häs an die Kleidung der Flößer erinnert.

Die Bedeutung der Flößerei aber reichte weit über den Wallbach und den Hochrhein hinaus. Bauholz aus dem Schwarzwald ermöglichte etwa der niederländischen Ostindienkompanie die Schiffe, mit denen sie das Kap der guten Hoffnung umrundete und große Teile der Welt eroberte.

Es gibt Bestrebungen, die Schnapsbrennerei – und Baden ist eine der Hauptbrennregionen in Deutschland – diese Ehrung ebenfalls zu Teil werden zu lassen. Ganz unabhängig davon aber stieß man am Samstag nach der feierlichen Enthüllung passend mit einem Flößerschnaps an.

Stilecht stieß man am Samstagmorgen mit Flößerschnaps an.
Stilecht stieß man am Samstagmorgen mit Flößerschnaps an. | Bild: Ralph Fautz

Am Sonntag war das Wetter trockener. Die Regenfälle der letzten Woche hatten den Rhein aber merklich anschwellen lassen. Routiniert steuerten die Schweizer Pontoniere ihren Kahn dennoch hinüber vom badischen ins aargauische Wallbach. Ihre Weidlinge besitzen einen flachen und keinen spitz zulaufenden Bug, der den Wasserwiderstand verringern könnte. So können sie besser am Ufer anlegen und – etwa in früheren Zeiten – gut mit Waren beladen oder auch miteinander verbunden als schwimmende Brücke eingesetzt werden.

Es war ein bisschen eine andere Welt im schweizerischen Wallbach und das nicht nur, weil dort die Sonne schien. Fred Thelen und Jacqueline Wunderle waren die einzigen kommunalpolitischen Repräsentanten an diesem Sonntagmorgen. Beim Spaziergang durchs Dorf fiel auf, wie sauber und ordentlich es ist. Die Uferanlage wurde 2023 neu saniert, aber selbst im dritten Jahr sind keine Zerstörungen, Schmierereien, Aufkleber oder Müll zu sehen. Selbst die Kehrichtbehälter glänzten tadellos in der Sonne. Es ist ein Anblick, den man aus Deutschland leider nicht mehr gewohnt ist und Ausdruck eines grundlegend anderen Verhältnisses der Schweizer zu ihrem Gemeinwesen ist.

Fred Thelens baldiger Abschied nach 37 Jahren aus der Lokalpolitik war immer wieder Thema. Ob ihm nicht langweilig werde, war eine der Frage, die immer wieder aufkam, und die Thelen im Beisein seiner Frau verneinte.

Vorsichtig balancierten die Wallbacher Kuchen über den Rhein.
Vorsichtig balancierten die Wallbacher Kuchen über den Rhein. | Bild: Ralph Fautz

Wie sehr die Nachbarschaft gelebt wird, zeigten nicht zuletzt die am Schweizer Rheinufer Wartenden: Einige balancierten in die Weidlinge vorsichtig Kuchen, die ihre Abnehmer bei der Feuerwehrabteilung finden sollten.